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Die Kathedrale der Ketzerin

Die Kathedrale der Ketzerin

Titel: Die Kathedrale der Ketzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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sehr sich der Sprecher selbst
wünschte, nach Wochen in dieser trostlosen Runde intrigierender Herren wieder
zu einem Instrument zu greifen, »… freundliche Worte mit ihr wechselt, sich an
ihrer Tafel den ohnehin schon viel zu fetten Wanst vollschlägt und es lauthals
bedauert, wieder ins triste Thouars zurückzumüssen, um freudlosen Baronen
Bericht zu erstatten.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Mauclerc betroffen. »Außerdem würde
Heinrich von Bar das nicht mitmachen.«
    »Heinrich!«, krächzte Richard von Cornwall. »Der war doch sein
Leben lang nur darauf aus, unserem Haus Schaden zuzufügen.«
    Es entstand ein ungemütliches Schweigen. Richards Haus war
schließlich England. Gegen das viele der Anwesenden im Laufe ihres Lebens
mehrfach gekämpft hatten.
    Clara wünschte, sie hätte das Loch größer gebohrt, um auch noch die
Gesichter erkennen zu können.
    »Jedenfalls«, meldete sich wieder Mauclerc zu Wort, »hat der Graf
von Champagne noch nichts Nützliches geliefert, das muss ich zugeben.«
    »Er hat nicht nur nichts Nützliches geliefert«, fuhr Richard auf,
»sondern er wird uns alle ausliefern. Wir haben den Bock zum Gärtner gemacht.
Die Böcke. Denn Heinrich von Bar wird uns auch in den Rücken fallen. Meine
Herren, es bleibt uns nichts anderes übrig, wir müssen diese Verräter leider
beseitigen.«
    Clara hörte genau zu, wie dies vor sich gehen sollte. Später
kleidete sie sich gänzlich an, packte ihre wenigen Habseligkeiten in einen
Hanfsack, wartete, bis die Burg zur Ruhe gekommen war, und schlich zum Stall
hinunter.
    Theobald und Heinrich wurden gegen die Mittagszeit zurückerwartet
und sollten vor ihrem Eintreffen in Thouars auf halber Strecke einem
bedauerlichen Raubüberfall zum Opfer fallen.
    Clara klopfte das Herz bis zum Hals, als sie an den schlafenden
Knechten im Pferdestall vorbeieilte, die Stute, auf der sie hergeritten war,
ergriff, ihr die Nüstern zuhielt und mit ihr auf den Hof schlich. Endlich
einmal würde sie Theobalds Leben retten und ihre Schuld ihm gegenüber ein wenig abtragen
können!
    Diese Aussicht beflügelte sie derart, dass sie beinahe zu singen
begonnen hätte, als sie sich auf das Pferd schwang, das weniger Schwierigkeiten
als sie hatte, im Dunkel den Weg zu finden, jenen Weg, den die Meuchelmörder
nach Tagesanbruch einschlagen sollten.
    An einer Wegbiegung bei Curcay blieb sie stehen und genoss den
blutroten Sonnenaufgang, der das Tal der Dive in ein warmes Licht tauchte.
Vögel zwitscherten. Die Natur begann zu erwachen.
    Wenn ich jetzt zwei Leben rette, fragte sie sich, wiegt das zwei
Leben auf, an deren Ende ich schuld bin? Sogleich schalt sie sich eine
Sünderin, welch ein Frevel, zwei Leben gegeneinander aufzuwiegen! Auge um
Auge, Zahn um Zahn stand im Alten Testament, dem Buch des Teufels, eine böse
Aufforderung, die der Gewalt das Wort redete, dem Krieg und der Vernichtung des
Lebens.
    Sie entdeckte Theobald und
Heinrich, bevor diese ihrer gewahr wurden. Winkend galoppierte sie auf
die beiden Männer zu.
    Theobald zügelte sein Ross.
    »Was ist los?«, rief er Clara zur Begrüßung zu. »Haben dich die
Barone belästigt? Muss ich etwa wieder dein Leben retten?«
    »Nein«, rief sie atemlos, als sie an seine Seite ritt. »Diesmal ist
es umgekehrt.«
    Sie war völlig außer Atem geraten und holte erst einmal tief Luft.
    Wie schön und wild sie ist!, schoss es Theobald durch den Kopf,
sie hätte ich heiraten sollen, nicht Agnes, diese langweilige, törichte Frau!
Er hätte ihr am liebsten die schwarzen Haarsträhnen zurückgestrichen, die sich
unter dem dunklen Tuch gelöst hatten, ihr jetzt ins vom raschen Ritt gerötete
Gesicht flogen und die leicht schrägen hellgrauen Augen verschleierten.
    »Ihr seid als Verräter verurteilt worden«, fuhr sie hastig fort.
»Und des Todes, wenn ihr zurück nach Thouars reitet. Mauclerc verlangt deinen
Kopf, Theobald.«
    Betroffen sah Heinrich zu seinem Begleiter. Theobald lachte laut
auf.
    »Dann wissen wir ja, was zu tun ist!«, rief er fröhlich, als sei
ihm eine große Last von den Schultern gefallen. »Wir kehren einfach um und
bieten der Königin unsere Unterstützung an.«
    Heinrich von Bar nickte. Es hatte ihm nie so recht behagen wollen,
einer Verschwörung gegen das Königshaus anzugehören, noch dazu einer von
England unterstützten. Nur auf Drängen seines alten Freundes Theobald hatte er
sich den Aufständischen überhaupt angeschlossen.
    Blanka schien nicht sonderlich verwundert zu sein, die

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