Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
jemanden aufgegriffen, den sie für mich hielten. Ein gequälter Schrei zerriss die Stille der Nacht. Gelächter. Zornige Flüche. Cesares Befehle schienen erschreckend endgültig zu sein!
Panisch rannte ich los, stolperte in der Dunkelheit beinahe über eine streunende Katze, die mich wütend anfauchte und ihre Krallen nach mir schlug. Ich trat nach ihr, dann hastete ich weiter. Hoffentlich hatte keiner meiner Verfolger die fauchende Katze gehört und folgte mir, um nachzusehen, wer in dieser dunklen Straße mitten in der Nacht ohne Fackeln und ohne Leibwache unterwegs war! Ich musste vorsichtiger sein!
Meine Knie zitterten, als ich endlich den Palazzo Medici erreichte. Mit den Stiefeln trat ich gegen das schwere Bronzetor, das einer Belagerung standgehalten hätte. Ich wagte nicht, laut zu rufen, deshalb war es ein Wunder, dass mir nach nur wenigen Tritten geöffnet wurde – als ob ich erwartet worden wäre!
Ein Diener zog das Tor auf, sah mich verblüfft an, als hätte er auf jemand anderen gewartet. Sofort führte er mich zu Pieros Sekretär, Bernardo da Bibbiena.
»Ich muss sofort mit Piero oder Giovanni sprechen!«, forderte ich, während ich unruhig in Pieros Arbeitszimmer auf und ab lief. Ich war völlig erschöpft, aber ich konnte nicht stillsitzen.
»Das ist leider nicht möglich«, erklärte Bernardo, während er den Kragen des Hemdes schloss, das er sich übergeworfen hatte, als der Diener ihn weckte. »Seine Exzellenz und Seine Eminenz sind heute Nacht ausgegangen.«
»Wo ist Giulio?«, wollte ich ungeduldig wissen.
»Der Monsignore ist heute Abend ebenfalls nicht da.«
»Wo sind sie?«, verlangte ich zu wissen.
Er zögerte. »Es tut mir Leid, Exzellenz. Aber das kann ich Euch nicht sagen« meinte er bedauernd. Er hätte mir wohl gern geholfen, aber offensichtlich hatte er andere Anweisungen.
»Wie bitte?«, herrschte ich ihn an. »Könnt Ihr es nicht sagen, oder wollt Ihr es mir nicht sagen?«
»Ich darf es nicht, Exzellenz«, wand er sich.
»Nicht einmal mir?«, hakte ich argwöhnisch nach.
Er zögerte wieder: »Vor allem Euch nicht … ähm … Das waren die Worte Seiner Eminenz.«
Müde sank ich auf einen Stuhl. Ich dachte nach. Gianni konnte doch nicht wissen, dass ich in dieser Nacht unangemeldet im Palazzo auftauchen würde! Wieso hatte er Bernardo verboten, mir zu sagen, wo er, Piero und Giulio waren? Log Bernardo? Oder wollte er mir etwas sagen, ohne etwas zu sagen? Piero, Gianni und Giulio waren fortgegangen. Mitten in der Nacht. Und niemand sollte wissen, wo sie waren. Ich schon gar nicht. Das konnte doch nur bedeuten … Ich dachte an den Abend, als Gianni mich zu Adrianos Fest schleppen wollte. Ich hatte vergiftet werden sollen, um nicht in Verdacht zu geraten, von der Verschwörung gewusst zu haben …
Nun wusste ich, wo ich Piero, Gianni und Giulio finden würde! Und dort war ich im Gegensatz zum Palazzo Medici sicher! Er hatte es mir versprochen!
In den frühen Morgenstunden lag der Palazzo della Rovere scheinbar verlassen vor mir. Die Fenster waren nicht erleuchtet, das Tor war verschlossen. Nichts ließ darauf schließen, dass Giuliano in Rom war. Aber von Schein und Sein ließ ich mich nicht mehr täuschen. Mit beiden Fäusten hämmerte ich energisch gegen das Tor.
Ein Diener öffnete mir und ließ mich in den von Fackeln erleuchteten Hof treten. Ein schneller Blick ins obere Stockwerk verriet mir, dass die Innenläden der Fenster geschlossen waren. Ein feiner Lichtschimmer fiel durch die Ritzen.
Der Bedienstete bedauerte, dass Seine Eminenz nicht in Rom sei. Ich müsste doch wissen, dass er im Exil in Savona …
Ich ließ den verdutzten Mann stehen und humpelte die Treppe hinauf zum Saal, wo Giuliano seine Gäste empfing. Ich hielt mich nicht mit Klopfen auf und trat ein. Dann schloss ich die Tür hinter mir und lehnte mich zitternd vor Erschöpfung dagegen.
»… und deshalb müssen wir handeln!«, hörte ich Gian Giordano Orsini sagen. Er stand mit dem Rücken zu mir und erläuterte den anderen offenbar gerade seinen Plan.
»Caterina!«, rief Gianni erschrocken, der von seinem Sessel aufgesprungen war. Piero, der mir den Rücken zugedreht hatte, fuhr herum und starrte mich ungläubig an. Giulio war sehr blass. Niccolò Orsini sah mich beunruhigt an, Kardinal Adriano zitterte, als sei ihm Satan erschienen.
Und dann sah ich ihn. Guido!
Ich schwankte, musste mich festhalten, sonst wäre ich gestürzt.
Guido starrte mich schweigend an und kam mir keinen Schritt
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