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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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General Conti wegen seines Vergiftungsversuches Gnade für Recht zuteil, jedoch nur ausdrücklich deshalb, wie der Fürst voller Zorn gegen den Exkommandanten betonte. Auf den Vorschlag der Duchezza wurde er bis zur Hochzeit seiner Tochter des Landes verwiesen. Die Duchezza glaubte in Fabrizzio nicht mehr verliebt zu sein, aber die Heirat Clelia Contis mit dem Marchese sehnte sie leidenschaftlich herbei; dabei hegte sie die unbestimmte Hoffnung, allmählich werde Fabrizzios Neigung schwinden.
    Im Überschwang des Glückes wollte der Fürst am nämlichen Abend den Minister Rassi mit Eklat seines Amtes entsetzen. Die Duchezza lachte und sagte: »Erinnern Sie sich eines Ausspruchs Napoleons? ›Ein Mann in hoher Stellung, auf den alle Welt blickt, darf sich niemals hitzige Handlungen erlauben.‹ Heute abend ist es auch zu spät. Verschieben Hoheit die Regierungsgeschäfte auf morgen!«
    Sie wollte Zeit gewinnen, um mit dem Grafen zu beratschlagen, dem sie ihre Zwiesprache während der Abendgesellschaft haarklein berichtete, allerdings unter Weglassung der häufigen Anspielungen des Fürsten auf ein Versprechen, das ihr Dasein vergiftete. Die Duchezza schmeichelte sich, sich derartig unentbehrlich gemacht zu haben, daß sie eine Vertagung auf unbestimmte Zeit durchsetzen könnte, wenn sie zum Fürsten sagte: ›Wenn Sie so barbarisch sind, zu wollen, daß ich meine Ehre hingebe, so werde ich Ihnen das nie verzeihen und tags darauf Ihr Land verlassen.‹
    Als die Duchezza den Grafen Mosca über Rassis Schicksal befragte, benahm er sich höchst weltweise. Der General Fabio Conti und Rassi sollten auf Reisen nach Piemont geschickt werden.
    Eine sonderbare Schwierigkeit entstand bei Fabrizzios Prozeß. Die Richter wollten ihn bereits am ersten Verhandlungstage einstimmig freisprechen. Mosca mußte allesaufbieten, damit der Prozeß wenigstens acht Tage dauerte und die Richter sich die Mühe nahmen, alle Entlastungszeugen zu vernehmen. ›Diese Leute bleiben sich immer gleich‹, sagte er sich.
    Am Tage nach seiner Freisprechung trat Fabrizzio del Dongo endlich die Stelle als Großvikar bei dem guten Erzbischof Landriani an. Am selben Tage unterzeichnete der Fürst die nötigen Depeschen nach Rom, um die Bestätigung Fabrizzios als Koadjutor mit der einstigen Nachfolge zu erlangen. Nicht ganz acht Wochen später traf sie ein.
    Alle Welt pries vor der Duchezza die würdevolle Haltung ihres Neffen. Und doch war er in Verzweiflung. Bereits am Tage nach seiner Freilassung, der die Dienstentlassung und Verbannung des Generals Fabio Conti und die Herrschaft der Duchezza folgten, hatte Clelia eine Zuflucht im Hause der Contessa Contarini, ihrer Tante, gefunden, einer steinreichen ältlichen Dame, die nur der Sorge um ihre Gesundheit lebte. Clelia hätte mit Fabrizzio zusammentreffen können; wer aber ihre frühere Freundschaft gekannt hatte und ihr jetziges Verhalten beobachtete, hätte denken können, daß mit den Gefahren für den Geliebten ihre Liebe erloschen wäre. Fabrizzio machte nicht nur, so häufig er es schicklicherweise tun konnte, Fensterpromenaden vor dem Palazzo Contarini, sondern es gelang ihm nach langen Bemühungen auch, gegenüber den Fenstern des ersten Stockes ein Stübchen zu mieten. Als Clelia eines Tages arglos ans Fenster lief, um eine Prozession vorüberziehen zu sehen, fuhr sie sofort zurück, wie vom Donner gerührt. Sie hatte Fabrizzio erkannt, der schwarz, aber wie ein armer Arbeitet gekleidet aus einem Fenster seiner Spelunke zu ihr herübersah; dieses Fenster hatte, wie seine Zelle in der Torre Farnese, Scheiben aus Ölpapier. Fabrizzio hätte sich wohl einreden mögen, daß Clelia ihn floh, weil ihr Vater in Ungnade gefallen war, woran nach der öffentlichen Meinung die Duchezza die Schuld trug.Aber er kannte eine andere Ursache dieser Entfremdung allzu gut, und nichts vermochte ihn aus seiner Schwermut aufzurütteln.
    Weder seine Freisprechung noch seine Erhebung zu so hohen Würden, den ersten, die er in seinem Leben einnahm, noch seine glänzende Stellung in der Gesellschaft, auch nicht die unaufhörlichen Huldigungen, die ihm die ganze Geistlichkeit und alle Frommen der Diözese darbrachten, nichts machte Eindruck auf ihn. Die entzückende Wohnung, die er im Palazzo Sanseverina inne hatte, genügte nicht mehr. Zu ihrem größten Vergnügen sah sich die Duchezza gezwungen, ihm den ganzen zweiten Stock ihres Palastes und zwei schöne Empfangszimmer im ersten einzuräumen. Diese Empfangsräume waren

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