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Die Kastratin

Die Kastratin

Titel: Die Kastratin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Keller und Scheuern zu leeren.
    Plötzlich wurde die Tür von Giulias Kammer aufgerissen, und ein Dienstmädchen rauschte hinein. Sie trug mehrere Laken bei sich und begann das Bett zu beziehen, ohne Giulia mehr als einen flüchtigen Blick zu gönnen.
    Giulia ärgerte sich allmählich über die Behandlung, die man ihnen hier angedeihen ließ. Es war fast, als sähen von der Mamsell angefangen alle Bediensteten sie und ihre Begleiter als Eindringlinge an. »He du! Ich bin es gewöhnt, dass die Leute anklopfen, bevor sie mein Zimmer betreten.«
    Als die andere nur mit den Achseln zuckte, fuhr sie größeres Geschütz auf. »Solltest du oder jemand anderes noch einmal so hereinplatzen wie eben, werde ich mich bei Ihrer Erlaucht über Euch beschweren.«
    Diesmal saß der Hieb. Das Mädchen kniff die Lippen zusammen und senkte den Kopf. Da Giulia ihren Aufenthalt jedoch nicht mit der Feindschaft der Bediensteten beginnen wollte, nahm sie einen Soldo aus ihrer Börse und reichte ihn der anderen. Diese starrte darauf, ohne das Friedensangebot zu begreifen. »Dies ist zum Dank, dass du mein Bett gemacht hast«, erklärte Giulia ihr und hoffte, in Zukunft nicht jeden Tag eine Münze dafür aufwenden zu müssen.
    Die Dienstmagd steckte das Geld weg und blickte sie eigenartig von der Seite an. »Seid Ihr wirklich ein Kastrat? Ihr seht eigentlich wie ein richtiger Mensch aus.«
    »Warum sollen Kastraten keine richtigen Menschen sein?«, antwortete Giulia, ohne auf die Frage des Mädchens einzugehen. »Na ja, es heißt, wenn man ihnen unten das wegschneidet, werden sie fett und hässlich und sehr eigenartig«, erzählte die Magd mit ländlicher Offenheit.
    Um Giulias Lippen spielte ein amüsiertes Lächeln. »Nun, ich hoffe, dass ich dir weder fett noch hässlich noch eigenartig vorkomme.«
    »Nein, ganz gewiss nicht. Ihr seid sogar recht hübsch. Wärt Ihr ein Bursch, könnte ich mich in Euch verlieben«, plapperte das Mädchen weiter. »Wie heißt du denn?«
    »Marisa, aber alle sagen Risa zu mir.«
    »Also dann, Risa. Ich hoffe, dass wir gut miteinander auskommen werden.« Giulia reichte der anderen die Hand. Diese nahm sie mit einem nervösen Kichern, wurde dann aber kühner und strich kurz mit den Fingerkuppen der linken Hand über Giulias Wange. »Ihr habt tatsächlich keinen Bartwuchs. Euer Gesicht ist so glatt wie das eines Mädchens.«
    »Schließlich bin ich kein Mann.« Giulia hatte sich während ihres Aufenthalts in Mantua angewöhnt, möglichst ausweichende Aussagen von sich zu geben, um nicht zu der ihr von ihrem Vater aufgezwungenen Täuschung auch noch die Sünde der Lüge begehen. Die Magd war jedoch damit zufrieden und erklärte, dass sie sich sputen müsse, um das Zimmer der Herrin noch rechtzeitig fertig zu machen.
    Giulia trat ein wenig beiseite und ließ sie arbeiten. Kurz darauf war die Magd fertig und verließ mit einem zwar etwas ungelenken, aber durchaus ehrerbietigen Knicks den Raum. Es ist eigenartig, was eine kleine Münze und einige freundliche Worte bei den Menschen ausrichten können, fuhr es Giulia durch den Kopf. Ihr war jedoch bewusst, dass es ihr bei der Mamsell weitaus schwerer fallen würde, diese für sich zu gewinnen.

V .
    D ie Ankunft der Gräfinwitwe verzögerte sich, und es war bereits Nacht geworden, als ihre Kutsche in den Burghof einfuhr. Bedienstete eilten mit Laternen herbei, um ihr zu leuchten. Es schien Probleme zu geben, denn Giulia sah von ihrem Fenster aus, wie zwei kräftige Burschen die Dame vorsichtig aus dem Wagen hoben und ins Haus trugen.
    Einen Augenblick lang ärgerte Giulia sich über die Hingabe, welche das Personal seiner Herrin zukommen ließ. Sie selbst schien man vollkommen vergessen zu haben. Niemand hatte sie zu Tisch gerufen oder ihr ein Abendessen gebracht. Fast hatte es den Anschein, als betrachteten die Bediensteten sie und ihren Vater als unwillkommene Gäste, die man schleunigst wieder loswerden wollte.
    Giulia atmete tief durch, um ihre Ruhe nicht zu verlieren. Da hätten wir ja auch gleich in Mantua bleiben können, dachte sie seufzend. Gleichzeitig wusste sie nur allzu gut, dass ein längeres Verweilen in der Stadt unmöglich gewesen wäre. Dafür hatten die Antriebslosigkeit ihres Vaters und Sebaldis geschickte Intrigen gesorgt.
    Gerade als Giulia sich aufmachen wollte, um die Küche zu suchen und dort etwas zu essen zu erbetteln, sprang die Tür auf und Risa stürzte herein. Als sie Giulias strafenden Blick sah, schlug sie sich mit der Hand auf den

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