Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
trinken, damit Ihr Euch wieder erholt. Ihr werdet sehen: In ein paar Tagen werdet Ihr aufstehen und das Bett verlassen können, als sei nichts geschehen. Allerdings …«
»Darauf freue ich mich schon«, seufzte ich.
»… allerdings habe ich auch eine schlechte Nachricht für Euch.«
Erschrocken starrte ich ihn an. »Was ist …?«
»Ich bedauere zutiefst, Euch sagen zu müssen, dass Ihr schwanger wart. Ihr habt während der Blutungen einen fünf oder sechs Wochen alten Foetus verloren. Es tut mir sehr Leid.«
Ich musste mich beherrschen, um nicht vor Glück laut zu lachen und dem Medicus um den Hals zu fallen. Es war überstanden!
»Aber das ist nicht das Schlimmste«, fuhr Stefano fort. »Ich muss Euch leider mitteilen, dass Ihr wahrscheinlich nie mehr Kinder bekommen könnt …«
Nie mehr?, wollte ich fragen, aber die Worte zergingen geschmacklos auf meiner Zunge. Nie mehr!
»Weiß noch jemand außer Euch von meiner Schwangerschaft?«
»Seine Exzellenz weiß davon«, sagte der Medicus.
Ich ließ mich kraftlos in die Kissen zurücksinken. Nicht ausgerechnet Lorenzo!, dachte ich.
Nein, Gott hatte mir nicht vergeben. Er hatte nur geduldig abgewartet, bis ich mich erheben konnte, um Seine Schläge aufrecht stehend entgegenzunehmen.
Platons Geburtstag am 7. November 1491, der jedes Jahr von den Mitgliedern der Platonischen Akademie mit einer stimmungsvollen Lesung des Symposion in Lorenzos Bibliothek gefeiert wurde, hatte ich verpasst. Ich hatte mich so darauf gefreut, Lorenzo und seine Freunde mit einem spektakulären Auftritt als Sokrates’ Freundin Diotima zu überraschen. Nun, dann würde ich diese Idee eben um ein Jahr verschieben. Wie konnte ich denn ahnen, dass im Palazzo Medici nie wieder Platons Geburtstag gefeiert werden würde …
Ein paar Tage später – ich machte, auf Angelo gestützt, meine ersten Schritte in Richtung Bibliothek – traf ein Brief von Gianni aus Pisa ein. Er erkundigte sich bei Lorenzo besorgt nach meinem Befinden und kündigte an, zu Weihnachten nach Hause zu kommen – vielleicht würde er auch ein paar Freunde mitbringen …
Nach meiner Genesung kehrte ich in die Villa Pico zurück, um Giovanni bei der Mortificatio zu helfen. Von den Weihnachtsvorbereitungen im Palazzo Medici bekam ich nur wenig mit. An Giulianos fröhlichem Maskenball nahm ich ebenso wenig teil wie an der Orgie, die Piero für seine Freunde veranstaltete und die lange nach Mitternacht zu einem ausschweifenden Saufgelage eskalierte, wie Lorenzo mir am nächsten Morgen mit einem feinen Lächeln berichtete:
» Quant’ è bella la giovanezza – wie schön ist die Jugend! Mit zwanzig war ich genauso unbezähmbar wie Piero. Ich lag auch keine Nacht vor dem Morgengrauen im Bett – und dann auch nur selten in meinem eigenen. Lass ihn sein Leben genießen, Caterina! Piero wird früh genug erwachsen werden.«
Ich bezweifelte, dass Piero jemals erwachsen werden würde.
Er hatte sich seit Wochen einen Spaß daraus gemacht, mich zu provozieren. Piero machte sich darüber lustig, dass ich bei Angelo Griechisch lernte. Ob ich Homers Odyssee neu schreiben wollte, fragte er mich eines Tages gehässig: als endlose Reise einer Frau auf der Suche nach einem Mann, der nicht vor ihr davonlief. Er machte Bemerkungen über meine enge Beziehung zu Giovanni, und ich fragte mich, ob er von meiner Schwangerschaft wusste.
Seinen gemeinsten Scherz leistete er sich am 6. Dezember, am San-Nicola-Tag: Er schenkte mir eine enge Hose und ein Seidenhemd, das er von seinem Schneider für mich hatte anfertigen lassen. Dass ich über sein Geschenk nicht in Zorn geriet, irritierte ihn sehr, und als ich Hemd und Hose gleich anprobierte und Lorenzo über meinen Auftritt beim Abendessen als »Signor Cato de’ Medici« Tränen lachte, wurde er zornig. Weil ich mich bei Tisch inszenierte wie Cato, der römische Feldherr und republikanische Gegner Caesars, oder einfach nur weil mir sein Geschenk wider Erwarten gefiel, habe ich nie herausgefunden.
Die enge Hose war unter dem langen roten Alchemistentalar sehr viel praktischer zu tragen als ein Kleid mit Spitze und aufgenähten Perlen. Ich wollte mir von der Schneiderin, die meine Roben entworfen hatte, eine passende Samtjacke nähen lassen, aber sie schüttelte nur ungläubig den Kopf.
Giulios Schneider war weniger zimperlich. Er arbeitete schnell und zuverlässig, und vor allem diskret. Er besorgte mir auch hohe Reitstiefel aus schwarzem Leder, die bis weit über die Knie reichten
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