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Die Karte Des Himmels

Die Karte Des Himmels

Titel: Die Karte Des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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Fuß des Grabsteins stand eine Blumenvase, die offensichtlich seit Jahren nichts als Spinnen beherbergt hatte. Jude schwor sich, später noch einmal mit einem Blumenstrauß oder einer Pflanze zurückzukommen. Ein merkwürdiges Gefühl überkam sie, als sie an diesem Grab stand und auf die Namen blickte. Sie hatte eine ganz besondere Verbindung zu den Menschen, die an diesem Ort, den sie nie zuvor besucht hatte, begraben waren. Menschen, die sie nie gekannt hatte, die aber immer noch zu ihr gehörten.
    Der alte Mann ging langsam zurück zu seiner Arbeit, als ihr noch eine Frage einfiel. »’tschuldigung.« Er drehte sich um und schaute sie fragend an. »Wissen Sie vielleicht, ob hier irgendwelche Leute beerdigt sind, die nicht von hier waren?«, erkundigte sich Jude. »Zigeuner zum Beispiel? Ich suche nach einer ganz bestimmten Frau, Tamsin Lovall. Den Namen haben Sie wahrscheinlich noch nie gehört, oder?«
    Er dachte lange nach. »Nicht Tamsin Lovall, nee, aber vielleicht gibt’s da einen anderen Lovall. Kommen Sie mal mit.«
    Er führte sie durch ein Tor in der Hecke hinaus auf den Grasplatz.
    Die hölzerne Bank rund um die alte Eiche war aus verschiedenen Teilen gezimmert, die anschließend zusammengefügt worden waren. Manche Sitze sahen eher neu aus, bei anderen war die Armlehne abgebrochen, oder es fehlten Bretter. Das Holz war mit dem Alter silbrig geworden, sodass es aussah, als wäre die Bank ein Teil des Baumes selbst. An manchen Rücklehnen waren kleine metallene Gedächtnisplaketten in verschiedenen Stufen der Lesbarkeit angebracht.
    »Vielleicht können Sie da was rausfinden«, sagte der alte Mann und zeigte auf eine gefleckte Plakette auf einem der älteren Abschnitte.
    »Ted Lova ...«
    »Könnte Lovall heißen, oder? Ich glaub, da gab’s mal einen Ted Lovall.«
    »Möglicherweise«, erwiderte Jude unsicher. Sie ging um den Baum herum und suchte nach weiteren Namen, aber es gab nur einen, der sie wirklich interessierte.
    »Marty Walters«, las sie laut, »1950 bis 1970. Nur zwanzig Jahre alt.«
    »Sommer 1970 is’ es passiert«, sagte der alte Mann. »Fast das gesamte Dorf hat was für den Sitz gegeben. Allen hat seine Familie so leidgetan, wissen Sie. Schrecklicher Unfall, schrecklich.«
    »Das war der Junge, der bei der Party gestorben ist!«, sagte Jude mit einem plötzlichen Gefühl der Bestürzung. »Wo hat seine Familie gelebt?«
    »Jetzt ham Sie mich. Irgendwo Richtung Sheringham, glaub ich. Jedenfalls irgendwo an der Küste. Aber gestorben ist er am Starbrough Folly.«
    Alles in allem hatte Jude in der Kirche nichts Neues über Esther erfahren. Es gab zwar immer noch die Kirchenbücher, nahm sie an, aber sie hatte keine genauen Daten, die ihr weiterhelfen könnten.
    Als sie nach Starbrough Hall zurückkam, war niemand in der Nähe. Also ging sie in die Bibliothek, wo sie ihren Laptop stehen gelassen hatte. Eine Weile ging sie unruhig auf und ab, schaute aus dem Fenster in die Richtung, wo sich der Turm befinden musste, und versuchte, alle Hinweise in ihrem Kopf miteinander zu verknüpfen. Es führte zu nichts. Sie setzte sich an den Tisch, nahm ein Blatt Papier und schrieb auf, was sie wusste:
    Esther, Tochter von Anthony Wickham. Hatte die Halskette, als sie 1765 gefunden wurde.
    Befreundet mit Zigeunermädchen im Wald seit ca. 1775?
    Gran begegnet Tamsin Lovall ca. 1933.
    Nimmt ihr die Halskette ab (Wie ist Tamsins Familie an die Kette gekommen, wie ist die Kette beschädigt worden?)
    2008 – Gran gibt mir die Kette.
    Frustriert starrte Jude auf ihre Notizen. Wie um alles in der Welt war die Halskette (falls es wirklich ein und dieselbe war) anderthalb Jahrhunderte später aus Esthers Händen in Tamsins gelangt? Waren sie beide Zigeunermädchen aus der gleichen Sippe? Jude konnte sich nur schwer vorstellen, dass eine wertvolle Halskette über Generationen sicher weitergegeben worden war – es musste doch ungeheuer verlockend gewesen sein, den Schmuck zu verkaufen. Aber wie auch immer, wo in einem Wagen würde man den Schmuck aufbewahren, sodass er nicht beschädigt werden oder verloren gehen konnte? Obwohl er ja beschädigt worden war. Jude fing an, ein Bild eines Zigeunerwagens zu skizzieren, und malte Muster auf das Dach so wie bei dem, in dem Euan übernachtete. Aber sie war keine große Künstlerin, und die Perspektive stimmte überhaupt nicht.
    Seufzend schob sie das Blatt beiseite. Eigentlich musste sie darüber nachdenken, was sie als Nächstes tun sollte, aber sie hatte auch

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