Die Karte Des Himmels
gekleidet wurdest und dass eine gute Frau wie Susan, die dich liebte, sich um dich kümmerte. Du gehörtest mir, aber ich konnte mein Leben so weiterführen, wie ich es mir eingerichtet hatte. Ich behielt dich, wie du die Halskette behalten hattest, wie einen Schatz, den ich herausnehmen und betrachten konnte, wenn ich es wünschte. Möge Gott mir vergeben!«
Die Worte meines Vaters verwirrten mich. Zu jener Zeit war ich noch zu naiv, um zu wissen, wie Eltern und Kinder zueinander sein sollten. Er hatte mich niemals verletzt, und ich hatte immer fest daran geglaubt, dass ihm an mir lag, wenn auch nur aus der Ferne. Gerade so, wie er mich akzeptierte, so akzeptierte ich ihn für das, was er war. Wir hatten einander kennengelernt, in unserem eigenen Rhythmus und auf unsere Art. Und jetzt war die Zuneigung zwischen uns zum ersten Mal ausgesprochen worden, sie wurde wirklich.
Unbeholfen zog er mich an sich und drückte meinen Kopf unbequem an sein Schlüsselbein, sodass meine Haube herunterfiel. Aber es machte mir nichts. »Kleine Esther«, murmelte er, »ich habe dich nach meiner Mutter genannt, die ich in jungen Jahren verlor. Einige übersetzen den Namen mit Myrte , andere meinen, er bedeute Stern . Du weißt vielleicht, dass die Myrte eine sternförmige Blüte besitzt. In der Natur sind die beiden Bedeutungen also vereint.« Wie üblich war er der trockene Gelehrte, aber ich spürte die Wärme seiner Lippen durch mein Haar.
Wir legten die Halskette in ihr Versteck zurück und machten uns an die Arbeit. Als wir in jener Nacht den Himmel erkundeten, fühlten wir uns so innig verbunden wie nie zuvor und waren mehr denn je bestrebt, uns mit allen Kräften unserer Aufgabe zu widmen. Wie ich mich erinnere, schien die Lyra besonders hell, die große Lyra des Orpheus, und es war, als bringe sie mit ihrem Klang nicht die Toten aus der Hölle, sondern das Lebendige zu neuem Leben und Glück. Und zum ersten Mal vertraute er es mir an, seine Beobachtungen, die er mir diktierte, in sein Journal einzutragen.
Vorerst würde wohl nichts weiter über die Halskette berichtet. Jude hielt immer noch Esthers Buch umklammert, als sie mit einem Ruck aus dem Bett aufstand, und die Schachtel, in der die Kette lag, aus der obersten Schublade der Kommode nahm. »... eine Halskette mit Sternen«, las sie noch einmal laut, nachdem sie den Schmuck auf der weißen Bettdecke ausgebreitet hatte, »sieben Diamanten, aufgereiht an einer goldenen Kette.« Natürlich, einer fehlte nun, und die Beschreibung war frustrierend ungenau, doch ihre innere Stimme schrie ihr förmlich zu, dass es sich um ein und dieselbe Halskette handelte. Aber konnte sie das wirklich beurteilen? Der prüfende, wissenschaftlich denkende Teil in ihr beharrte darauf, dass sie es nicht konnte. Grans Schmuck war vielleicht eine spätere Kopie. Oder eine von mehreren Ketten, die damals angefertigt worden waren. Wieder sah sie den Stempel des Goldschmieds auf einem der Sterne, nur sehr schwach, aber immerhin, er war da. Natürlich würde sie Gran um Erlaubnis bitten müssen ...
Am folgenden Tag, es war ein Mittwoch, telefonierte sie erst mit einem Kollegen bei »Beecham’s« und anschließend mit einem Auktionshaus in Norwich. Dann fuhr sie in die Stadt, parkte den Wagen im Parkhaus eines Einkaufszentrums und bahnte sich den Weg durch schmale Gassen zu einem hell erleuchteten Juwelierladen in der Nähe der Kathedrale.
»Könnten Sie mir vielleicht ein paar Informationen über dieses Stück geben?«, fragte sie die Frau hinter der Ladentheke, die Jude wegen ihres maßgeschneiderten Hosenanzugs und der bestimmenden Art für jemanden in einer höheren Position hielt. Jude packte die Halskette aus und zeigte sie ihr.
»Sie wollen sie doch nicht verkaufen, oder? Wir machen nur Schätzungen für Versicherungszwecke«, sagte die Frau sofort und untersuchte die Halskette kurz unter einer Lupe. Dann musterte sie Jude so eingehend, als wollte sie herausfinden, ob sie eine Juwelendiebin vor sich hatte, die ihre Beute loswerden wollte.
»Ich verstehe vollkommen«, sagte Jude und hielt dem Blick der Frau stand. Insgeheim fragte sie sich, ob es ihre Situation wohl besser oder schlechter machte, wenn sie erklären würde, dass sie selbst für ein Auktionshaus arbeitete und sich mit solchen Dingen auskannte. »Ich möchte sie nicht verkaufen, aber es wäre hilfreich, ihren Wert zu kennen. Es ist ein Familienerbstück, über das ich gern mehr erfahren möchte. Wann es angefertigt wurde und,
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