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Die Katastrophe

Die Katastrophe

Titel: Die Katastrophe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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dort oben erwartet?« Chris zog die Augenbraue in die Höhe und deutete auf die Felswand.
    »Na klar, wäre ich sonst hier?«
    »Im Grunde ist es mir egal, wo sie ist, wenn sie uns hier nicht einfach sitzen lässt«, knurrte Chris. »Zuzutrauen wäre es ihr. Die schert sich doch einen Scheiß um uns.«
    »Ach ja?«, erwiderte Katie gereizt. »Und du bist hier, weil du im Notfall dein Leben für uns alle aufs Spiel setzen würdest?«
    »Keine Sorge, so weit würde ich nicht gehen.« Er grinste. »Jedenfalls nicht für dich!«
    »Genau – du willst nämlich nur eines – ein geiles Wochenende erleben.«
    »Ach, hört doch auf, euch zu streiten«, mischte sich David ein.
    »Und du hör auf mit deinen heiligen Versuchen, Harmonie zu stiften. Wir alle, David, sind Egoisten. Auch du! Es wird Zeit, dass du das zugibst.« Katie wusste selbst nicht, woher ihre Aggressivität kam. Vermutlich war die Sonne schuld, vielleicht war etwas in ihren Strahlen enthalten, das die Menschheit noch nicht erforscht hatte, etwas, das sie alle und vor allem sie selbst angriffslustig machte.
    Sie sprang auf. »Ich sehe nach Ana«, erklärte sie. »Ihr könnt euch inzwischen wieder beruhigen.«
    Julia lachte leise. »Wer muss sich denn hier beruhigen, Katie?«, fragte sie sanft.
    Ohne etwas zu erwidern, wandte Katie sich nach rechts und zwängte sich durch das Gebüsch.
    Wacholderbüsche, auch hier. Wenigstens lenkte der Geruch vom fauligen Gestank des Sumpfes hinter ihr ab.
    Warum hatte sie die anderen überhaupt gefragt, ob sie mitgehen wollten? War sie wirklich auf sie angewiesen? Warum hatte sie auf Ana gehört?
    Das weißt du genau, Katie. Weil Ana sonst nicht die Führung übernommen hätte.
    Katie schob einen Zweig zur Seite und genauso unvermittelt, wie Büsche und Sträucher ihr im Weg gestanden hatten, ließ der Bewuchs nach. Sie fand sich vor der Wand wieder. Doch statt in einem Neunziggradwinkel in die Höhe zu ragen wie weiter vorn, entdeckte Katie hier einen Vorsprung, der glatt und schimmernd aus dem Felsen herausragte.
    Sie versuchte gerade, die Höhe und Breite des Vorsprungs abzuschätzen, als sie von einem Geräusch aufgeschreckt wurde, das aus dem Berg kam.
    Schwachsinn!
    Doch da war es wieder.
    Etwas hallte hinter der Wand, fast als sei sie hohl.
    Schritte?
    Ja, klar, Katie!
    Kopfschüttelnd ging sie weiter. Aber das Geräusch verfolgte sie. Es war direkt neben ihr. Ein Echo?
    Sie stoppte und warf einen Blick zurück. Dann starrte sie irritiert die Felswand an. Der Vorsprung war genauso beschaffen wie die Wand selbst. Kein Spalt, kein Loch. Jeder noch so winzige Riss war geglättet, fast als wäre der Stein angeklebt.
    Etwas Ähnliches hatte Katie nur einmal gesehen, und zwar in der Bretagne. Dort hatte die Urgewalt des Atlantischen Ozeans die Klippen so abgeschliffen, dass sie ihr völlig glatt und makellos erschienen. Aber das hier war ein Hochgebirge. Konnten Regen und Wind ähnliche Arbeit leisten wie Wind und Wellen?
    Katies Hände legten sich auf den Felsen, doch sie zog sie sofort wieder zurück.
    Verdammt, sie hatte Benjamins Warnung vergessen. Man konnte sich tatsächlich an den Steinen die Finger verbrennen.
    Katie verstand nicht viel von Architektur, aber sie kannte die Felswände um das College ziemlich gut. Sie war zwar noch nicht alle hochgeklettert, aber sie besaß Unmengen von Fotos. Hatte sie immer und immer wieder angeschaut. Und dieser Felsvorsprung erschien ihr nicht nur unnatürlich – er war es auch.
    Sie hatte es im ersten Moment lediglich nicht wahrgenommen, weil er von Wacholderbüschen und mickrigen Kiefer-bäumen zugewuchert war.
    Katie kämpfte sich noch einmal durch das Gebüsch, bis sie den Abschnitt der Wand aus größerer Distanz betrachten konnte.
    Der Vorsprung mochte um die vier Meter lang sein und er ragte etwa zwei Meter aus dem Felsen hervor. Ihr Verstand sagte ihr, dass es nicht sein konnte. Aber trotzdem sah sie es: einen halbrunden Pfeiler, der, wie auf dem Reißbrett entworfen, in die Luft ragte und kein Ende zu nehmen schien.
    Ach was, Katie. Eine Laune der Natur. Mehr nicht.
    Nein, so einfach war es nicht. Solche Pfeiler gab es in Kirchen oder Museen.
    War das möglich?
    Konnte es wirklich sein, dass Menschen einen Pfeiler von diesen Ausmaßen aus dem Berg herausgehauen hatten?
    Katie tauchte wieder in die Büsche ein und schritt dann den Vorsprung bis zum Ende ab, wo sie stoppte. Wenigstens war jetzt alles ruhig. Keine Geräusche mehr, die aus dem Berg drangen. Dafür fiel ihr

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