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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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Geld gegeben. Unter lautem Geschrei kamen sie herbeigeeilt, in der Meinung, es handle sich darum, einen Feind des Mannes zu töten, der sie bezahlt hatte. In der Herberge angekommen, ersuchte sie Ludovico, die Augen aufzusperren und genau aufzupassen, ob keiner der beiden Kämpfenden sich unehrlich benähme und sich unerlaubter Vorteile bediente.
    Durch das Mordsgeschrei der Bauern unterbrochen, begann der Zweikampf langsam von neuem. Fabrizzio warf dem Grafen abermals seine Schlappheit vor.
    »Herr Graf,« rief er ihm zu, »wenn man unverschämtist, muß man tapfer sein. Ich sehe, das fällt Ihnen schwer. Lieber besolden Sie andere, die tapfer sind.«
    Der gereizte Graf entgegnete ihm laut, er habe lange Zeit den Paukboden des berühmten Battistini in Neapel besucht; er werde ihm seine Unverschämtheit schon eintränken. Nun war die Wut des Grafen Martinengo entfacht, und er focht mit leidlichem Kraftaufwand. Nichtsdestoweniger brachte ihm Fabrizzio einen vorzüglich sitzenden Stich in die Brust bei, der ihn für mehrere Monate ans Bett fesselte.
    Ludovico legte ihm einen Notverband an und flüsterte ihm dabei ins Ohr:
    »Wenn Sie diesen Zweikampf der Polizei anzeigen, erdolche ich Sie in Ihrem Bett!«
    Fabrizzio flüchtete nach Florenz. Da er sich in Bologna unauffindbar gemacht hatte, erhielt er erst jetzt alle die vorwurfsvollen Briefe der Duchezza. Sie konnte es ihm nicht verzeihen, daß er in ihr Konzert gekommen war, ohne den Versuch zu machen, mit ihr zu sprechen. Die Briefe des Grafen Mosca entzückten Fabrizzio; sie atmeten freimütige Freundschaft und die vornehmste Gesinnung. Augenscheinlich hatte Graf Mosca absichtlich nach Bologna geschrieben und dadurch etwaige Untersuchungen in der Angelegenheit des Zweikampfs gegen ihn niedergeschlagen. Die Polizei waltete rasch ihres Amtes; sie stellte fest, daß zwei Fremde, von denen nur der eine, der Verwundete, Graf Martinengo, zu ermitteln war, einen Zweikampf auf Degen gehabt hatten, dessen Zeugen dreißig Bauern gewesen waren. Zu diesen habe sich gegen Ende des Zweikampfes der Dorfpfarrer gesellt und vergebliche Versuche gemacht, die Kämpfer auseinanderzubringen. Da der Name Giuseppe Bossi bei der ganzen Angelegenheit nicht erwähnt wurde, so wagte es Fabrizzio, nach kaum acht Wochen nach Bologna zurückzukehren, mehr denn je überzeugt, sein Geschick habe ihn verdammt, das Geistige und Edle an der Liebe niemals zu erfahren. Mit wahrem Vergnügen setzte erdas der Duchezza lang und breit auseinander. Seines Einsiedlerlebens war er sattsam überdrüssig und voll leidenschaftlicher Sehnsucht nach jenen entzückenden Abenden, die er ehedem mit seiner Tante und dem Grafen verbracht hatte. Seitdem hatte er die Reize der guten Gesellschaft nicht gekostet.
    Er schrieb der Duchezza: ›Ich bin so mißgestimmt über die Liebe, die ich mir verschaffen wollte, und über Fausta, daß ich nun, selbst wenn mir ihre launische Gunst noch gälte, keine sieben Meilen zurücklegte, um sie beim Wort zu nehmen. Fürchte also nicht, wie Du mir schriebst, daß ich nach Paris gehe, wo sie, wie ich erfahren habe, mit Bombenerfolg auftritt. Bis ans Ende der Welt wollte ich wandern, um wieder einen Abend mit Dir und dem Grafen zu verbringen, der seinen Freunden ein so guter Helfer ist.‹

Vierzehntes Kapitel
    Während Fabrizzio in einem Dörfchen bei Parma auf der Jagd nach der Liebe war, hatte der Großfiskal Rassi, der nicht ahnte, wie nahe er ihm war, seinen Prozeß weitergeführt, als ob er ein Liberaler sei. Er behauptete, die Entlastungszeugen wären unauffindbar,und schüchterte sie ein. Nach einer höchst spitzfindigen Arbeit, die fast ein Jahr in Anspruch genommen hatte, etwa zwei Monate nach Fabrizzios zweiter Einkehr in Bologna, verkündete endlich die Marchesa Raversi eines Freitags freudestrahlend jedem, der ihre Gemächer betrat, morgen werde das Urteil, das seit einer Stunde zuungunsten des kleinen del Dongo gefällt sei, Serenissimus zur Unterschrift vorgelegt und von ihm bestätigt werden. Wenige Augenblicke darauf erhielt die Duchezza Kunde von diesem Sieg ihrer Feindin.
    ›Der Graf muß von seinen Spitzeln recht schlecht bedient werden‹, sagte sie sich. ›Noch heute morgen glaubteer, das Urteil könne nicht eher als in acht Tagen gefällt werden. Am Ende ist er gar nicht betrübt, wenn mein kleiner Großvikar von Parma fernbleibt. Aber‹, fuhr sie siegesgewiß fort, ›wir erleben schon seine Wiederkehr, und eines Tages wird er auch Bischof!‹
    Die Duchezza

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