Die Karte Des Himmels
Jude so kühl wie möglich. Er hatte sich überhaupt nicht gemeldet seit ... Donnerstag, nahm sie an. Allerdings hatte sie ihn auch nicht angerufen. Und was sagte das über sie beide aus?
»Wie waren die Sternenbücher?«
»Auf jeden Fall die Reise wert.« Ihr Blick fiel auf die Observationstagebücher, die den Tag im verschlossenen Kofferraum gelegen hatten. Das war ein bisschen riskant gewesen, obwohl niemand sie hatte sehen können.
»Gut ... gut ... Und deine Schwester und alle ...? Hey ... du wirst kaum glauben, wen wir in dem Restaurant gesehen haben. Johnny Depp!«
»Nein!« Jude vergaß ihre Frostigkeit.
»Doch. Mit seiner Frau und ein paar anderen Leuten.«
»Wirklich? Und wie ist er im richtigen Leben?«
»Ziemlich normal, würde ich sagen. Nichts, was ein maßgeschneiderter Anzug nicht richten könnte.«
»Oh, Caspar! Du bist nur neidisch. Hast du mit ihm gesprochen?«
»Wofür hältst du mich? Hab ich natürlich nicht.« Nein, Caspar hatte einen zu ausgeprägten Sinn für Privatsphäre, um eine Abfuhr zu riskieren. »Sie müssen das hassen, die Stars. Leute, die ankommen und sie behandeln wie öffentliches Eigentum.«
»Na ja, schließlich verdanken sie der Öffentlichkeit ihren Erfolg.«
»Das stimmt wohl. Aber jetzt zu nächster Woche. Die Ferien. Jude, ich muss dich dringend was fragen. Wärst du mir böse, wenn ich erst am Dienstag in der Villa auftauche?«
»Wie bitte? Ich soll allein da runterfahren? Oh, Caspar!« Jude war wirklich entsetzt. »Warum?«
»Die Sache hier«, erwiderte er geheimnisvoll. »Nach dem, was die Leute heute Abend gesagt haben, brauchen sie uns, um sofort mit ihrer Kampagne in England zu starten. Ich denke, dass ich Dienstagmittag damit fertig bin. Schau mal, du müsstest ja gar nicht da runterfahren. Ich könnte die Fähre canceln, du könntest nach Bordeaux fliegen, und Luke könnte dich abholen. Ich würde das bezahlen.«
Jude fühlte sich mit einem Mal unendlich müde. »Caspar, nein. Das ist nicht fair.« Es war ihr Haupturlaub in diesem Jahr. Außerdem war sie sich bei der ganzen Sache sowieso nicht sicher gewesen. Und nun war er dabei, alles zu verderben. Mit einem Mal wurde sie ziemlich wütend. »Ohne dich ist es nicht dasselbe. Ich kenne deine Freunde kaum, und sie kennen mich nicht. Ich wollte nur mitkommen, weil du dabei bist.«
»Aber ich komme doch nach. Nur ein paar Tage später. Du wirst deinen Spaß haben. Die anderen sind echt entspannt, glaub mir. Ich rufe Luke und Marney an, sobald wir unser Gespräch beendet haben. Wir bringen das wieder in Ordnung.«
»Nein, wir bringen nichts in Ordnung, wie du es nennst, Caspar. Du schubst mich herum.«
»Du bist böse, stimmt’s? Bitte sei nicht böse.«
»Überrascht dich das? Erst rufst du mich tagelang nicht an, und dann erklärst du mir, dass dir deine Arbeit wichtiger ist als unser Urlaub. Was soll ich davon halten?«
Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. Dann hörte man Eiswürfel in Flüssigkeit platschen. Caspar gönnte sich einen Schluck. »Es tut mir wirklich total leid«, sagte er dann betont demütig. »Ich glaube, ich war so in die Arbeit versunken, dass ich fast schon high bin. Das Problem ist nur, dass ich den Leuten versprochen habe, wir würden uns darum kümmern. Jack ist schon ganz aufgeregt. Ich kann ihn nicht hängen lassen. Kannst du nicht noch mal drüber nachdenken?«
»Gut, ich denk drüber nach«, sagte Jude wie benommen. Im Moment war sie zu erschöpft und aufgeregt zugleich, um einen klaren Gedanken fassen zu können. »Können wir morgen reden?«
»Natürlich, natürlich. Ich bin immer wieder mal im Meeting, aber früher oder später werden wir einander schon erwischen.«
Früher oder später werden wir einander schon erwischen. Wie vorüberfliegende Kometen oder Schiffe in der Nacht. Was führen wir eigentlich für eine Beziehung?, fragte sich Jude, als sie in der Nacht wach lag, zu müde und zu zittrig, um zu schlafen. Caspar und sie brauchten einander doch gar nicht. Nach drei oder vier Monaten Beziehung konnte sie noch immer nicht behaupten, ihn wirklich gut zu kennen. Natürlich hatte sie ihm von Mark erzählt, und er war sehr mitfühlend gewesen, schockiert darüber, dass jemand so jung und lebenssprühend hatte sterben müssen. Aber nie waren ihre Gespräche bis zu einer tieferen Ebene vorgedrungen. Er hatte sie nicht dazu ermutigt, und sie wollte nicht, dass er sich langweilte oder ausflippte, weil sie ständig darüber sprach. Eigentlich ein
Weitere Kostenlose Bücher