Die Karriere-Bibel
davon träumen, berühmt zu sein; 40 Prozent würden sich sogar mit einem kurzweiligen Popularitäts-Intermezzo
begnügen. Bei Teenagern liegen die Zahlen höher. Und für eine kleine Gruppe ist es der scheinbar einzige Weg, ihrem Leben
Sinn zu geben. Solche Menschen bewundern Berühmte, weil die etwas geschafft haben, wovon sie glauben, es selbst nie schaffen
zu können. Sie meinen, dass Prominente etwas Besonderes wären, besonders interessant. In der Regel sind sie es nicht. Sie
sind nur bekannter.
Ruhm macht nicht einmal glücklich. 1996 veröffentlichte Richard M. Ryan von der Universität Rochester eine Umfrage unter Erwachsenen,
bei der diese nach ihren Werten gefragt wurden. Diejenigen, die sich darauf konzentrierten, von anderen anerkannt zu werden,
waren deutlich unglücklicher als jene, die mit sich zufrieden waren und sich für Freundschaften interessierten. Zig Folgestudien
bestätigen: Wer sich auf so flüchtige Dinge wie Ruhm versteift und damit vom Urteil anderer abhängig macht, wird nicht zufriedener
und freier, sondern das genaue Gegenteil tritt ein. Das Anhimmeln von außergewöhnlichen Menschen liegt zwar in der Natur des
Menschen. Es ist aber auch eine seiner dämlichsten Eigenschaften. Sie führt zu Wahrnehmungsstörungen und Hochmut – und der
kommt bekanntlich vor dem Fall.
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|413| 3. Dezember
Vorsicht Kamera – Regeln für Medienauftritte
Vor laufender Kamera oder gegenüber einem anrufenden Journalisten Stellung zu einem brisanten Thema zu beziehen, kann einem
viel Prestige und Respekt einbringen. Die Ökonomie der Aufmerksamkeit verlangt allerdings, dass man seine Sache gut macht.
Wer wabbelige Statements oder gar entlarvende abgibt, schadet sich nachhaltig. Ein mühsam aufgebautes Image kann hier in Sekunden
wie eine Seifenblase platzen. Die Zusammenarbeit mit Journalisten, insbesondere bei Live-Medien wie Radio oder Fernsehen,
gehört daher zu den schwersten Herausforderungen in herausgehobenen Positionen. Je weiter man aufsteigt und je mehr einer
zum Experten reift, desto unvermeidbarer wird sie allerdings. Binnen kurzer Zeit, geblendet von Scheinwerfern und der Gewissheit
eines Millionenpublikums, soll man das Gescheiteste sagen, was einem je über die Lippen ging. Ohne Übung und Vorbereitung
geht das nicht.
Nehmen Sie sich also Zeit! Auch wenn Journalisten unter Zeitdruck stehen und gute Gründe nennen, weshalb das Interview jetzt
sein muss – es gibt ebenso gute Gründe, warum Sie das Interview erst in einer Viertelstunde oder erst morgen geben können.
Der wichtigste, den sie freilich nie nennen, ist aber, dass Sie kein Blabla absondern wollen. Bei Interviewanfragen ist zudem
der Kontext wichtig: Will man Sie mit kontroversen Fragen konfrontieren oder sollen Sie nur eine Einschätzung abgeben? Sollen
Missstände aufgedeckt werden? Oder will man Ihr Unternehmen vorstellen? Vor allem: Wie viel davon wird später gedruckt oder
gesendet? Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob aus einem 30-Minuten-Interview ein 10-Sekunden-Statement oder ein 2-Minuten-Beitrag
geschnitten wird. Fordert man Sie auf, »ruhig draufloszureden«, ist größtes Misstrauen geboten.
Im Interview selbst sollten Sie sich um eine einfache Sprache bemühen. Viele meinen, je gestelzter der Satz, desto kompetenter
die Wirkung. Das Gegenteil ist der Fall. Vermeiden Sie Schachtelsätze. Rückblenden (»Wie ich schon sagte …«) sind ebenfalls
tabu, genauso Fremdwörter und Fachausdrücke. Wiederholungen zentraler Begriffe sind dafür erlaubt, sie erhöhen die Verständlichkeit.
Sprechen Sie außerdem nur mit dem Fragensteller, nie mit der Kamera! Das |414| sieht mediengeil aus und wirkt unhöflich. Und bleiben Sie immer (!) höflich. Behandeln Sie den Reporter nie von oben herab,
selbst wenn er dumme Fragen stellt oder provoziert. Hüten Sie sich vor Oberlehrergesten (erhobener Zeigefinger) oder rhetorischen
Todsünden wie »Dann will ich Ihnen das mal erklären …«. Umgekehrt ist es keine Schande, wenn Sie mal keine Antwort wissen.
Sagen Sie nur nicht: »Darauf gebe ich Ihnen keine Antwort!« Das sieht so aus, als hätten Sie etwas zu verbergen. Besser: zugeben,
dass Sie dazu nichts sagen können, und plausibel begründen – etwa: »Sie werden verstehen, dass dies zu unseren Geschäftsgeheimnissen
gehört …«. Fangfragen parieren Sie wiederum, indem Sie diese als solche enttarnen: »Dies ist eine Suggestivfrage. Kann es
sein, dass
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