Die Karte der Welt (German Edition)
Spurenlesen?«
Wex wünschte, ihre Fußabdrücke würden die Düsterlinge direkt zu Verda führen. Dann könnte sie einige von ihnen fressen. Und hoffentlich hatte sie großen Hunger …
»Wir suchen diese kleine Sippe auf und verbünden uns entweder mit ihr oder ziehen weiter. Zumindest haben wir sie dann zwischen uns und diesen Düsterlingen«, beschloss Fretter. »Die Kinder werden es auf jeden Fall bis dorthin schaffen.«
»Wir nehmen sie mit?«, fragte der ältere Winster ungläubig.
»Was sollten wir denn sonst tun?«
»Sie werden uns nur aufhalten.«
»Du willst sie hierlassen?«, fragte Brynn.
»Sind schließlich nicht meine, diese Flusskinder, oder, Mädchen?«, schnaubte Winster, als würde ihm allein von der Vorstellung schon übel.
Wex musste daran denken, wie bereitwillig der Soldat mit einer hübschen Flussfrau unter einem der Boote verschwunden war. »Wenn wir neun Monate geblieben wären, hätte das vielleicht ganz anders ausgesehen!«, platzte es aus ihm heraus.
Eisiges Schweigen legte sich über die Gruppe. Die Eskapaden der adligen Brüder mochten durchaus noch anderen Expeditionsmitgliedern aufgefallen sein, aber wenn, dann sprachen sie nicht darüber. In der Tat war es in der besseren Gesellschaft üblich, stillschweigend über die Tändeleien des Adels hinwegzusehen.
»Wie meinst du das?«, fragte Brynn.
Wex sah sich vorsichtig um.
Die Soldaten funkelten ihn an, als hätte er soeben Hochverrat begangen. Selbst Pinch schüttelte vorsichtig den Kopf. Als der ältere Winster auch noch die Hand an den Griff seines Schwerts legte, wusste Wex, dass er gerade eine gefährliche Grenze überschritten hatte.
»Ich meinte lediglich, dass jeder von uns einmal Vater werden könnte. Und dass es deshalb keine Rolle spielt, wer die Kleinen gezeugt hat. Als ehrbare Männer sind wir verpflichtet, jedem Kind Schutz zu gewähren, das einen solchen bei uns sucht …«
Erleichtert und voll Bewunderung streckte Brynn eine Hand nach ihm aus, und einen Moment lang glaubte Wex, sie würde ihn umarmen.
»Gut gesprochen, Wexford«, erklärte Fretter. »Wir nehmen die Kinder mit.«
Es wurde spät in der Nacht und der Pfad immer dunkler. Sie mussten sich von ihrem Instinkt leiten lassen und dem schwachen Mondlicht. Die Gruppe arbeitete sich durch das flache Grasland nördlich des Gebiets, das sie auf dem Weg zu dem Pass überquert hatten, den sie dann aber doch nicht hatten überschreiten können.
Die Kinder schleppten sich abgeschirmt in der Mitte dahin. Sie waren nicht besonders gut zu Fuß und eher daran gewöhnt, sich schwimmend oder paddelnd fortzubewegen, als größere Strecken an Land zurückzulegen.
»Mit ein bisschen Glück haben wir sie in der Dunkelheit abgehängt«, sagte Pinch zu Wex. »Nicht die schlechteste Unternehmung, an der ich bisher teilgenommen habe.«
»Aber auch nicht die beste«, kommentierte Cirilla.
»Nein, die beste auch nicht«, gab Pinch zu. »Das war die, als ich eine fünfzehn Meter lange einmastige Kogge mitsamt Ladung gegen eine zwei Meter lange Nussschale eingetauscht habe, die Mungo durch den Nebel rudern musste, während ich das Navigationieren übernahm.«
»Klingt weder nach einem besonders guten Tausch noch nach einer gelungenen Unternehmung«, erwiderte Wex.
»Wenn eine ganze Flotte mit einem zornigen Admiral an der Spitze hinter der Kogge her ist, schon«, entgegnete Pinch. »Alles eine Frage der Sichtweise.«
Mungo grunzte eine Art »ja«.
»Wir müssen anhalten«, erklärte Brynn. »Die Kinder sind vollkommen erschöpft.«
Fretter nickte seufzend. »Wir haben eine gute Strecke zurückgelegt, und es sind nur noch ein wenige Stunden bis zum Morgengrauen. Zeit, um auszuruhen.«
Auch manche der Erwachsenen konnten eine Pause vertragen, und es war die Erschöpfung, die die Sache schließlich entschied.
Pinch hatte eine Lotosesche entdeckt und vorgeschlagen, dort die Nacht zu verbringen. Alle machten sich sofort daran, den Boden unter dem ausladenden Blätterdach zu säubern. Spragg wurde für die erste Wache ausgelost und bekam Poppys Langbogen überreicht. Arkh meldete sich freiwillig, während Kraven und Fretter ein Stück abseits der Gruppe in eine hitzige Debatte verstrickt waren.
Pinch stellte sich neben Wex und beobachtete die beiden mit großem Interesse. »Sie reden über dich, mein Freund«, sagte er. »Auf dich scheint noch eine wichtige Aufgabe zu warten, bevor das hier vorüber ist. Denk an meine Worte.«
Wex beobachtete sie ebenfalls einen
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