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Die Karte der Welt (German Edition)

Die Karte der Welt (German Edition)

Titel: Die Karte der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Royce Buckingham
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Unruhig trat der Flussmensch von einem Fuß auf den anderen, und sein Blick schoss hin und her wie ein von Baum zu Baum flitzendes Eichhörnchen.
    Die Strömung war schnell an der Stelle, an der sich das Lager befand, aber der Steuermann dirigierte die Barke unter den kräftigen Schlägen der Ruderleute gekonnt ans Ufer, wo sechs Mitglieder der Sippe sie in Empfang nahmen und vertäuten. Eine Planke wurde ausgelegt, und die Rudermänner gingen von Bord, um sich von Freunden und Familie willkommen heißen zu lassen. Als sie neugierige Blicke in Richtung der Fremden warfen, wurden ihnen in leisem Ton die Ereignisse des letzten Tages berichtet.
    Blu nahm von alldem keine Notiz. Er hatte den Blick starr auf die Kabine gerichtet, und auch Wex wartete gespannt auf das Erscheinen des Dido.
    Unterdessen kam der kraftstrotzende, barbrüstige Steuermann an den Bug des Schiffes und richtete das Wort an die versammelte Menge. Er war sonnengebräunt, muskulös und gutaussehend, und lediglich die Krähenfüße um die Augen verrieten, dass er nicht mehr jung war. Als er zu sprechen begann, verstummte die Menge respektvoll, und erst jetzt begriff Wex, wen er da vor sich hatte: Er war der Dido. Das Oberhaupt der Flussmenschen gehörte zu der Sorte Anführer, die selbst mit Hand angelegte, und das mit vollem Einsatz. Er ließ sich nicht träge und faul herumschippern wie irgendein fettleibiger Adliger.
    Wex blickte hinüber zu Brynn, um zu sehen, ob sie ebenso beeindruckt war. Nach erfolgreichem Abschluss ihres Handels trug sie nun einen blauen Seidenponcho, Kniehosen und Holzschuhe. Bis auf das hellblonde Haar sah sie aus, als gehöre sie zum fahrenden Volk. Neugierde zeigte sich auf ihrem Gesicht – anscheinend brachte der Anblick des Oberhaupts der Flussmenschen sie dazu, ihre Vorurteile gegenüber ihren Gastgebern noch einmal zu überdenken.
    Als der Dido in ihre Richtung schaute, schoss eine seiner Augenbrauen nach oben, genau wie es bei Blu der Fall gewesen war, und er inspizierte die Fremden eingehend, vor allem Arkh.
    »Er scheint so erfreut wie eine Katze, die man in diesen kalten Fluss geworfen hat, uns hier zu sehen«, murmelte Pinch.
    Blu schien das alles nicht zu interessieren. Er schaute einzig und allein auf die Kabine, bis schließlich eine Gestalt in einer Kutte heraustrat. An der Silhouette und den geschmeidigen Bewegungen erkannte Wex, dass es sich um eine Frau handeln musste, auch wenn ihr Gesicht beinahe vollkommen von einem Tuch verhüllt war. Zwei ebenholzfarbene Augen blickten aus den Tiefen der Kapuze hervor.
    Als die Frau neben den Dido trat, erhob Blu unvermittelt das Wort und stellte mit wichtigtuerischem Gehabe die Fremden vor.
    Ihr Anführer ließ ihn eine Weile gewähren, dann unterbrach er ihn mit strengem Blick.
    Blu wurde blass und verstummte. Von jetzt an war es der Dido, der sprach, und das in harten Worten. Blu sagte nur noch etwas, wenn er dazu aufgefordert wurde. Wex hatte den Eindruck, dass es sich um ein ziemlich harsches Verhör handelte, und Blu hatte alle Mühe, zufriedenstellende Antworten zu geben. Auf eine besonders verärgert klingende Frage des Dido hin sandte er einen Jungen, um Fretters Schwert zu holen.
    Noch während der sommersprossige Knabe zu Blus Kanu rannte, senkte der Dido die Stimme und tadelte Blu vor den Augen und Ohren aller. Dass es sich um eine scharfe Rüge handelte, war unverkennbar, auch wenn Wex die Worte nicht verstand. Aber was darauf folgte, war noch schlimmer: Alle Versammelten lachten. Doch Blu schien lediglich an der Redaktion einer einzigen Person interessiert, und zwar der Frau in der Kutte. Unglücklicherweise kicherte auch sie.
    Schließlich kam der Junge mit dem Schwert zurück, und Blu musste eine weitere Erniedrigung erdulden und es Fretter zurückgeben, der seine Waffe erleichtert und verlegen zugleich entgegennahm.
    »Was passiert da?«, fragte Wex Brynn flüsternd.
    »Sie sind ein friedliches Volk«, erklärte Brynn. »Sie wollen keine Waffen. Der Fluss ist ihre Zuflucht vor den Gefahren an Land.«
    Wex wandte sich an Pinch. »Stimmt das?«
    Pinch nickte. »Ja. Soweit ich das sagen kann. Außerdem scheint er nicht sehr glücklich darüber, dass wir schnurstracks in sein Lager spaziert sind, nachdem wir erst kurz davor Gäste der Schimmelbrüder waren. Er denkt womöglich, dass wir ihre Krankheit eingeschleppt haben.«
    Mit einer Handbewegung gebot Fretter den dreien zu schweigen, dann trat er mit Kraven an der Seite vor. Er sprach, und Kraven

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