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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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Polizei habe einen Untertanen des Fürsten von Parma eingesponnen. Die Erzählung Ihrer Fahrt ist nett und unterhaltsam; das gebe ich gern zu«, fuhr der Graf weniger ernst fort. »Ihr Ausfall aus dem Walde auf die große Straße macht mir weidlich Spaß, aber, unter uns gesagt, da dieser Reitknecht Ihr Leben in seinen Händen hatte, so hatten Sie das Recht, das seine zu nehmen. Wir werden Eccellenza eine glänzende Laufbahn bereiten; zum mindesten befiehlt es mir die gnädige Frau hier, und ich glaube nicht, daß mir mein ärgster Feind vorwerfen könnte, ich hätte je ihren Befehlen nicht gehorcht. Welch herber Schmerz wäre es für sie und für mich gewesen, wenn dieser Ritt auf Leben und Tod, den Sie auf Ihrem mageren Klepper gemacht haben, mit einem Sturz geendet hätte! Dann wäre es noch das beste gewesen, Sie hätten dabei das Genick gebrochen.«
    »Sie sind heute abend tragisch gestimmt, mein Freund«, sagte die Duchezza ganz erregt.
    »Gewiß, weil wir mitten in der Tragödie stehen«, entgegnete der Graf ebenso bewegt. »Wir sind hier nicht in Frankreich, wo alles in einem Possenspiel endet oder schlimmstenfalls mit einem oder zwei Jahren Gefängnis. Es ist tatsächlich unrecht von mir, von derlei Dingen lachend zu reden. Genug, mein lieber Neffe! Ich gedenkebald Gelegenheit zu finden, Sie zum Bischof zu machen; denn mit dem Erzbistum von Parma kann ich schlechterdings nicht anfangen, wie es die anwesende Frau Gräfin klüglich verlangt. – Jetzt erzählen Sie uns ein wenig, welche Politik Sie in Ihrem Bistum betreiben wollen, wo Sie fern von unseren weisen Ratschlägen sein werden!«
    »Besser, ich schlage den Teufel tot, als er schlägt mich tot, wie meine Freunde, die Franzosen, so vortrefflich zu sagen pflegen«, erwiderte Fabrizzio mit glühenden Augen. »Ich werde mir mit allen möglichen Mitteln, selbst einen Pistolenschuß nicht ausgeschlossen, die Stellung wahren, die Sie mir verschaffen werden. Ich habe in der Genealogie der del Dongo die Geschichte des Vorfahren gelesen, der das Schloß Grianta erbaut hat [Dieser Episode liegt ohne Zweifel folgende historische Begebenheit zugrunde: Im Jahre 1526 brachte der gewalttätige Emporkömmling Gian Giacomo Medici die mächtige, auf steiler Höhe gelegene Burg Musso, westlich des Ortes Dongo am Comer See (erbaut von Marschall Trivulzio), durch List in seinen Besitz und erlangte dadurch die Herrschaft über das ganze Gebiet des Sees. Er verteidigte sie dann mehrere Jahre lang gegen den Mailänder Herzog Sforza und gegen die Schweizer, trat sie aber schließlich nach einer zehnmonatigen Belagerung gegen hohe Entschädigung an Mailand ab, das die Feste schleifen ließ. Noch heute sind stattliche Ruinen vorhanden. – Stendhal pflegte, wenn ihm eine Gegend besonders gefiel, Geschichte und Sage des Ortes genau zu studieren. ›Die schönste Gegend gewinnt immer durch historische Reminiszenzen‹, ist ein bekannter Ausspruch von ihm.] . Gegen Ende seines Lebens entsendet ihn sein guter Freund Galeazzo, Herzog von Mailand, zur Besichtigung einer Burg an unserem See. Man befürchtete einen neuen Einfall der Schweizer. ›Ich muß aber dem Kommandanten ein paar huldvolle Worte schreiben‹, sagte der Herzog von Mailand zu ihm beim Abschied. Er schreibt und übergibt ihm einen Brief von zwei Zeilen. Dann verlangt er ihn noch einmal zurück und versiegelt ihn. ›Das ist höflicher‹, meinte der Fürst. Vespasiano del Dongo reist ab, aber während der Fahrt über den See fällt ihm ein altgriechisches Geschichtchen ein. Er war nämlich ein gelehrter Herr. Er erbricht den Brief seines lieben Gebieters und findet darin den Befehl an den Burgkommandanten, ihn sofort nach seiner Ankunft ins Jenseits zu befördern. Der Sforza, allzu begierig auf das abgekartete Spiel, das er mit unserem Ahnherrn spielte, hatte zwischen der letzten Zeile des Briefes und seiner Unterschrift einen Zwischenraum gelassen. Vespasiano del Dongo schneidet den Kopf des Briefes ab und schreibt dafür den Befehl hin, der Burgkommandant habe ihn als Oberbefehlshaber aller Burgen am See anzuerkennen. Nach seiner Ankunft und Anerkennung in der Burg wirft er den Kommandanten in einen Brunnen, erklärt dem Sforza den Krieg undtauscht nach Verlauf etlicher Jahre seine Festung gegen jene ungeheueren Landgüter ein, die das Vermögen aller Zweige unserer Familie gebildet haben und die mir eines Tages viertausend Lire Rente einbringen werden.«
    »Sie reden wie ein Akademiker«, rief der Graf

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