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Die Katze, die Domino spielte. Roman.

Die Katze, die Domino spielte. Roman.

Titel: Die Katze, die Domino spielte. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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anlegt.«
    Als sie nach dem Abendessen in einer Kutsche die Uferstraße hinauffuhren, erklärte Qwilleran, daß er in der »scheußlichen« Pension wohne, um der Zeitung Geld zu sparen. Dann bat er den Fahrer, ein paar Minuten zu warten, und zeigte den Rikers die vier Baumstämme in der Eingangshalle und das Häuschen im ›Augenhof‹.
    »Bekommst du da nicht klaustrophobische Anfälle?« fragte Riker.
    Die Katzen und Mildred ergingen sich in gegenseitigen Liebesbeweisen (sie war einmal zwei Wochen lang ihre Katzensitterin gewesen), und dann fragte sie aufgeregt: »Woher hast du denn die?« Sie zeigte auf die vergoldeten Ledermasken.
    »Das war ein Geburtstagsgeschenk«, antwortete Qwilleran; er hielt es für besser, nicht die Wahrheit zu sagen. »Weißt du etwas über diese Art Arbeit? Sie sind aus Leder.«
    »Ja, ich weiß«, sagte sie. »Das ist ein altes venezianisches Handwerk, das von einer jungen Künstlerin im Süden unten wiederentdeckt wurde. Ihre Arbeiten sind ausgezeichnet.«
    Dann fuhren die Rikers zurück zu ihrer Frühstückspension. Sie alle hatten den Abend genossen: die üblichen Hänseleien, die offenen Gespräche, den Austausch von Neuigkeiten. Was Qwilleran über Noisette erfahren hatte, bestärkte ihn in seinem Verdacht, daß sie eine Schwindlerin war. Warum war sie auf der Insel? Er setzte sich auf die Veranda und hörte June Halliburton zu, die Jazz spielte. Sie hatte wieder einen Mann zu Besuch. Die Stimme klang jünger.
    Die Katzen saßen bei ihm; sie waren jetzt wieder Freunde. Bevor er zum Abendessen gegangen war, hatte er aufgegeben und ihnen zähneknirschend eine Dose Lachs aufgemacht. Als er schlafen ging, war die Party nebenan noch immer in vollem Gang. Erst als er seine Taschen ausleerte, fiel ihm Dereks Zettel wieder ein. Die Botschaft bestand aus nur einem Wort: Gumbo. Später, als er bereits das Licht ausgemacht hatte, hörte er, wie im Nachbarhäuschen Abschiedsworte gesprochen wurden und der Gast ging. Er sah den Strahl der Taschenlampe, mit der er den Weg vor sich beleuchtete – nicht den Naturpfad, sondern die Straße, die den ›Augenhof‹ hinaufführte. Die große, schlaksige Gestalt, die einer Vogelscheuche ähnelte, war die von Derek Cuttlebrink.

 
    Die Lieferung von weiteren zwei Pfund Hackbraten am Sonntagmorgen bestärkte Qwilleran in seiner Entschlossenheit, und das Tauziehen zwischen Mensch und Katzen begann von neuem. »Freßt ihn oder laßt ihn stehen«, sagte er. Sie ließen ihn stehen.
    Der Sonntag stellte jedoch den Wendepunkt in Qwillerans schleppend vorangehender Mission dar. Er trank Tee bei den Appelhardts; sein V-Mann erstattete seinen ersten Bericht; Lyle Compton hielt im Hotel seinen Vortrag über Schottland; und Yum Yum entdeckte etwas zwischen den Sofakissen.
    Während sich Qwilleran zum Frühstück anzog, hörte er das melodiöse Gemurmel, das bedeutete, daß Yum Yum einen rostigen Nagel aus einem Spalt herausfischen oder eine Schreibtischschublade aufmachen oder ein verlorenes Spielzeug irgendwo hervorholen wollte. Sie saß auf der Sofasitzfläche und schob zuerst die eine und dann die andere Pfote hinter ein Kissen. Als das Murmeln und Herumtasten immer hektischer wurde, kam er ihr zu Hilfe. Kaum hatte er das Kissen entfernt, stürzte sie sich auf ein halb zerknülltes Blatt Papier und trug es im Maul auf die Veranda hinaus, wo sie es ein paar Sekunden herumschießen und dann vergessen würde.
    Es sah aus wie ein Notenblatt, und er hob es auf.
    »M-m-mach!« protestierte sie, als sie sah, daß ihre Beute konfisziert wurde.
    »A-a-ach!« antwortete er.
    Gekränkt, weil sie verspottet wurde, setzte Yum Yum sich in eine Ecke und drehte ihm den Rücken zu.
    »Tut mir leid, Liebling. Das werde ich nie wieder sagen«, entschuldigte er sich.
    Sie ignorierte ihn.
    Er glättete den Zettel und entdeckte darauf eine Telefonnummer. Die ersten drei Ziffern wiesen sie als eine hiesige Nummer aus – nicht der Droschkenstandplatz und nicht das Hotel; diese beiden Nummern hätte er erkannt. Die exzentrische Schrift ließ ihn sofort an June Halliburton denken, und das Papier bestätigte seine Vermutung. Offenbar war es ihr hinuntergefallen, als sie in dem Häuschen gewohnt hatte. Also stellte sich die Frage: Wen sollte sie auf der Insel wohl anrufen? Es ging ihn nichts an, aber es interessierte ihn trotzdem. Er könnte die Nummer wählen und dann auflegen – oder sagen, er wolle Ronald Frobnitz sprechen.
    Bei seinem ersten Versuch – als er zum Frühstück in

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