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Die Katze die Brahms spielte

Die Katze die Brahms spielte

Titel: Die Katze die Brahms spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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auf eine lackierte Holzplatte montiert, die an der unebenen Blockhauswand hing. Koko versuchte, seine Pfote in eine der Spalten hinter der Platte zu stecken. Nachdem er mit den Hinterbeinen ein Weilchen herumgetastet hatte, konnte er sich schließlich weit genug strecken, um die Lücke zu erreichen. Vorsichtig schob er seine Vorderpfote hinein. Drinnen klapperte irgend etwas. Koko versuchte es noch angestrengter und streckte sich noch länger aus, wobei er noch immer vor sich hinbrummelte.
Qwilleran trat näher, und als die Beute aus dem Spalt heraus- und vom Geweih herunterfiel, fing er sie auf. »Was ist denn das? Eine Kassette!«
Es war eine Musikkassette, auf der jemand etwas aufgenommen hatte. Die A-Seite war mit Hits der dreißiger Jahre beschriftet – offenbar in der Handschrift von Tante Fanny. Die B-Seite trug den Titel Weitere Hits der dreißiger Jahre . Auf der durchsichtigen Plastikhülle lag kein Staub.
Qwilleran ging mit der Kassette zum Stereogerät und nahm das Brahmskonzert, das seit seiner Ankunft im Recorder gesteckt war, heraus. »Augenblick mal«, sagte er laut. »So habe ich sie nicht drinnen gelassen.« Die Kassette war umgedreht worden; jetzt war die B-Seite – mit Beethoven – zu sehen.
Auf Kokos Beute war schwungvolle Musik: Versionen von My Blue Heaven , Exactly Like You und andere Schlager aus jener Zeit, alle in der zweifelhaften Klangqualität der alten 78er-Schallplatten. Merkwürdig, daß ausgerechnet ein solches Potpourri hinter einem Elchkopf versteckt war.
Qwilleran hörte sich die erste Seite an und drehte die Kassette dann um. Es ging in derselben Art weiter. Dann, mitten in Little White Lies , wurde die Musik von einer Stimme unterbrochen. Es war eine ungeschulte Stimme – die Stimme eines gewöhnlichen Mannes, aber energisch. Nach einer kurzen, überraschenden Nachricht ging die Musik weiter. Er spulte das Band zurück und spielte es nochmals ab.
Die nachdrückliche Stimme begann: »Jetzt hör mal zu, mein Freund. Mach dich an die Arbeit, oder es wird dir leid tun! Du weißt, was dann passiert. Du mußt mehr von dem Zeug heranschaffen. Wenn du nichts bringst, kann ich nichts zahlen. Und wir müssen uns ein paar Änderungen überlegen. Es wird langsam heiß. Du triffst dich am Samstag mit mir, hörst du? Ich bin nach dem Abendessen am Bootshafen.«
Das Band hatte erst vor kurzem im Recorder gesteckt. Koko war erst am Vortag auf die Tasten gestiegen und hatte Brahms gespielt. Irgend jemand war in der Zwischenzeit hiergewesen und hatte das Band entweder besprochen oder abgehört und danach das Brahms-Konzert verkehrt wieder in den Recorder geschoben. Irgend jemand hatte auch eine goldene Uhr und einen goldenen Füller gestohlen, doch das war schon früher passiert. Unbekannte Besucher gingen in der Hütte ein und aus – mit jener Selbstverständlichkeit, die Tante Fanny als so schön nachbarschaftlich empfand. Irgend jemand war zweifellos auf einen Barhocker gestiegen, um den Elchkopf zu erreichen, und Qwilleran untersuchte die vier Kiefernholzhocker nach Fußspuren, doch die lackierten Oberflächen waren sauber.
Koko sah aufmerksam zu, wie Qwilleran die Kassette in eine Wäschelade steckte. »Koko«, sagte er, »diese Politik der offenen Türen sagt mir nicht zu. Die Leute gehen hier ein und aus wie in einem Busbahnhof. Wir müssen einen Schlosser auftreiben. ... Und wenn du je in Gefahr bist, oder wenn Yum Yum in Gefahr ist, dann weißt du, was du zu tun hast.«
Langsam und weise kniff Koko die Augen zu.
    Mooseville, Freitag
    Lieber Arch,
ich bin zu knausrig, um Dir eine Glückwunschkarte zu kaufen, doch ich wünsche Dir und Deiner wunderbaren Frau alles Gute zum vierundzwanzigsten Hochzeitstag und noch viele zukünftige Hochzeitstage. Es kommt mir vor wie gestern, daß Du den Ehering fallenließt und ich Eure Fahrkarten für die Flitterwochen verlor.
    Also, seit ich in Mooseville bin, habe ich entdeckt, daß die gesamte Zivilisation in zwei Teile geteilt ist: oben im Norden und unten im Süden. Oben im Norden gibt es freundliche Menschen, die den Fluxion lesen – und rätselhafte Vorfälle, die sie zu vertuschen versuchen. Gestern war ich fischen und zog etwas aus dem Wasser, das aussah wie eine Leiche. Als ich das im Büro des Sheriffs meldete, schien es niemanden besonders zu beunruhigen. Ich weiß, daß der Tote nicht beim Schwimmen ertrunken ist. Ich habe den berechtigten Verdacht, daß es Mord war – zumindest Totschlag. Ich frage mich immer wieder: Wer war der Mann

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