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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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eine mit zehn Ruderern bemannte Barke, die pfeilschnell die Fluten des Sees durchschnitt. Sehr bald erkannte sie, ebenso wie Fabrizzio, einen Mann darauf in der Kleidung des Fürsten von Parma. In der Tat war es ein Eilbote vom Hofe, der, ehe er noch landete, der Duchezza zurief:
    »Der Aufruhr ist niedergeschlagen!«
    Der Eilbote überbrachte ihr mehrere Briefe des Grafen, ein prächtiges Handschreiben der Fürstin und eine Kabinettsorder des Fürsten Ranuccio Ernesto V. auf Pergament, durch die sie zur Duchezza di San Giovanni und zur Oberhofmeisterin der Fürstinwitwe ernannt war. Der junge Fürst, der gelehrte Mineraloge, den sie für einen Schwachkopf hielt, hatte den Geist gehabt, ihr ein kleines Briefchen zu schreiben; gegen Ende wurde es beinahe zur Liebesepistel:
    ›Frau Duchezza, Graf Mosca meint, er wäre mit mir zufrieden. Tatsächlich habe ich an seiner Seite etlichen Flintenschüssen standgehalten, und mein Pferd hat einen Streifschuß bekommen. Nachdem ich gesehen habe, was für ein Geschrei man um solch eine Kleinigkeit macht, habe ich lebhafte Sehnsucht, eine richtige Schlacht mitzumachen,nur freilich nicht gegen meine Untertanen. Dem Grafen verdanke ich alles. Meine Generale, die nie im Kriege gewesen sind, haben sich wie Hasen benommen; ich glaube, zwei oder drei sind bis Bologna geflohen. Seitdem ein großes, bedauerliches Ereignis mich auf den Thron erhoben hat, habe ich keine Verfügung unterzeichnet, die mir so erfreulich gewesen wäre wie die, die Sie zur Oberhofmeisterin meiner Mutter ernennt. Meine Mutter und ich haben uns erinnert, daß Sie einmal die schöne Aussicht bewundert haben, die man vom Palazzetto di San Giovanni hat, der ehedem, wie man wenigstens berichtet, Petrarca gehört haben soll. Meine Mutter hat geruht, Ihnen diese Villa zu schenken, und ich, der ich nicht weiß, was ich Ihnen verleihen soll, und Ihnen nichts anzubieten wage, was sie schon besitzen, ich erhebe Sie zur Duchezza meines Landes. Ich weiß nicht, ob Sie so gelehrt sind, zu wissen, daß Sanseverina römischer Adel ist. Ich habe soeben Seiner Hochwürden, unserem Erzbischof, das Großband meines Hausordens verliehen. Er hat eine Festigkeit an den Tag gelegt, wie sie an einem Siebziger wohl selten ist.
    Man hat mir gesagt, ich dürfe hinfüro nur mit dem Zusatz ›Ihr wohlaffektionierter‹ unterzeichnen. Ich bedauere oft, daß ich eine Versicherung verschwenden muß, die nur dann durch und durch aufrichtig ist, wenn ich Ihnen schreibe als
    Ihr wohlaffektionierter
    Ranuccio Ernesto.‹
    Auf einen solchen Brief hin war es klar, daß sich die Duchezza fortan der höchsten Gunst zu erfreuen hatte. Jedoch fand sie in einem anderen Briefe des Grafen, den sie zwei Stunden später empfing, eine recht rätselhafte Stelle. Ohne irgendwelche genauere Erläuterung riet er ihr, ihre Rückkehr nach Parma um einige Tage hinauszuschieben und der Fürstin zu schreiben, sie sei sehr unpäßlich.
    Die Duchezza und Fabrizzio reisten nichtsdestowenigergleich nach Tisch nach Parma ab. Sie hatte die Absicht, die Heirat des Marchese Crescenzi zu beschleunigen, was sie sich freilich selbst nicht eingestand. Fabrizzio hingegen trat diese Reise mit närrischen Glückswallungen an, die der Duchezza lächerlich erschienen. Er hegte die Hoffnung, Clelia bald wiederzusehen. Er war entschlossen, sie, selbst wider Willen, zu entführen, wenn kein anderes Mittel, diese Heirat zu vereiteln, übrig bliebe.
    Die Reise der Duchezza und ihres Neffen war sehr lustig. Eine Poststelle vor Parma wurde ein kurzer Halt gemacht, damit Fabrizzio seine geistliche Tracht wieder anlegen konnte; gewöhnlich ging er wie ein Herr in Trauer. Als er wieder zur Duchezza kam, sagte sie zu ihm: »Ich finde in den Briefen des Grafen gewisse verdächtige und unerklärliche Stellen. Wenn du auf mich hören willst, so wartest du hier ein paar Stunden. Sobald ich den großen Minister gesprochen habe, werde ich dir einen Eilboten senden.«
    Nur ungern fügte sich Fabrizzio dem klugen Vorschlag. Der Graf empfing die Duchezza mit der unbändigen Freude eines Fünfzehnjährigen. Er nannte sie seine Frau. Es währte lange, bis er Lust hatte, über politische Dinge zu sprechen, und als man schließlich zur traurigen Vernunft kam, sagte er: »Du hast sehr richtig gehandelt, daß du Fabrizzio von einem Einzug in aller Form abgehalten hast. Wir befinden uns hier in voller Reaktion. Ahnst du, wen mir der Fürst zum Amtsgenossen als Justizminister gegeben hat? Rassi, meine Liebe,

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