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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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aus, als er bei Serenissimus meine Abreise erfuhr! Tatsächlich, er ist ein liebenswürdiger Mann mit einem recht seltenen Herzen. Er hätte seinen Ministerposten im Stich gelassen, um mir zu folgen ... Aber er hat mir auch ganze fünf Jahre lang keine Untreue vorzuwerfen gehabt. Wieviel verheiratete Frauen können ihrem Herrn und Gebieter das gleiche sagen? Man muß gestehen, er macht sich gar nicht wichtig, ist gar nicht heikel; er reizt einen nie dazu, ihn zu hintergehen. Vor mir scheint er sich immer seiner Macht zu schämen ... Er zog ein drolliges Gesicht vorhin bei seinem Herrn und Meister. Wäre er hier, ich fiele ihm um den Hals ... Aber um nichts in der Welt möchte ich dazu da sein, einen Minister, der seinen Posten verloren hat, aufzuheitern; das ist ein Übel, das nur der Tod heilt und das – zum Sterben wäre. Welch ein Unglück mag es sein, in jungen Jahren Minister zu werden! Ich muß ihm schreiben. Das muß er in aller Form erfahren, ehe er sich mit seinem Fürsten überwirft. – Aber ich habe meine brave Dienerschaft vergessen.‹
    Die Duchezza klingelte. Die weiblichen Dienstboten waren immer noch mit dem Kofferpacken beschäftigt. Der Reisewagen war unter dem Torweg vorgefahren, und man belud ihn. Alle Diener, die keine Arbeit hatten, umstanden den Wagen, Tränen in den Augen. Cechina, die allein bei wichtigen Anlässen zu ihr kommen durfte, berichtete ihr davon.
    »Ruf sie herauf!« befahl die Duchezza. Kurz danach betrat sie den großen Empfangssaal.
    »Man hat mir versprochen,« sagte sie zu den Leuten, »daß das Urteil gegen meinen Neffen vom Fürsten nicht unterzeichnet wird. Ich gebe vorläufig meine Abreise auf. Wir wollen abwarten, ob meine Feinde so mächtig sind, diesen Entschluß umzustoßen.«
    Nach einem kurzen Stillschweigen begannen die Dienstbotenzu rufen: »Die Frau Duchezza lebe hoch!« Dazu klatschten sie wie rasend Beifall. Die Duchezza, die schon im Nebenzimmer war, erschien wie eine herausgerufene Schauspielerin von neuem, machte ihren Leuten eine leichte, gelungene Verbeugung und sagte zu ihnen: »Ich danke euch, meine Freunde!« Sie hätte in diesem Augenblick nur ein Wort zu sagen brauchen, und die ganze Schar wäre nach dem Schloß marschiert und hätte es gestürmt.
    Sie winkte einem Kutscher, der früher Schmuggler gewesen war, einem zuverlässigen Menschen. Er folgte ihr.
    »Du wirst dich sogleich als wohlhabender Bauer verkleiden und auf irgendeine Weise Parma verlassen. Du mietest eine Kutsche und fährst so rasch wie möglich nach Bologna. Dort gehst du wie ein Spaziergänger in die Stadt hinein, und zwar durch das Florenzer Tor, und stellst Fabrizzio, der im Pellegrino wohnt, ein Paket zu, das dir Cechina einhändigen wird. Fabrizzio hält sich verborgen, und zwar unter dem Namen Signor Giuseppe Bossi. Verrate ihn ja nicht durch eine Unbesonnenheit! Laß dir auch nicht anmerken, daß du ihn kennst. Meine Feinde schicken dir vielleicht Aufpasser nach. Nach ein paar Stunden oder etlichen Tagen wird dich Fabrizzio wieder zurückschicken. Ganz besonders mußt du auf dem Heimweg vorsichtig sein, damit du ihn nicht verrätst.«
    »Aha,« schmunzelte der Kutscher, »die Leute der Marchesa Raversi! Wir werden aufpassen, und wenn die gnädige Frau nur wollte, so sollte sie bald von der Bildfläche verschwunden sein!«
    »Vielleicht später einmal! Du haftest mir mit deinem Kopf, daß nichts gegen meinen Befehl geschieht.«
    Es war eine Abschrift des Briefes von Serenissimus, die die Duchezza an Fabrizzio senden wollte; sie konnte sich das Vergnügen nicht versagen, ihn damit aufzuheitern. Sie fügte auch ein paar Worte über den Vorfall hinzu, dem sie den Brief verdankte. Diese paar Worte wurdenzu zehn Seiten. Dann rief sie den Kutscher zum zweiten Male.
    »Du kannst nicht vor früh vier Uhr aufbrechen,« sagte sie zu ihm, »erst wenn das Tor geöffnet ist.«
    »Ich hatte die Absicht, mich durch die große Schleuse hinauszuschmuggeln. Das Wasser geht einem bis zum Kinn, aber ich komme schon durch.«
    »Nein,« sagte die Duchezza, »ich dulde nicht, daß sich einer meiner treuesten Diener der Malaria aussetzt. Hast du irgendeinen Freund unter den Leuten Seiner Hochwürden des Erzbischofs ?«
    »Der zweite Kutscher ist mein Freund.«
    »Hier ist ein Brief an Monsignore. Begib dich lautlos in seinen Palazzo und laß dich zu seinem Kammerdiener führen! Ich möchte nicht, daß man Seine Hochwürden stört. Hat er sich bereits in sein Schlafzimmer eingeschlossen, dann bleibst

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