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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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Mosca, verkauft hast! Darum hat er dir den Orden verleihen lassen. Beim Teufel, diesmal kommst du nicht mit einem blauen Buckel davon! Ich bringe dich auf die Anklagebank; ich jage dich mit Schimpf und Schande weg!«
    »Mich auf die Anklagebank zu bringen, das möchte ich Serenissimus nicht raten!« erwiderte Rassi gelassen; er wußte, das war ein sicheres Mittel, den Fürsten zu beruhigen. »Das Gesetz spricht für mich, und Serenissimus haben keinen zweiten Rassi, der das zu drehen vermöchte. Eure Hoheit werden mich nicht absetzen, weil es Augenblicke gibt, da Allerhöchstdero Charakter hart ist; dann sind Serenissimus blutdürstig. Aber zu gleicher Zeit trachten Serenissimus danach, sich die Achtung der vernünftigen Italiener zu bewahren. Diese Achtung ist eine Conditio sine qua non für Ihren Ehrgeiz. Schließlich würden Serenissimus mich bei Allerhöchstdero erster grausamer Tat zurückrufen. Ich werde dann das übliche Urteil besorgen, regelrecht verhängt von ängstlichen Richtern und leidlich anständigen Leuten, und Allerhöchstdero Leidenschaft wird befriedigt sein! Suchen Serenissimus sich nur einen andern Mann im Lande, der ebenso nützlich wäre wie ich!«
    Nachdem Rassi so gesprochen, machte er sich auf und davon. Er nahm einen wohlgezielten Schlag mit dem Linealund fünf bis sechs Fußtritte mit auf den Weg. Nachdem er dem Schloß entronnen war, fuhr er schleunigst nach seinem Landgut Riva. Er hatte ein wenig Furcht vor einem Dolchstoß, den ihm der frische Zorn seines Landesherrn beibringen lassen konnte, aber er zweifelte nicht daran, daß nach knapp vierzehn Tagen ihn ein Bote nach der Residenz zurückrufen werde. Die Zeit, die er auf dem Lande verlebte, wandte er dazu an, einen zuverlässigen Briefwechsel mit dem Grafen Mosca einzurichten. Vernarrt in den Baronstitel, verhehlte er sich nicht, daß Serenissimus der ehedem erhabenen Sache, dem Adel, viel zuviel Wert beimaß, als daß er ihn ihm je aus freien Stücken verliehe, während der geburtsstolze Graf Mosca nur den vor das Jahr 1400 zurückgehenden Adel anerkannte.
    Der Großfiskal hatte sich in seinen Berechnungen durchaus nicht getäuscht; er war kaum acht Tage auf seinem Landgut, als ein Günstling des Fürsten wie zufällig hinkam und ihm riet, ohne Verzug nach Parma zurückzukehren.
    Serenissimus empfing ihn lachend, nahm dann eine hochnotpeinliche Miene an und ließ den Pandektenmann bei der ewigen Seligkeit schwören, das Geheimnis zu wahren, das er ihm anvertrauen wolle. Rassi schwur bei Tod und Teufel, und Serenissimus rief laut, mit haßentflammtem Blick, er wäre nicht mehr Herr im eigenen Lande, solange Fabrizzio del Dongo am Leben sei.
    »Ich kann weder die Duchezza davonjagen«, fuhr er fort, »noch ihre Gegenwart ertragen. Ihre Blicke trotzen mir und vergiften mir das Dasein.«
    Nachdem Rassi den Fürsten sich des längeren darüber hatte ergehen lassen, erwiderte er schließlich, grenzenlose Verlegenheit heuchelnd: »Serenissimus werden bedient, selbstverständlich, aber die Sache hat einen schrecklichen Haken: die Wahrscheinlichkeit ist nicht gerade groß, daß man einen del Dongo wegen des Mördchens an einem Giletti zum Tode verurteilt. Es war schon einerstaunliches Kunststück, zwölf Jahre Zitadelle herauszuschlagen. Obendrein argwöhne ich, daß die Duchezza drei von den Leuten ausfindig gemacht hat, die bei den Ausgrabungen von Sanguigna gearbeitet haben und sich gerade außerhalb des Grabens befanden, als der Brigant Giletti besagten del Dongo angriff.«
    »Und wo sind diese Zeugen?« fragte Serenissimus gereizt.
    »Im Piemontesischen versteckt, vermute ich. Man müßte eine Verschwörung gegen Allerhöchstdero Leben...«
    »Das Mittel ist gefährlich!« unterbrach ihn Serenissimus. »So etwas bringt erst auf solche Gedanken...«
    »Ja,« sagte Rassi mit erheuchelter Unschuld, »dann ist mein Arsenal erschöpft.«
    »Es bleibt das Gift.«
    »Aber wer sollte es ihm beibringen ? Vielleicht der Trottel, der Conti?«
    »Wie man sagt, wäre das sein erster Versuch nicht.«
    »Man müßte ihn in Harnisch bringen«, meinte Rassi. »Übrigens damals, als er den Hauptmann ins Jenseits beförderte, da war er keine dreißig Jahre alt und tüchtig verliebt und bei weitem nicht solch ein Hasenfuß wie heutzutage. Zweifellos muß dem Staatswohl alles andere nachstehen, aber so auf den ersten Anhieb wüßte ich zur Vollstreckung von Allerhöchstdero Befehl nur einen gewissen Barbone, Gefängnisschreiber in der Zitadelle. Herr del

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