Die Kastratin
Bronzebeschlägen und schlug den Türklopfer dreimal fest an.
Die Tür wurde einen Spalt breit geöffnet. Eine ältliche Frau musterte ihn argwöhnisch und steckte dann ihren Kopf heraus. »Was wollt Ihr?«
»Mein Name ist Girolamo Casamonte«, stellte Giulias Vater sich mit so stolzer Miene vor, als müsse ganz Modena ihn kennen. »Ich habe erfahren, dass die Dame Cotturi ein vornehmes Haus führt und schöne Nichten ihr Eigen nennt. Da ich diesen Sommer in Modena zu verbringen gedenke, kam ich her, um mich mit eigenen Augen davon zu überzeugen.« Bei diesen Worten zauberte er einen Scudo aus seinem Wams und reichte ihn nach innen.
Die Türsteherin zögerte einen Moment. Das Geldstück verlockte sie, den Fremden einzulassen. Er trug ein prachtvolles Gewand nach neuester Mode, schien also ein Herr von Stand zu sein. Eigentlich hätte sie zuerst ihre Herrin fragen müssen, bevor sie ihn einließ. Aber einen so großzügigen Herrn wie diesen wollte sie nicht verdrießen, indem sie ihn draußen auf der Straße warten ließ. »Kommt herein«, forderte sie Fassi-Casamonte daher auf. »Ich werde Euch der Signora Cotturi vorstellen.«
Giulias Vater folgte der Einladung mit einem so erwartungsvollen Lächeln, als hätten sich die Tore des Paradieses vor ihm geöffnet. Schon als er den Vorraum betrat, kam er aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der Boden war mit einem kostbaren Teppich belegt, als gäbe es keinen Schmutz, den man von der Straße hineintrug. Die Wände des nicht gerade kleinen, rechteckigen Raumes waren mit vergoldeten Stuckornamenten verziert, zwischen denen Gemälde im Stile Botticellis hingen, die alle junge, schöne und vor allem kaum bekleidete Frauen zeigten.
Casamonte bewunderte eine mit nichts als ihrem Haar bekleidete Venus und spürte, wie sich seine Lenden vor freudiger Erregung spannten. Die Torwächterin schloss hinter ihm ab und führte ihn durch eine Tür, die von zwei lebensgroßen Frauenstatuen flankiert wurden, die ebenfalls nicht mehr Kleidung trugen als die Venus auf dem Bild. An den Wänden des Korridors, der sich an den Vorraum anschloss, konnte er weitere Bilder schöner Frauen mit blankem Busen und mit nicht mehr als einem Feigenblatt vor der Scham bewundern.
Die Räumlichkeiten hier wirkten weitaus gediegener als die der Kurtisanen, welche er in Mantua aufgesucht hatte. Für einen Augenblick empfand er ein gewisses Unbehagen und fragte sich, ob es wirklich richtig gewesen war, in dieses Etablissement zu kommen. Da erreichten sie einen Raum, bei dem noch größerer Aufwand getrieben worden war. Die Wände schimmerten in weichen Grüntönen und umschmeichelten mehrere große Gemälde mit schönen Frauen, die ebenso elegant wie verlockend wirkten. Auf der anderen Seite des Raumes stand ein großer, schwerer Tisch mit gedrechselten Füßen, um den mehrere gepolsterte Stühle standen. Drei junge Männer in der Kleidung von Edelleuten lümmelten sich dort in wenig vornehmer Haltung und genossen die Gesellschaft von vier Frauen, deren Aussehen durchaus mit den Schönheiten auf den Gemälden konkurrieren konnte. An einer Statue, die diesmal keine Frau, sondern einen nackten Jüngling darstellte, lehnte ein Mädchen von vielleicht sechzehn, siebzehn Jahren und sang ein zweideutiges Lied, zu dem eine ältere Frau die Laute schlug.
Als das Mädchen geendet hatte, klatschten die Männer am Tisch Beifall, in den Casamonte begeistert einfiel. Er konnte die Augen nicht von dem schönen Kind abwenden und nahm daher nicht wahr, dass sich eine ältere Matrone aus dem Hintergrund löste und auf ihn zukam. »Guten Tag. Ich bin Olimpia Cotturi, die Herrin dieses Hauses. Dürfte ich erfahren, mit wem ich die Ehre habe?«
»Mein Name lautet Girolamo Casamonte«, erklärte ihr Giulias Vater mit einer übertrieben tiefen Verbeugung. »Ich bin neu in Modena und suche hier einen Ort, an dem ein Mann von Welt sich den Freuden der Venus hingeben kann.«
Olimpia Cotturi war erfahrener als ihre Türsteherin und schätzte Giulias Vater sofort als einen zu Geld gekommenen Provinzler ein. Da sie jedoch mehr über ihn erfahren wollte, befahl sie einer Dienerin, ihm ein Glas Wein zu bringen. »Ich danke Euch«, erwiderte Casamonte, während er die vier jungen Frauen am Tisch schier mit den Augen verschlang. Sie trugen Gewänder aus einem so durchsichtigen Stoff, dass die farbigen Unterröcke hindurchschimmerten. Zwei waren so tief dekolletiert, dass man den oberen Teil der Warzenhöfe erkennen konnte. Die Dritte
Weitere Kostenlose Bücher