Die Karte Des Himmels
sich sonst erklären?
Jude lag auf der Matratze und lauschte Summers sanften Atemzügen, bis die ersten Vögel zu singen anfingen und sie endlich wieder in Schlaf sank.
7. Kapitel
Als Jude am nächsten Morgen in die Auffahrt von Starbrough Hall einbog, bemerkte sie, dass sie einem Mercedes-Sportcoupé folgte, das im Sonnenlicht silbrig glitzerte. Sie parkte auf dem Vorplatz neben dem Wagen, aus dem an der Fahrerseite eine elegante blonde Frau ausstieg. Konnte das Alexia sein, Roberts Frau?, fragte sie sich, während sie ihr eigenes Auto abschloss, aber ein kurzer Blick in den Mercedes zeigte ihr, dass er innen tadellos aussah und dass es keine Kindersitze gab. Die Frau grüßte mit einem lässigen »Hi«. Sie plauderten kurz und einigten sich darauf, dass ein weiterer herrlicher Sommertag anbrach. Die Frau wusste offenbar nicht, dass der Vordereingang nicht benutzt wurde. Jude schlug ihr vor, ihr durch den Torbogen zu folgen, obwohl ihr der Weg selbst nicht vertraut war.
Jude kannte einen Großteil des Personals von »Christie’s« und »Sotheby’s«, und diese eisige Schönheit war ihr ganz bestimmt noch nie begegnet. Dennoch beschloss sie, sich sicherheitshalber zu erkundigen. »Bitte verzeihen Sie die Frage, aber Sie sind nicht zufällig wegen der Bibliothek hergekommen?« Jude war sehr erleichtert, als die Frau ziemlich verdutzt reagierte.
»Die Bibliothek? Wieso?« Weitere Erklärungen gab sie nicht ab, sodass Jude auch nicht nachhakte.
»Bitte vergessen Sie meine Frage. Es war nur so ein Gedanke.«
Jude klopfte an die hintere Tür. Als Robert öffnete, sprangen zwei Setter heraus und bellten wie verrückt. Jude streichelte die Hunde, aber die Frau wich ängstlich zurück, sodass Robert die Hunde ins Haus rief und in die Waschküche sperrte.
»Treten Sie ein, Ladys.« Etwas förmlich stellte er Jude die Frau als Marcia Vane vor und führte den Besuch in die Halle. Dort zeigte er Marcia einen Raum, der wie ein Büro aussah, und schlug Jude vor, in die Bibliothek zu gehen.
»Meine Mutter wartet da schon auf Sie«, sagte er. »Tut mir leid, aber ich bin mal wieder beschäftigt. Miss Vane hat vor einer halben Stunde angerufen und gefragt, ob sie vorbeikommen könne.«
»Das macht nichts«, erwiderte Jude, »ehrlich.« In der Bibliothek stellte sie erfreut fest, dass Chantal gerade Kaffee einschenkte. Sie hatte das Gefühl, dass sie nach ihrer durchwachten Nacht ganze Kannen voll Kaffee brauchte. Am Morgen hatte Claire ihre Tochter besorgt beobachtet, aber wie üblich hatte Summer fröhlich gewirkt und eifrig allerlei Zubehör für ihre Modepuppe in den rosafarbenen Rucksack gepackt, den sie mit zu ihrer Freundin nehmen wollte.
»Sie kommen genau richtig«, sagte Chantal herzlich. »Es tut mir leid, dass Sie wieder nur mit mir vorliebnehmen müssen.«
»Oh, das ist vollkommen in Ordnung«, sagte Jude. »Ich werde bei meiner Arbeit meistens mir selbst überlassen. Deshalb bin ich sehr froh, dass Sie sich so freundlich um mich kümmern.«
»Diese verdammte Frau! Neun Uhr am Samstagmorgen! Hat sie kein Privatleben?«
»Wie bitte?«
»Diese Marcia.«
»Wer ist sie?«
»John Farrells Anwältin. Der Mann, der das Waldgebiet gekauft hat.«
»John. Er heißt John?« Also eindeutig nicht Euan. Und was hatte Euan dann am Turm zu suchen? Vielleicht hatte er sich genauso unerlaubt auf dem Gelände herumgetrieben wie sie.
»Ja. John Farrell. Ein Geschäftsmann, wie uns gesagt wurde. Marcia Vane belästigt Robert mit endlosen Fragen über den Zutritt und die Jagdrechte. Ich frage mich, was sie heute schon wieder hier will. Sie hätten das alles klären müssen, als er das Land gekauft hat, aber sie ist nicht darauf eingegangen. Die Frau hat wirklich ein dickes Fell.«
»Dafür wird sie wohl bezahlt«, sagte Jude und dachte, dass die Formulierung »dickes Fell« wohl kaum zu einer so eleganten und auf Hochglanz polierten Person wie Marcia Vane passte.
»Das vermute ich.«
Jude hatte die Tür offenbar nicht richtig geschlossen, denn sie sprang plötzlich auf. Draußen auf dem Korridor konnten sie Stimmen hören – Roberts Stimme laut und aufgeregt, Marcias leise und bestimmt. Dann hörte man die Hunde bellen und wie eine Tür geknallt wurde. Kurz darauf drehten die Autoreifen auf dem Kies durch. Sie schauten zu, wie der Mercedes wendete und die Auffahrt hinunterraste.
Chantal zog die Brauen hoch und warf Jude einen Blick zu. »Nun, lange ist sie ja nicht geblieben.«
»Und besonders glücklich hat sie auch
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