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Die Kathedrale der Ketzerin

Die Kathedrale der Ketzerin

Titel: Die Kathedrale der Ketzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Lass es
hierein tropfen.«
    Sie hielt die eigene Hand unter Blankas Brust.
    In diesem Augenblick begann das Kind auf dem Tisch kläglich zu wimmern.
    »Es kann nicht einmal mehr schreien, das arme gequälte Ding«, hörte
Blanka eine der anderen Frauen sagen. Daraufhin befreite sie mit einem Griff
eine Brust von allem Stoff und spritzte ihre Milch auf die Hand der alten Frau.
Diese steckte sofort die Zunge hinein und verzog nach wenigen Augenblicken das
Gesicht.
    »Ja«, sagte sie, »das kenne ich.«
    »Was ist es?«, fragte Blanka atemlos.
    »Das weiß ich nicht. Nur, dass es eine Milch der Reichen ist. Die
der edlen Frauen in meiner Heimat schmeckt oft genauso bleiern, und ihre Kinder
sterben daran, wenn nicht schnell gehandelt wird.«
    »Dann tu was!«, rief Blanka. »Handele!«
    Sie griff nach ihrem weinenden Kind, wickelte es rasch wieder ein
und hielt es an ihre immer noch entblößte Brust. Länger als nötig wollte sie es
nicht fern ihrem Körper halten.
    »Ich muss mich beraten.«
    Die drei Frauen zogen sich in eine Ecke der dunklen Scheune zurück.
    »Ich befehle dir, mir zu sagen,
wer diese Frauen sind!«, zischte Blanka. »Es ist etwas Satanisches um
sie, etwas Verbotenes, das spüre ich! Da mögen sie noch so freundlich tun.«
Sie schüttelte sich. »Nicht auszudenken, wie Gott uns alle strafen wird, wenn
wir dem Höllenfürsten Macht über des Königs Sohn verleihen! Nicht
auszudenken, was der König sagen würde!«
    »Satan mag allenthalben und allerorten wirken«, gab Clara flüsternd
zurück. »Aber über diese Frauen hat er nicht die geringste Macht, das schwöre
ich dir. Sie sind gottgefällig und wissen um das Erbarmen des Herrn. Es sind
gute Menschen, nicht mehr und nicht weniger, und sie sind meine Freundinnen.
Vertrau mir, sie werden dir und deinem Karl helfen, wenn sie es denn vermögen.«
    Blanka holte tief Luft. »Sollte es so kommen, Clara, dann werde ich
sie reich entlohnen. Sie sehen aus, als könnten sie es brauchen.«
    Ein kleines Lächeln stahl sich in Claras Mundwinkel.
    »Gold und Geschmeide sind ihnen nichts wert. Du sprachst mit
Verehrung über Franz von Assisi. Gleich diesem leben sie freiwillig in Armut,
üben sich in Demut und werten gering alle Schätze der Welt.« Sie zögerte einen
Augenblick, fragte sich, ob sie zu weit gegangen war oder zu weit gehen würde.
Mit heiserer Stimme sprach sie weiter: »Aber du kannst ihnen dennoch helfen.
Mit einem Wort.«
    »Du sprichst in Rätseln, Clara …«
    Blanka brach ab, da die Frauen ihre Beratung offensichtlich beendet
hatten.
    »Wir müssen das Kind wenigstens einen Tag bei uns behalten«, sagte
die Wortführerin.
    »Ausgeschlossen«, erwiderte Blanka. Nie würde sie Karl Frauen
anvertrauen, die etwas derart Hexenhaftes an sich hatten, auch wenn sie von
Gott und dem Himmelreich sprachen und wie Franz von Assisi lebten. »Ich trenne
mich nicht von meinem Sohn.«
    »Dann bleibst du ebenfalls hier«, erwiderte die Frau versöhnlich.
»Das fügt sich auch besser, dann können wir deinen Körper gleichfalls gänzlich
von dem Gift befreien, das ihn befallen hat.«
    Blanka richtete sich zu voller Größe auf.
    »Es gibt kein Gift in meinem Körper«, erklärte sie hochmütig.
    Die Frau schien nicht bereit zu sein, mit ihr darüber zu streiten.
»Wie du meinst«, sagte sie freundlich, »ich weiß nicht, was du isst, was du an
deine Haut lässt oder was du einatmest. Ich meine, eines davon enthält Gift.
Und wenn du bei uns bleibst, können wir es vielleicht herausziehen, so Gott
will.«
    Blanka blickte Clara ratlos an.
    »Lisette«, flüsterte diese rasch. »Sie wird dich wieder vertreten.
Lass das meine Sorge sein. Ich werde mich um alles kümmern. Bleib hier und
sorge dafür, dass dein Sohn gesundet.«
    »Hier? Allein?«
    Blanka blickte sich entsetzt in der Scheune um.
    »Natürlich nicht!«, beruhigte Clara sie. »Sie bewohnen ein Haus am
Rande der Stadt. Kein Vergleich mit dem Palast, natürlich, aber du wirst da ein
sauberes Bett und gute Menschen vorfinden.«
    Wie ich in Marmande, dachte sie, und wie lange das schon her ist!
In diesen sieben Jahren bin ich ein anderer Mensch geworden und habe mehr
gelernt als je zuvor in meinem Leben. Das habe ich diesen Frauen zu danken –
und Felizian. Felizian. Wie ich mich nach dir sehne! Ständig bist du in
meinen Gedanken, in meinem Herzen. Ich weiß ja, du wartest auf mich vor der
Scheune. Du wirst mich zurückgeleiten und mir durch deine sanfte Gegenwart so
viel mehr Liebe zeigen, als es

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