Die Karte Des Himmels
und die seit langen Jahren im Besitz meiner Großmutter ist.« Rasch erzählte sie die Geschichte.
Megan hielt den verbogenen Stern hoch. »Dann wär’s wohl sinnvoll, wenn Sie ihn bekommen würden, aber ich kann ihn Ihnen natürlich nicht einfach geben. Sie haben gesagt, dass die Halskette bei einem Juwelier ist. Wenn Sie sie wiederhaben, kommen Sie am besten mal damit vorbei, damit ich mir den Schmuck anschauen kann. Bis dahin sollte ich herausgefunden haben, wie der Vorgang abläuft. Für solche Fälle gibt’s bestimmt Formulare und so was.«
»Wie immer«, sagte Jude bedauernd.
»Aber diese Halskette«, hakte Megan nach, »Sie haben gesagt, dass es da eine Verbindung zur Familie Wickham gibt? Falls Sie mehr über diese Esther herausfinden wollen, sollten Sie sich mal rund um die Kirche in Starbrough umschauen. Das wäre ein Anfang. Und die Register der Pfarrgemeinde liegen zweifellos in den Archiven der Bezirksverwaltung.«
Auf dem Weg zurück nach Starbrough Hall staunte Jude immer noch darüber, dass sie gleich zwei Hinweise auf die Halskette bekommen hatte, und das kurz nacheinander: den ersten in Esthers Bericht, den zweiten in dem Karton im Museum. Sie hatte beschlossen, Megans Rat zu folgen, und nahm den Weg durch Starbrough Village. Im Zentrum des Dorfes gab es nicht viel zu sehen – eine große Kirche ragte über einem Halbrund von Häusern aus dem achtzehnten Jahrhundert empor. Davor stand eine uralte Eiche, um die eine Bank gezimmert war, an die sie sich noch aus ihrer Jugend erinnerte. Sie stellte den Wagen neben der Kirche ab und öffnete das überdachte Tor zum Kirchhof.
In der glücklicherweise nicht verschlossenen Kirche war es hell und luftig. Das interessanteste Detail war das riesige Taufbecken aus dem Mittelalter vorn im Kirchenschiff. An einer Seite war eine Figur eingemeißelt. Jude trat einen Schritt zurück, um sie besser sehen zu können. Sie zeigte einen Mann mit Bart und struppigem Haar, der eine keulenartige Waffe schwang. Ein Pappschild auf einer Tafel erläuterte, dass es sich um einen Wilden Mann handelte, der in den Wäldern zu Hause war und die nach Heidentum klingende Aufgabe hatte, böse Geister zu vertreiben. Das Taufbecken stand im ältesten Teil der Kirche, stellte Jude fest, als sie herumging. Das Chorgestühl mit seinen wunderschönen geschnitzten Verzierungen war laut einer weiteren Informationstafel fünfzehntes Jahrhundert, doch die meisten Gedenksteine an den Wänden stammten aus dem achtzehnten Jahrhundert und später. Jude interessierte sich für die Grabmale der Wickhams – einen viktorianischen Richter namens William und einen Richard Wickham, der im Burenkrieg an seinen Verwundungen gestorben war. Einen Anthony oder irgendjemanden namens Esther konnte sie nicht entdecken. Nachdem sie sich alles angesehen hatte, verließ sie die Kirche und zog die Tür fest hinter sich zu.
Der älteste Teil des Friedhofs wurde beherrscht von einer großen Grabstätte, die von einem Ring aus eisernen Grabkreuzen umgeben war. Auf einigen waren in verblasster Schrift ein paar Einzelheiten aus dem Leben verschiedener viktorianischer Wickhams zu lesen. Aus früheren Zeiten gab es hier nichts. Ohnehin fanden sich auf dem Friedhof nur wenige Grabsteine aus dem achtzehnten Jahrhundert. Sie fand keine Esther – noch nicht einmal Anthonys Mutter –, nur eine Stella, die Ehefrau eines Hugh oder Hugo irgendwas, die Daten waren zu schwach, um sie entziffern zu können, und eine Essie George, die 1850 gestorben war. Auf der anderen Seite der Kirche lagen die Gräber aus dem zwanzigsten Jahrhundert. Jude nahm an, dass sie hier ihre Urgroßeltern Bennett, den Jagdaufseher und seine Ehefrau, finden würde. Auf der anderen Seite des Friedhofs stutzte ein hemdsärmliger Mann die Hecke. Jude ging zu ihm hinüber, um ihn zu fragen. Auf ihren Gruß hin ließ er die Schere sinken und dachte einen Moment lang nach.
»Sie müssen irgendwo da drüben sein«, sagte er dann und zeigte mit seiner Heckenschere auf einen Bereich, wo Jude sich nicht besonders gründlich umgesehen hatte. »Mein Dad ist 1957 gestorben, und er liegt dahinten. Meine Ma auch, nachdem sie’s ohne ihn nicht mehr ausgehalten hat.« Er schlurfte an den Gräberreihen entlang, und die Heckenschere schwang gefährlich in seiner kräftigen Hand. Jude folgte in sicherem Abstand. Das Grab hatten sie schnell gefunden: »James und Rose Bennett«, lautete die Inschrift auf dem Stein. Darunter waren die Lebensdaten eingemeißelt. Am
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