Die Katze, die für Käse schwärmte
Nacht hätte offen bleiben müssen.«
»Was für Blumen hat das Opfer in den Händen gehalten?« fragte Qwilleran mit makabrer Neugier.
»Etwas Dunkelrotes.«
»Nehmen Sie doch etwas Käse, Andy.«
»Ist das der gute Käse, den Sie mir das letzte Mal gegeben haben? Ich habe vergessen, wie er heißt.«
»Es ist ein Schweizer Käse, er heißt Gruyere.«
»YAU!« ertönte plötzlich ein lauter Kommentar unter der Theke. Koko wußte aus Erfahrung, wo er auf Krümel warten mußte.
Qwilleran sagte zu Brodie: »Wenn sie hinter Zeugen her sind, was ist dann mit Lenny Inchpot? Er fährt am Sonntag beim Radrennen mit. Alle drei Medaillengewinner nehmen teil. Die Zeitung hat heute ihre Namen und ihre Startnummern veröffentlicht.«
»Wir versuchen, ihn zu finden. Er wurde heute abend beim Tanz auf der Straße gesehen, ist aber offensichtlich nicht nach Hause gegangen. Seine Mutter ist gerade zu Besuch bei ihrer Schwester in Duluth, und ich gehe jede Wette ein, Lenny übernachtet bei seinen Fahrradkumpels. Vielleicht müssen wir ihn uns am Sohntag beim Start des Rennens schnappen und nach Duluth verfrachten. Es wird ihm nicht gefallen, wenn wir ihn von der Teilnahme abhalten. Ich habe gehört, er hat eine Menge Sponsoren.«
»Hat das SBI schon irgendwelche Hinweise in bezug auf den mutmaßlichen Bombenleger?«
»Nun, ohne Namen und ohne Kennzeichen und ohne Fingerabdrücke sind sie ziemlich aufgeschmissen, könnte man sagen, aber… wenn man lange genug dranbleibt, passiert gewöhnlich irgend etwas, wodurch der Fall dann plötzlich geklärt werden kann. Der Mord heute abend könnte so eine auslösende Wirkung haben.« Brodie trank noch einen schnellen Whiskey und sagte dann, er müsse nach Hause. Dann fügte er hinzu: »Warum liefert Ihr kluger Kater nicht irgendwelche Hinweise?« Das war zum Teil scherzhaft, zum Teil echte Bewunderung für Kokos Leistungen in der Vergangenheit.
»Er arbeitet daran, Andy.« Qwilleran dachte daran, wie Koko während des Feuerwerks herumgerast war… wie er die dunkelroten Chrysanthemen zerfetzt hatte… wie er in einem bestimmten Augenblick beunruhigend laut aufgeheult hatte. Hatte er mit seinen übernatürlichen Sinnen einen Schuß auf der Main Street wahrgenommen?
Jetzt war Lenny Inchpot in Gefahr. Er war Lois’ jüngster Sohn. Wenn ihm irgend etwas zustieß, wäre das für sie eine Katastrophe.
Qwilleran sah sich seine grünen Sponsorenkarten für das Radrennen an und fand nur zwei. Er hatte aber drei gehabt – für Gary, Wilfred und Lenny – sie hatten unter einem Briefbeschwerer aus Messing auf dem Telefontisch gelegen. Die fehlende Karte war die von Lenny. Er machte sich auf die Suche und entdeckte sie im Vorzimmer – auf dem Fußboden – gut durchgekaut. Von den Katzen fehlte jede Spur.
Samstag war der Tag des Pasteten-Backwettbewerbs. Als Qwilleran am Morgen die Katzen fütterte, sagte er: »Ihr habt’s gut! Ihr braucht nicht als Preisrichter bei Wettbewerben zu fungieren, euch nicht versteigern zu lassen oder zweimal die Woche tausend Worte zu schreiben, wenn es nichts gibt, worüber man schreiben kann!«
Um halb zwei meldete er sich in der Ausstellungshalle am Messegelände, wo die Lebensmittelausstellung und der Pasteten-Backwettbewerb stattfanden. An der Tür wies er sich als Preisrichter aus, und man beschrieb ihm den Weg in einen Raum im hinteren Teil des Gebäudes; die Wegbeschreibung war über den Lärm der Musik aus den Lautsprechern und den laut hallenden Stimmen in der großen Halle kaum zu hören. Einheimische Köche präsentierten hausgemachte Kuchen, in Gläser eingemachte Lebensmittel und Obst und Gemüse in Dosen und verkauften sie. Einige Speisen hatten bereits Preise gewonnen und waren mit blauen Bändern geschmückt. Die Besucher wanderten schweigend durch das Labyrinth von Lebensmitteln, wie betäubt von der dröhnenden Musik.
Das Preisrichterzimmer war ein karges, schlecht eingerichtetes Kämmerchen, doch Mildred Rikers Begrüßung und ihre unbeschwerten Scherze erfüllten den Raum mit Wärme. Zur Begrüßung umarmte sie Qwilleran und gab ihm ein Preisrichter-Abzeichen. »Qwill, es ist so nett von dir, daß du deine kostbare Zeit für das Festival zur Verfügung stellst!« rief sie, um den Lärm aus den Lautsprechern zu übertönen.
»Nicht der Rede wert«, sagte er laut. »Ich bin nun mal ein Gourmet. Aber können wir nicht die Musik leiser stellen oder den Lautsprecher abschalten oder den Disc-Jockey erschießen?«
Ohne ein weiteres Wort
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