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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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ich eine Million zusammenkriegen, dann lasse ich den Karren fahren, den ich aus dem Dreck gezogen habe. Ohne mich wäre Parma binnen zwei Monaten eine Republik mit dem Dichter Ferrante Palla als Diktator.«
    Bei diesem Namen wurde die Duchezza rot. Der Graf wußte von nichts.
    »Wir sind dabei, in die übliche Monarchie des achtzehnten Jahrhunderts zurückzufallen. Beichtväter und Mätressenwirtschaft. Im Grunde liebt der Fürst nur die Mineralogie und vielleicht Sie, gnädige Frau. Seit er auf dem Thron sitzt, hat sein Kammerdiener – dessen Bruder ich eben zum Kapitän ernannt habe nach einer Dienstzeit von neun Monaten –, sein Kammerdiener also hat ihm weis gemacht, er müsse glücklicher sein als jedes andere Menschenkind, weil sein Profil nunmehr auf den Talern prangt. Durch diesen schönen Einfall ist er verdrießlich geworden.
    Nun muß man ihm einen Adjutanten geben, der ihm die Langeweile vertreibt. Ja, wenn er mir auch die famose Million böte, die wir brauchen, um in Neapel oder Paris gut zu leben, so möchte ich doch der Vertreiber der Langenweile nicht sein und jeden Tag vier bis fünf Stunden mit Serenissimus verbringen. Da ich mehr Geist habe als er, würde er mich obendrein nach Verlauf von vier Wochen für ein Ungeheuer halten.
    Der hochselige Fürst war boshaft und mißgünstig, aber er hatte Feldzüge mitgemacht und ein Armeekorps befehligt. Das hat ihm Rückgrat verliehen. Er hatte das Zeug zum Herrscher, und ich konnte recht und schlecht Minister sein. Bei diesem lauteren und wahrhaft guten Menschen, seinem Sohn, muß ich wohl oder übel Intrigant werden. Ich bin ja der Nebenbuhler des geringsten Frauenzimmers im Schloß und ein sehr unterlegener Nebenbuhler, denn ich verabscheue hundert kleinliche Dinge. Vor drei Tagen zum Beispiel hatte eines dieser Weiber das Unglück, dem Fürsten den Schlüssel zu einemseiner Schreibtische zu vertrödeln. Daraufhin sträubte sich Serenissimus, sich mit all den Akten zu beschäftigen, die sich in diesem Schreibtisch befanden. Für zwanzig Franken hätte man die Kästen aufbrechen oder mit einem Dietrich öffnen lassen können, aber Ranuccio Ernesto V. meinte zu mir, so etwas brächte den Hofschlosser nur auf schlimme Gedanken.
    Bis heute ist es ihm durchaus unmöglich gewesen, an einem einmal gefaßten Willensentschluß drei Tage lang festzuhalten. Wäre dieser junge Fürst als Herr Marchese Soundso geboren, mit Vermögen, dann wäre er einer der schätzenswertesten Männer seines Hofes, eine Art Ludwig XVI. Aber wie soll er in seiner heiligen Einfalt allen den schlauen Ränken entgehen, die ihn umstricken? So ist denn auch der Salon Ihrer Feindin, der Raversi, mächtiger denn je. Man hat dort die Entdeckung gemacht, daß ich, der ich auf das Volk schießen ließ, der ich entschlossen war, im Notfall lieber dreitausend Menschen niederzuknallen, als das Standbild meines ehemaligen Fürsten und Gebieters beschimpfen zu lassen, – daß ich ein versessener Liberaler sei, daß ich eine Verfassung hätte durchsetzen wollen und hundert ähnliche Ungereimtheiten. Mit ihrem republikanischen Gerede werden die Narren uns um den Genuß der besten Monarchie bringen.
    Am Ende sind Sie, gnädige Frau, die einzige Person der gegenwärtigen liberalen Partei, zu deren Führer mich meine Feinde stempeln, über die sich der Fürst nicht in unliebenswürdigen Redensarten ausläßt. Der Erzbischof, stets durch und durch ein Ehrenmann, steht in vollster Ungnade, weil er in vernünftigen Worten von dem gesprochen hat, was ich an dem Unglückstage getan habe.
    Am nächsten Tage nach diesem, der damals noch nicht der Unglückstag hieß, als der Aufruhr noch eine wahre Tatsache war, hat der Fürst zum Erzbischof gesagt, er wolle mich zum Duca machen, damit Sie keinen niedrigeren Titel anzunehmen brauchen, wenn Sie mich heiraten.Heute glaube ich, man wird Rassi, den ich geadelt habe, weil er mir die Geheimnisse des Hochseligen verriet, in den Grafenstand erheben. Angesichts eines solchen Emporkommens werde ich die Rolle eines Tölpels spielen.«
    »Und der arme Fürst wird sich ins Unglück reiten.«
    »Zweifellos, aber er ist nun einmal der Herr; kraft dieser Eigenschaft schwindet in weniger als vierzehn Tagen das Lächerliche. Also, liebe Duchezza, machen wir uns auf und davon!«
    »Aber wir werden nicht eben reich sein.«
    »Eigentlich haben weder Sie noch ich den Luxus nötig. Wenn Sie mir in Neapel einen Logenplatz im San Carlo und ein Pferd bewilligen, bin ich mehr als

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