Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
Vom Netzwerk:
Dann fiel sein Blick auf die Arbeiter, die in ihrer Beschäftigung innegehalten hatten und zu ihnen hinübersahen.
    »Ich … ich …«, stotterte er. »Wenn Ihr wünscht, könnte ich Euch helfen.« Er deutete auf das Knäuel aus Schnüren zu seinen Füßen. »Es tut mir leid, Meister.«
    Plötzlich erhellte sich Berenguer de Montaguts Miene. Er hielt ihn noch immer am Arm gepackt.
    »Du bist der Bastaix«, stellte er lächelnd fest. Arnau nickte. »Ich habe dich schon ein paar Mal gesehen.«
    Berenguers Lächeln wurde breiter. Die Gesellen atmeten erleichtert auf. Arnau blickte erneut auf die Schnüre, die sich um seine Füße geschlungen hatten.
    »Es tut mir leid«, wiederholte er.
    »Was soll's.« Der Baumeister gab den Gesellen einen Wink. »Bringt das in Ordnung«, wies er sie an. »Komm her, setzen wir uns. Hast du dir wehgetan?«
    »Ich wollte Euch nicht verärgern«, sagte Arnau und verzog schmerzlich das Gesicht, nachdem er in die Hocke gegangen war, um sich aus den Schnüren zu befreien.
    »Warte.«
    Berenguer de Montagut zog ihn hoch und kniete sich dann hin, um die Schnüre zu entwirren. Arnau wagte es nicht, ihn anzusehen, und blickte zu den Gesellen hinüber, die die Szene verblüfft beobachteten. Der Baumeister ging vor einem einfachen Bastaix in die Knie!
    »Wir müssen achtsam mit diesen Männern umgehen!«, rief er allen Anwesenden zu, als er Arnaus Füße befreit hatte. »Ohne sie hätten wir keine Steine. Komm mit mir. Setzen wir uns. Tut es weh?«
    Arnau schüttelte den Kopf, aber er humpelte. Trotzdem versuchte er, sich nicht auf den Baumeister zu stützen. Berenguer hakte ihn fest unter und führte ihn zu einigen Säulen, die auf dem Boden darauf warteten, aufgerichtet zu werden. Die beiden setzten sich darauf.
    »Ich werde dir ein Geheimnis verraten«, sagte der Baumeister, nachdem sie Platz genommen hatten. Arnau sah Berenguer an. Der Baumeister wollte ihm ein Geheimnis verraten! Was würde ihm an diesem Morgen noch alles passieren? »Ich habe neulich versucht, den Stein hochzuheben, den du hierhergetragen hast. Es ist mir nicht gelungen.« Berenguer schüttelte den Kopf. »Dies ist eure Kirche«, erklärte er dann, während er seinen Blick über den Bau wandern ließ. Arnau bekam eine Gänsehaut. »Eines Tages, zu Lebzeiten unserer Enkel, ihrer Kinder oder Kindeskinder, werden die Leute nicht von Berenguer de Montagut sprechen, wenn sie diesen Bau betrachten, sondern von dir, mein Junge.«
    Arnau hatte einen Kloß im Hals. Was sagte der Baumeister da? Wie sollte ein Bastaix wichtiger sein als der große Berenguer de Montagut, Baumeister von Santa María und der Kathedrale von Manresa? Er war doch der wichtige Mann hier.
    »Tut es weh?«, erkundigte sich der Baumeister noch einmal.
    »Nein … doch, ein bisschen. Ich habe mir nur den Knöchel verrenkt.«
    »Das hoffe ich.« Berenguer de Montagut klopfte ihm auf den Rücken. »Wir brauchen deine Steine. Es ist noch viel zu tun.«
    Gemeinsam mit dem Baumeister betrachtete nun auch Arnau den Bau.
    »Gefällt sie dir?«, fragte Berenguer de Montagut unvermittelt.
    Ob sie ihm gefiel? Diese Frage hatte er sich nie gestellt. Er sah, wie die Kirche wuchs, ihre Mauern, ihre Apsiden, ihre herrlichen schlanken Säulen, ihre Strebepfeiler, aber … Gefiel sie ihm?
    »Es heißt, sie wird die schönste aller Kirchen werden, die je auf der Welt für die Jungfrau errichtet wurde«, sagte er schließlich.
    Berenguer sah Arnau an und lächelte. Wie sollte er einem Jungen, einem Bastaix, erklären, wie diese Kirche aussehen sollte, wenn nicht einmal Bischöfe und Adlige imstande waren, die Größe seines Projekts zu erahnen?
    »Wie heißt du?«
    »Arnau.«
    »Nun gut, Arnau, ich weiß nicht, ob es die schönste Kirche der Welt wird.« Arnau vergaß seinen Fuß und sah den Baumeister an. »Aber ich versichere dir, dass sie einzigartig sein wird, und einzigartig bedeutet weder besser noch schlechter, sondern einfach nur das: einzigartig.«
    Berenguer de Montagut ließ seinen Blick über den Bau schweifen, dann sprach er weiter: »Hast du schon einmal von Frankreich oder der Lombardei gehört, von Genua, Pisa, Florenz?« Arnau nickte. Natürlich hatte er von den Feinden seines Landes gehört. »Nun, an all diesen Orten werden ebenfalls Kirchen erbaut. Es sind große Kathedralen, prächtig und über und über mit Schmuckelementen verziert. Die Herrschenden dieser Orte wollen, dass ihre Kirchen die größten und schönsten auf der ganzen Welt sind.«
    »Wollen

Weitere Kostenlose Bücher