Die Kastratin
Frau abzusagen.
VIII .
A m nächsten Morgen hatte Beppos Zustand sich unerwartet verschlechtert. Er rang so nach Luft, dass Assumpta überzeugt war, er müsse jeden Moment ersticken. Da ihm auch Filibert Scharrnagls Säfte und Tinkturen nicht mehr zu helfen schienen, drang sie darauf, dass Giulia einen anderen Arzt herbeiholen ließ. Einer der Lakaien holte den hochgelehrten Doktor Finkenbein herbei, der ein Freund des Leibarztes seiner Majestät sein sollte. Der Arzt sah den Kranken jedoch nur flüchtig an, hielt sich ein mit aromatischem Harz getränktes Tuch vor die Nase und murmelte sinnlose, lateinisch klingende Worte vor sich hin.
Auf Giulias scharfe Frage, ob er eine Medizin gegen diese Krankheit wüsste, setzte er eine besorgte Miene auf und wiegte bedenklich den Kopf. »Der Mann ist mit einem höchst ansteckenden Fieber geschlagen, gegen das es keine Hilfe mehr gibt. Ihr werdet ihn auf der Stelle in das Hospiz der barmherzigen Brüder schaffen müssen, die für seine Seele beten und ihm den Weg zu Gott erleichtern werden.«
Giulia lachte hart auf. »Wenn mein Diener an einem ansteckenden Fieber leiden würde, lägen Assumpta und ich längst neben ihm. Laut Doktor Scharrnagl hat sich Beppo eine Entzündung der Atemwege zugezogen, aus der jetzt wohl doch eine Lungenentzündung geworden ist, wie er es schon befürchtet hat. Was Euch betrifft, so verzichte ich dankend auf Eure Dienste.«
Der Arzt starrte sie empört an. »Scharrnagl habt Ihr konsultiert? Ja, da ist es kein Wunder, dass Euer Diener sterbenskrank geworden ist. Der Kerl ist ein Scharlatan, sonst nichts. Er hat an keiner der großen Universitäten studiert, sondern geht mit Wissen hausieren, dass er von gottlosen Heiden und halbverrückten Kräuterweibern erworben hat. Hättet Ihr mich sofort gerufen, wäre der Mann hier jetzt schon wieder gesund.«
»Das bezweifle ich.« Giulia machte keinen Hehl daraus, wen sie für einen Scharlatan hielt. Trotzdem zahlte sie dem Arzt die Summe, die er für seinen Besuch forderte, obwohl sie viermal so hoch war wie jene, die Scharrnagl für sein Kommen verlangte. Selbst Assumpta war froh, als der aufgeblasene Kerl wieder verschwunden war. »Es geht zu Ende, nicht wahr?« Beppo konnte die Worte kaum zwischen seinen pfeifenden Atemzügen hervorpressen. Assumpta jammerte sofort herzerweichend, Giulia aber schüttelte vehement den Kopf. »Red keinen Unsinn. Natürlich kommst du wieder auf die Beine. Dr. Scharrnagl hat uns doch gesagt, es könne noch einmal zu einem kleinen Rückschlag kommen, der aber nicht lange dauern wird. Du nimmst jetzt weiter deine Medizin und lässt dir von Assumpta Kräuterbrustwickel machen, dann bist du in ein, zwei Wochen wieder auf den Beinen.«
Über das abgezehrte Gesicht des Kranken huschte ein Lächeln. »Wenn ich sterbe, ist es Gottes Wille, mein Kind.«
»Red nicht so viel«, schalt Assumpta ihren Mann. »Sonst machst du es nur noch schlimmer.«
»Ich gehe zu Scharrnagl und frage, ob er noch ein Mittel hat, das Beppo helfen kann.« Giulia nickte dem alten Dienerpaar zu und verließ beinahe fluchtartig den Raum. Zu ihrem Glück war der Arzt zu Hause. Er konnte ihr jedoch nur einen Extrakt aus Mohnsamen mitgeben, der, wie er sagte, Schmerzen betäubte und den Kranken schlafen ließ. »Gebt ihm jedoch nicht zu viel, sonst wacht er nicht mehr auf«, rief er Giulia beim Abschied hinterher. Diese nickte und verließ mit wässrigen Augen das Haus in der Stiegengasse. Mit noch schwererem Herzen kehrte sie in die Hofburg zurück.
Dort schwirrten inzwischen die Gänge und Treppenhäuser von widersprüchlichen, aber durchaus positiven Gerüchten. Ein Kurier des Kaisers hatte der Kaiserin Nachrichten aus dem Feldlager gebracht, die die Hofdamen nun eifrig verbreiteten. Es hieß, die türkischen Truppen hätten sich aus dem Grenzgebiet zurückgezogen, und der von ihnen angerichtete Schaden wäre zwar groß, könne aber verschmerzt werden. Allerdings bedauerten die meisten Höflinge, dass Maximilian II . darauf verzichtete, seinerseits einen Schlag gegen die Ungläubigen zu führen, eine Entscheidung, die dem Vernehmen nach auch bei seinen engsten Beratern nicht auf Gegenliebe stieß. Der Kaiser hatte seiner Gemahlin mitteilen lassen, dass er nur noch die Verhandlungen mit dem türkischen Pascha einleiten wolle, um den Rückkauf der Gefangenen zu ermöglichen, und danach so rasch wie möglich nach Wien zurückkehren würde.
Maria von Spanien war so erleichtert, dass sie eine Messe
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