Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Katze, die für Käse schwärmte

Die Katze, die für Käse schwärmte

Titel: Die Katze, die für Käse schwärmte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
Vom Netzwerk:
durcheinander. Du weißt so gut wie ich, Polly, daß ich ein kulinarischer Analphabet bin. Der Tag, an dem ich zu kochen anfange, ist der Tag, an dem der Himmel einstürzt.«
    »Aber du hast Zutaten für Fleischbällchen gekauft!« fuhr sie mit der Beharrlichkeit eines Staatsanwalts fort. Sie unterzog ihn gerne hochnotpeinlichen Verhören; sie kannte sein Talent, sich aus jeder unangenehmen Situation herauszuwinden.
    Qwilleran mußte rasch denken; das konnte er auch sehr gut. »Ich habe Lebensmittel für Mrs. Robinson eingekauft. Sie macht ganz besondere Fleischbällchen für ihre Katze, und ich habe sie gebeten, für meine beiden Feinschmecker auch welche zu machen.«
    »Was ist daran so besonders?«
    »Das weiß ich nicht. Ich mußte Lammfleisch, Reis, Zwiebeln und Zitrone kaufen.«
    »Das hört sich arabisch an«, sagte Polly. »Ich würde gerne ihr Rezept haben. Könntest du sie für mich darum bitten?«
    Jetzt wurde die Situation heikel. »Ich fürchte, sie gibt keine Rezepte weiter. Sie will… äh… ins Gastgewerbe einsteigen und möchte ein Repertoire an exklusiven Rezepten haben.« Er beglückwünschte sich zu diesem genialen Einfall, hielt es aber für ratsam, sich Rückendeckung zu holen. Er verabschiedete sich früh. Er sagte, er müsse noch etwas schreiben. Ein paar Minuten später rief er Celia Robinson an; sein Tonfall war dringlich.
    »Was gibt’s Boß?« fragte sie eifrig.
    »Ich muß Sie um einen Gefallen bitten, Celia – es hat nichts mit kriminalistischen Ermittlungen zu tun.«
    »Ach, schade!« sagte sie mit einem fröhlichen Lachen.
    »Erstens, eine Frage: Machen Sie Fleischbällchen mit Reis?«
    »Nein, ich verwende Brösel.«
    »Würden Sie Fleischbällchen mit Reis machen, würde Wrigley sie fressen?«
    »Aber sicher, doch er würde sie nachher wieder ausspeien. Anscheinend verträgt er Reis nicht.«
    »Ich verstehe«, sagte Qwilleran. »Also… wenn Sie jemand fragt, wären Sie so nett, zu sagen, daß Sie für Wrigley Fleischbällchen mit Reis machen? Und wenn jemand Ihr Rezept haben will… sagen Sie einfach nein!«
    »Okay, Boß. Es wird nicht das erste Mal sein, daß ich für Sie flunkere, und bis jetzt hat mich noch kein Blitz getroffen!«
    Erleichtert legte er auf. Er war gedeckt. Er wußte, daß Polly die Fleischbällchen ihrer Assistentin, Mrs. Altstock, gegenüber erwähnen würde, und diese würde mit ihrer lieben Freundin Celia Robinson darüber sprechen. Das gehörte zu den Dingen, die das Leben in einer Kleinstadt komplizierten. In gewisser Hinsicht war das Leben im Süden unten einfacher, trotz der Verkehrsstaus, der Luftverschmutzung und der Straßenbanden. In einer Millionenstadt herrschte eine angenehme Anonymität.
    Als nächstes rief er den Polizeichef zu Hause an. »Gibt’s heute abend was Gutes im Fernsehen, Andy?«
    »Nein, ich hab’ ihn abgedreht, und ich lese gerade Ihre Kolumne über Niemande in der heutigen Zeitung. Das Problem ist, die Niemande in Pickax glauben, sie sind jemand und brauchen keine Strafzettel zu zahlen… Was gibt’s?«
    »Die Explosion. War sie recht schlimm?«
    »In einem bestimmten Umkreis war alles in kleine Stücke zerfetzt. Das arme Mädchen war auf der Stelle tot.«
    Qwilleran fragte: »Gehe ich recht in der Annahme, daß in Zimmer zweihundertdrei die geheimnisvolle Frau gewohnt hat?«
    »Stimmt, und sie wurde seither nicht mehr gesehen.«
    Qwilleran machte eine dramatische Pause und sagte dann: »Ich habe den Nachmittag mit ihr verbracht.«
    »Was! Wieso? Wie haben Sie sie kennengelernt? Was wissen sie von ihr?«
    »Warum schlüpfen Sie nicht in Ihre Schuhe, Andy, und kommen auf einen Scotch herüber?«
    Fünf Minuten später fuhr der Polizeichef in den Hof der Scheune. Er war ein großer, kräftiger, imposanter Mann, selbst wenn er keine Uniform trug, und besonders imposant war er, wenn er bei Hochzeiten und Begräbnissen in schottischer Tracht Dudelsack spielte. Mit dem großspurigen Gang eines Dudelsackpfeifers stolzierte er in die Scheune.
    Qwilleran hatte ein Tablett mit Scotch, Käse und Squunk-Wasser für sich selbst vorbereitet. Als sich die beiden Männer auf die großen Sessel im Wohnzimmerbereich setzten, näherten sich die Katzen mit dem ihnen eigenen geschmeidigen Gang herbei. Sie kamen ganz nah an den Couchtisch heran und setzten sich hin, wobei ihre Nasen auf gleicher Höhe mit dem Käseteller waren. Als der Gast sein Glas zu einem gälischen Trinkspruch hob, kamen die Nasen immer näher.
    »Nein!« donnerte Qwilleran.

Weitere Kostenlose Bücher