Die Karte der Welt (German Edition)
Vill ihnen beibrachte, selbst welches zu machen, heulten sie begeistert auf. Eine groteske Szene, wie Vill fand, aber ermutigend für die Pläne, die er mit ihnen hatte.
Vill ließ den Blick über das neu entstandene Düsterlingdorf wandern. Sie hatten das Stück Wald in der Hälfte der Zeit gerodet, die Menschen dafür gebraucht hätten, weil sie sowohl schneller als auch stärker waren. Sie waren nicht besonders schlau, aber sie folgten gerne Befehlen, und wenn er ihnen eine Aufgabe stellte, waren sie fleißige Arbeiter. Unter seiner Führung konnten sie etwas erreichen. Vill hatte ihre Lebensqualität bestimmt um das Zehnfache gesteigert, ihr Wissen und den technischen Stand ihrer Kultur um ganze Jahrhunderte vorangebracht. Als Gegenleistung gestatteten sie ihm, über sie zu herrschen.
»Formiert euch!«, befahl Vill.
Unter viel Geschubse und Gedränge versammelten sich die Soldaten. Keine besonders ordentliche Truppe, wie Vill immer wieder auffiel, aber diesen Mangel glichen sie mit ihrem instinkthaften Enthusiasmus und ihrer Wildheit mehr als aus. Sie waren weder angenehme Charaktere noch schön anzusehen, und ihr stechender Geruch hing Vill ständig in der Nase, aber angenehme Gesellschaft war nicht das, worauf er es im Moment abgesehen hatte. Was er brauchte, war eine weitere Demonstration seiner Macht, um erneut expandieren zu können, um in die Heimat der Düsterlinge zu marschieren und sich an die Spitze ihres gesamten Volkes zu setzen.
Es war an der Zeit, den Magier zu finden, der den Schleier versetzen konnte.
»Eber!«, rief er einem fetten Düsterling zu, der einen der Zehnertrupps befehligte. »Erkläre ihnen, wo der Magier ist.« Er sagte es in ihrer einfachen Sprache, und wo immer die Worte fehlten, weil es keines gab, half er mit Gesten nach.
Eber drehte sich um und verkündete mit kehligen Lauten, dass der Flussmensch mit dem wandernden Auge ihnen den Weg zu ihrer Beute gezeigt habe – über die weiten Felder zu einem Pass, der hinauf in die Berge führte.
In ihren Reihen erhob sich Gemurmel.
»Was sagen sie?«, fragte Vill herrisch.
»Düsterlinge verschwinden auf diesem Berg«, erklärte Eber. »Es bleiben nur zerbrochene Knochen, wenn wir überhaupt etwas finden.«
»Das passiert, wenn ihr allein geht. Zusammen sind wir stark. Nur eine Armee könnte uns aufhalten.«
»Keine Armee. Ein Monster ist dort.«
»Pah! Ein Bär vielleicht, oder eure Einbildung. Wir gehen, alle gemeinsam!«
Mit einem Nicken hob Eber die muskulösen Arme und stachelte die Fußsoldaten zu frenetischem Jubel an. Sie schrien und jubelten für Vill, und er führte sie hinaus aus dem Lager, einen stampfenden Trupp, zehn Mann breit und zehn Mann tief. Sie fühlten, wie die Geschlossenheit ihnen Kraft gab, genau wie Vill gesagt hatte. Den ersten Sieg hatten sie mit nur zwei Opfern in den eigenen Reihen errungen, und das, obwohl sie in der Unterzahl gewesen waren. Danach hatten sie sich an den Leichen ihrer Feinde sattessen können. Vill war ihnen ein guter Anführer gewesen. Bisher. Sie vertrauten ihm. Mehr noch, sie glaubten an ihn. Und wenn er jetzt noch den Schleier versetzte, der sie von ihrer Heimat abschnitt, würden sie ihn anbeten wie einen Gott.
25
Wex fand sich in der unangenehmen Position wieder, sich an einem riesenhaften Tier festklammern zu müssen. Die Blätter waren, wie sich herausstellte, ledrige Schuppen, und was Wex für eine vierteilige Baumkrone gehalten hatte, waren in Wirklichkeit Körper und Flügel des Dings. Wie eine Decke hatte es sich schlafend über das Blätterdach gebreitet und war durch seine Tarnung vollkommen mit dem Baum verschmolzen.
Eine Kreatur, so groß wie ein Morgen Ackerland, starrte ihn aus wenigen Ellen Entfernung an. Wex spürte ihren heißen Atem auf der Haut, die Finger immer noch in den braungrünen Schuppenpanzer des Ungeheuers gekrallt. Es gab keine Möglichkeit zur Flucht. Ein Sprung aus dieser Höhe hätte ihn genauso schnell ins Jenseits befördert wie ein Biss des gigantischen Mauls vor ihm, also versuchte Wex erst gar nicht zu entkommen. Stattdessen redete er in demselben beruhigenden Flüsterton auf das Wesen ein, wie er es zu Hause immer mit den Schweinen machte.
»Ruhig, ganz ruhig …«
Das Maul öffnete sich und entblößte zwei Reihen gebogener Zähne, jeder davon so lang wie Wex’ Unterarm. Sie waren spitz wie Speere, von bräunlicher Farbe und sahen irgendwie abgenutzt aus. Wenn er raten müsste, hätte Wex gesagt, sie seien aus Holz, genauso wie
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