Die Karte Des Himmels
oder? Du hattest recht, mich als verrückt zu bezeichnen, weil ich dachte, Mark wäre es. Dabei ist es so, wie Mum und ich damals vermutet haben. Komm schon, Claire. Jon ist Summers Vater, oder?«
Claire brummte vor sich hin und wandte sich ab.
Einen Moment später sagte sie: »Ja. Ja, das ist er. Und ja, du hast recht, ich werde es ihm wohl sagen müssen.«
»Es würde mich nicht wundern, wenn er es sowieso schon erraten hat. Schließlich sehen sie sich ziemlich ähnlich, und rechnen kann er auch, nehm ich mal an.«
»Großartig!«, sagte Claire düster. »Ab jetzt wird er uns überhaupt nicht mehr in Ruhe lassen.«
»Hast du gesehen, wie liebevoll er sie angeschaut hat?«, fragte Jude und konnte es nicht lassen, ein bisschen zu spotten. »Eine weitere Eroberung der Prinzessin Summer.«
»Also wirklich, Jude!«
»Deine Tochter ist einfach hinreißend.«
»Sie wird noch mehr Ärger bekommen als ich. So, und jetzt sage ich es ihm. Und ihr auch. Und dann?«
»Ich nehme an, dass er sie von Zeit zu Zeit sehen möchte.«
»Und sich einmischen. Genau das, wovor ich Angst hatte.«
»Ach, komm schon, Claire, was ist so schlimm daran, wenn er einbezogen wird? Summer bekommt einen Vater. Und einen wunderbaren noch dazu. Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, dass ich das sage, aber ich finde, dass er ein bisschen erwachsener geworden ist, seit er uns das letzte Mal mit seiner Anwesenheit beehrt hat.«
»Ja«, sagte Claire und versank einen Moment lang in Gedanken. »Das glaube ich auch«, seufzte sie dann. »Okay, ich erzähl es ihm. Aber bitte, Jude, sag noch niemandem was davon, auch nicht Gran oder Mum. Summer muss es als Erste erfahren, und dazu möchte ich mir so viel Zeit nehmen, wie ich brauche. Vielleicht sollte sie Jon erst ein bisschen kennenlernen. Es wird für uns alle nicht einfach werden.«
»Okay, das klingt sinnvoll.«
Eine halbe Stunde später, als Claire oben war, rief Euan auf Judes Handy an. Jude nahm das Telefon mit in den Garten. »Geht es Summer gut?«, fragte er als Erstes.
»Ja, es ist wirklich ein kleines Wunder, aber ihr fehlt nichts, Gott sei Dank.« Weil er offenbar noch keine Einzelheiten gehört hatte, berichtete sie ihm, dass ein alter Freund von Claire das Mädchen neben dem Zigeunerlager entdeckt hatte.
»Bist du wieder zu Hause? Wie geht es dir?«
»Mir geht’s gut. Gleich nachdem Summer gefunden war, haben sie mich gehen lassen. Im Polizeiwagen nach Hause, viele Entschuldigungen, Sir, solche Sachen.«
»Ich kann es gar nicht fassen, dass sie dich überhaupt festgenommen haben.«
»Das ist Routine, Jude. Zerbrich dir darüber nicht den Kopf.«
»Und dass du immer noch so freundlich bist.«
»Ach ...«, sagte er, »deine Schwester stand eben stark unter Stress.« Beide dachten an Claires anklagende Worte.
»Ich glaube nicht, dass sie es wirklich so gemeint hat. Sie hatte einfach aufgehört zu denken.«
»Ich weiß«, sagte er, »aber es hat wehgetan. Sehr sogar.«
»Euan, es ist vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt, aber was ist zwischen euch passiert? Ich meine, an dem Abend, an dem Summer verschwunden ist. Ich bin ins Wohnzimmer gekommen, und, tja, die Luft war zum Schneiden dick.«
»Ich denke, da musst du Claire fragen. Es wäre nicht sehr galant von mir ...«
Jude seufzte und schloss die Augen. »Das hab ich mir schon gedacht«, sagte sie, während eine köstliche Erleichterung in ihr aufstieg, die von einem Schuldgefühl begleitet war. Euan wechselte das Thema.
»Hat Summer gesagt, wohin sie gegangen ist?«
»Das wissen wir immer noch nicht so genau. Sie scheint sich gar nicht richtig zu erinnern. Jemand war im Turm eingesperrt, hat sie erzählt, und sie musste ihn herauslassen. Dann hätte ein Mädchen sich im Wald um sie gekümmert, sie hätten gespielt, und dann sei sie in der Nähe der Zigeunerwagen aufgewacht. Den Rest kennen wir. Klingt alles ziemlich außergewöhnlich, aber ... alles, was sie gesagt hat, ist in einen Traum verwoben, den ich in der Nacht geträumt habe, in der sie verschwunden ist. Nur dass ich es morgens vergessen hatte. Das heißt, den Traum. Es muss an einem Schock oder so gelegen haben. Tut mir leid, ich rede dummes Zeug. Es ist alles auf einmal passiert, und es ist so ... ach, verwirrend.«
Mit seiner geduldigen Art brachte Euan sie wieder auf den Boden zurück. »Mit anderen Worten, Summer denkt, dass sie die ganze Zeit über im Wald gewesen ist? Und sie hat nicht gehört, wie wir nach ihr gerufen haben?«
»Offenbar nicht.
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