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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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das Rezept und die Skizze einer Kanone veröffentlichte, verschwand danach spurlos. Er starb sicher nicht an den Symptomen der Weisheit …
    Ich musste schwören, falls ich jemals den langen, steinigen Weg vom Neophyten zum Adepten zurücklegen sollte, als Maestra der Alchemie nicht mehr als einen einzigen Schüler auszubilden und in das Große Arkanum einzuweihen. Der Missbrauch des Arkanums wurde ebenso durch die Gilde geahndet wie der Missbrauch der Eucharistie, den der Apostel Paulus beschrieb: »Wer unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut Christi.«
    Niemals, unter keinen Umständen, durften meine Aufzeichnungen Uneingeweihten in die Hände fallen! Ich schwor, die mir anvertrauten Geheimnisse zu wahren und meine Kenntnisse und Fähigkeiten im Sinne des Wissens, des Glaubens und der Wahrheit einzusetzen und zu vermehren.
    Heute verstehe ich, was Giovanni mit dieser unbedingten Forderung meinte, denn mein Notizbuch, das ich in jener Nacht begonnen hatte, war mir nur wenige Wochen später gestohlen worden. Und ich wusste auch, von wem! Konnte er mit meinen Notizen etwas anfangen? Die Ungewissheit war schmerzhaft. Aber noch quälender war die Frage, die ich niemandem stellen konnte, ohne selbst in Gefahr zu geraten: die Frage, ob ich an dem Mord im Vatikan mitschuldig war …
    Die Gilde der Alchemisten, jener geheimnisvolle Orden, dessen Anhänger in keinem Zunftregister der Welt verzeichnet waren: Wer gehörte dazu? Wer waren die Maskierten in der Bibliothek gewesen?
    »Das waren Sandro Botticelli, Marsilio Ficino und mein alter Maestro Leonardo da Vinci«, verriet mir Giovanni. »Leonardo war für ein paar Tage in Florenz und bestand darauf, an deiner Initiation teilzunehmen.«
    »Leonardo war hier?«, fragte ich fassungslos. »Ich hätte ihn sehr gern kennen gelernt …«
    »Er reist morgen Früh zurück nach Mailand«, erklärte Giovanni bedauernd, als er meine Enttäuschung sah. »Du wirst ihn sicher eines Tages treffen.«
    Diese Prophezeiung sollte sich erfüllen! Leonardo und ich – mit der Wucht von Urgewalten prallten wir aufeinander, rieben uns aneinander, sprühten Blitz und Donner. Er wurde einige Jahre später in Mailand mein Maestro – aber er hätte mich der Gilde gegenüber niemals als seine Schülerin bezeichnet.
    Von Giovanni erfuhr ich, dass die Mitglieder der Gilde ein Mal im Monat zusammenkamen und dass er mich zu einem der nächsten Treffen mitnehmen wollte, um mich den Adepten vorzustellen. Außer Giovanni und Sandro Botticelli, der dem Orden vorstand, gehörten ihm noch Lorenzos Freund Marsilio Ficino an, der Naturforscher Giacolino della Stella, der Apotheker Luciano Palmieri, ein Franzose namens Geoffrey de Crécy, der seit Jahren in Florenz lebte, und ein bekannter Florentiner Buchhändler und Humanist: Gian Antonio Aleander.
    Dann kniete er sich vor den Athanor, um das Feuer zu entfachen. Mit einem feierlichen » Deo concedente – wenn Gott es zulässt« begann er das Opus Magnum.
    Ich schrieb alles in mein neues Notizbuch, was Giovanni tat.
    Als Prima Materia wählte er getrocknete Rosenblüten. Er füllte den Alambic damit, versetzte die Blüten mit erhitztem Alkohol – er nannte die Flüssigkeit mit dem arabischen Wort al-Qohl – und ein herrlicher Duft zog durch das Laboratorium.
    »Jetzt weiß ich, wie ein Alchemist Gold herstellt«, scherzte ich. »Stellen wir Parfum her? Kostbares Rosenöl und verführerischen Veilchenduft, den wir teuer verkaufen?«
    Giovanni schüttelte lächelnd den Kopf und ging zu einem Regal an der Wand des Laboratoriums, das unter Fläschchen in allen Größen, Glaskolben, feuerfesten Tiegeln und Steinmörsern zusammenzubrechen drohte. Ein Totenschädel blickte als Memento mori vom obersten Regalbrett auf uns hernieder, ein ›Der Tod ist gewiss, die Stunde nicht‹ zwischen den Zähnen. Er ermahnte uns zu Selbstdisziplin, Neugier und einer zügigen Arbeitsweise. Sein leerer Blick wies hinüber zur kleinen Kapelle neben dem Laboratorium – Ora et labora – Bete und arbeite! –, in der immer ein paar Kerzen brannten. Ein ewiges Licht, wie im Athanor!
    »Nein, wir stellen kein Parfum her, Caterina«, erklärte Giovanni. »Jedenfalls nicht heute Nacht. Wenn du daran irgendwann Spaß finden solltest, probiere es aus! Ich habe einige interessante Rezepte in meinem Notizbuch.«
    »Warum aber gerade die Rose als Prima Materia?«, fragte ich, während Giovanni einige Fläschchen aus dem Regal

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