Die Kathedrale der Ketzerin
besudelt, wurde er aus dem
Saal getragen. Nicht ein einziges Mal verließ sein Blick das Antlitz der
Königin.
Der von einem Meister seines Fachs so geschmähte Troubadour des
Abends sandte Blanka einen verzweifelt fragenden Blick zu. Sie winkte ihn
huldvoll lächelnd zu sich heran, steckte ihm eine goldene Nadel an das Wams und
gab den Musikern ein Zeichen.
Während eine fröhliche Melodie angestimmt wurde, schlich Clara aus
dem Saal. Theobald saß mit dem Rücken zur Wand auf dem Boden und pflückte sich
Fett-, Fleisch- und Gemüseteilchen von seinem Festgewand.
Clara hockte sich neben ihm nieder.
»Das war nicht sehr klug«, schalt sie.
Theobalds Augen leuchteten.
»Sie hat mich die ganze Zeit angesehen, hast du das nicht
gemerkt?«
»Keiner konnte umhin, dich anzusehen«, gab sie zurück und schüttelte
den Kopf. »In diesem Zustand kannst du nirgendwo hingehen.«
»Vielleicht gibt es ja Wasser im Küchenhaus«, knurrte er.
»Steh auf«, sagte Clara. Sie mühte sich, ihrer Stimme einen festen
Klang zu geben, denn der Gedanke, der ihr soeben gekommen war, ließ ihre Knie
weich werden. »Wir gehen in die königlichen Gemächer.«
»Was?« Augenblicklich war Theobald auf den Beinen.
»Man darf dich nicht sehen, Theobald. Halte dich hinter mir.«
Nach einigen Umwegen gelangten sie über eine Hintertreppe ungesehen
zu jener Kammer, in der sich Blanka und Clara am Vortag der Schönheit hingegeben
hatten. Clara stieß die Tür zum Nebenraum auf.
»Im Kamin dürfte noch Glut sein. Schür sie.«
Theobald sah sie verständnislos an. »Mir ist ohnehin schon heiß
genug. Wo sind wir hier?«
Erst wertete sie diese Frage als Zeichen seiner Verwirrtheit. Wie
sollte der Graf von Champagne sein eigenes Schloss in Reims nicht kennen? Das
er jetzt dem Königspaar zur Verfügung hatte stellen müssen und in dem er
zweifellos selbst schon genächtigt hatte. Dann überlegte sie, wie viele solcher
Paläste und Burgen in den Weiten der Champagne er sein eigen nannte; wie reich
er war, wie mächtig. Und wie schamlos.
»Hier sind zwei ineinander übergehende Gemächer, in die heute Nacht
niemand kommen wird, wenn wir den Riegel vorschieben«, beschwichtigte sie ihn.
»Und das Feuer brauchen wir, um deine Sachen zu trocknen, nachdem ich sie
gewaschen habe.
»Du? Du willst meine Kleidung waschen?«
»Du kannst natürlich in diesem Zustand auch quer durch Reims zu
deinem Stadthaus laufen«, gab sie zurück. Und bevor er sie fragen konnte, womit
sie denn seine Kleidung zu waschen gedenke, sagte sie: »Ich werde heißes
Wasser kommen lassen. Aber dafür muss ich …« eine feine Röte überzog ihr
Gesicht, als sie Theobald beziehungsreich anblickte, »… selbst verschmutzt
sein. Damit es glaubwürdig ist. Ich kann im Küchenhaus ja schlecht sagen, dass
ich die Kleidung des Herrn der Champagne säubern will.« Sie räusperte sich. »Du
ziehst die Sachen nebenan vor dem Kamin aus und reichst sie mir heraus, damit
ich mich und mein Kleid etwas beflecken kann …«
»Das«, sagte Theobald lachend, »können wir einfacher haben!«
Er trat auf Clara zu, legte die
Arme um ihre Mitte und presste sie eng an sich. Clara durchfuhr es heiß und
kalt. Das, ja, das versprach Erfüllung. Ihr warmer weicher Leib drängte
sich dem sehnigen Körper des Mannes entgegen. Eine heiße Welle wogte durch
ihren Schoß, als eine kräftige Hand den Stoff ihres Kleides zerknüllte, ihr
Unterkleid anhob und über ihre nackten Beine strich. Sie stöhnte leise. Gerade,
als sie glaubte, Theobald würde seine Hand dorthin legen, wo noch keine gewesen
war, ließ er sie los.
»Das dürfte reichen«, meinte er. Mit lässiger Hand schmierte er ihr
noch schnell etwas Soße in den Ausschnitt, wobei er der Versuchung nicht
widerstehen konnte, ihre rechte Brust zu umfangen und die aufgerichtete
Brustwarze mit seinem Mittelfinger kurz zu streicheln. »Jetzt kannst du die
Mägde rufen. Ich verstecke mich nebenan.«
In Clara tobte ein Sturm. Ungeachtet der Lebensmittelreste auf ihrem
Kleid sank sie auf den Sessel, auf dem sich Blanka noch am Morgen das Bleiweiß
hatte auftragen lassen. Irgendetwas ist hier außerhalb jeglicher Ordnung,
dachte sie. Sie musste sich sammeln, wieder Herrin ihrer Sinne werden.
Aber das sollte ihr in dieser Nacht nicht mehr gelingen.
Viele Stunden später schob sie den Riegel zur Seite und
spähte vorsichtig auf den Gang hinaus. Auf dem Boden lagerten Ritter, Mägde und
Knechte, aber alle schienen fest zu schlafen. Vereinzeltes
Weitere Kostenlose Bücher