Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kastratin

Die Kastratin

Titel: Die Kastratin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
übrigen Raum getrenntes Waschkabinett die Möblierung. Die Wände waren mit Bildern der christlichen Mythologie bemalt und verrieten, dass der Raum normalerweise Kirchenmännern als Unterkunft diente.
    Der Lakai wies auf eine schmale Tür an der linken Wand. »Dort befindet sich die Kammer für Eure Dienstboten. Ich habe gehört, Euer Diener ist krank. Ich hoffe, es ist nicht ansteckend, denn sonst muss er die Hofburg verlassen und in ein Hospiz gebracht werden.«
    Giulia beschloss, den unverschämten Ton des Mannes zu ignorieren und freundlich zu bleiben. »Es ist keine Seuche. Beppo hat sich schwer erkältet und ist in ärztlicher Behandlung. Er wird den Weg hierher jedoch nicht zu Fuß zurücklegen können.«
    »Die beiden Knechte werden sich um ihn kümmern.« Die Stimme des Bediensteten wurde um keinen Deut höflicher.
    Giulia schloss daraus, dass Falkenstein ihre Umquartierung nicht gerade aus freien Stücken beschlossen und seine Wut darüber an seinem Untergebenen ausgelassen hatte. Da der Mann auch nur ein Opfer der schlechten Laune seines Herrn war, nahm sie ein Zweitalerstück aus der Tasche und steckte es ihm zu. Die beiden Knechte erhielten je eine Dreikreuzermünze als Trinkgeld.
    Die Mienen der Knechte hellten sich sofort auf, während der Lakai nicht so recht wusste, ob er jetzt dankbar sein oder weiterhin mürrisch bleiben sollte. Er entschied sich für eine denkbar knappe Verbeugung und zog sich zurück. Giulia bat die Knechte, Beppo in das neue Quartier zu tragen. Nach einem kurzen Blick in die Dienstbotenkammer, die nur durch den Kamin im großen Gemach etwas Wärme abbekam, beschloss sie, dem Kranken ihr eigenes Zimmer zu überlassen. Wenn das Kaminfeuer den Raum erwärmte, wurde Beppo vielleicht doch bald wieder gesund.
    Als die Knechte mit dem Kranken zurückkehrten, folgte ihnen eine völlig aufgelöste Assumpta. Die Dienerin bombardierte die beiden Männer mit einem Schwall italienischer Ausdrücke und Flüche, die sie zum Glück nicht verstanden. Anscheinend glaubte sie, man würde ihren Mann wegen seiner Krankheit aus der Hofburg weisen. Als sie Giulia entdeckte, eilte sie händeringend auf sie zu. »Was geschieht mit Beppo? Du darfst nicht zulassen, dass sie ihn auf die Straße werfen.«
    Giulia schalt sich wegen ihrer Unachtsamkeit. Da Assumpta noch immer kein Wort Deutsch verstand, wäre sie besser mitgegangen, um ihr zu erklären, was geschah. »Hab keine Angst, es ist alles gut. Wir haben endlich ein besseres Quartier zugewiesen bekommen.«
    Assumptas Miene hellte sich sofort auf. »Das war aber auch nötig. Das Loch, in dem wir hausen mussten, ist dem Palazzo eines hohen Herrn wie dem Imperatore Massimiliano unwürdig.« Damit glaubte sie, alles gesagt zu haben, und wollte Beppo in die Dienstbotenkammer tragen lassen.
    Giulia fiel ihr in den Arm. »Nein, meine Gute. Ich schlafe nebenan. Dieses Zimmer ist für dich und Beppo. Ich sage den Knechten nur noch, dass sie den Kamin kräftig anheizen sollen.« Da zwei blanke Taler ihre Bitte unterstützten, zeigten sich die Knechte diensteifrig, und bald brannte ein lustiges Feuer im Kamin. Assumpta strahlte auf. »Hier in diesem warmen Zimmer wird es Beppo bald wieder besser gehen.«
    Während sie es Beppo bequem machte, wärmte Giulia sich die klammen Hände am Kaminfeuer. Kurz darauf musste sie sich von ihrer angenehmen Beschäftigung losreißen, denn einer der beiden Knechte, die ihnen beim Umzug geholfen hatten, brachte den Arzt herein. Wenn sich Filibert Scharrnagl über die neuen Zimmer wunderte, zeigte er es nicht. Er grüßte höflich und trat dann sofort ans Bett, um den Kranken zu versorgen.
    Giulia gab dem hilfreichen Knecht eine weitere Münze und musste sich dann Assumpta widmen, die von ihr jedes Wort, das der Arzt sprach, übersetzt haben wollte. »Sag dem Dottore, dass Beppo hier im Warmen bald wieder gesund werden muss«, verlangte sie.
    Als Giulia dem Arzt die Bemerkung übersetzte, wiegte dieser den Kopf. »Ich hoffe es auch. Die Lunge des Kranken ist noch nicht zu stark angegriffen. Wenn er keinen Rückfall bekommt und die Muttergottes ihm hilft, wird er Wien gesund und munter verlassen können. Aber er muss unbedingt noch im Bett bleiben und braucht leichte, aber kräftige Kost.«
    Assumpta zupfte Giulia am Ärmel. »Was hat er gesagt?«
    »Wir sollen Beppo gutes Essen besorgen und zur Heiligen Jungfrau beten. Weißt du was, ich gebe dir Geld. Damit kannst du zum Stephansdom gehen, es dort in den Opferstock legen und

Weitere Kostenlose Bücher