Die Katze, die für Käse schwärmte
die Pine Street. Die Bewohner von Pickax waren noch nicht bereit für »Designer-Pasteten.« Das war zum Teil die Schuld der Leute der Wirtschaftsförderungsabteilung des Klingenschoen-Fonds; ihre Theorien klangen gut, aber sie verstanden die Menschen in einer Stadt 400 Meilen nördlich vom Rest der Welt nicht wirklich. Ihre Ideen mußten wohl von einer Kommission aus Einheimischen überprüft werden. Er hatte niemanden, mit dem er über sein Unbehagen reden konnte. Seine Freunde, die selbst ein Geschäft betrieben, waren voller Zuversicht, und er wollte ihnen nicht ihren Optimismus verderben. Seine engste Vertraute erholte sich gerade von einer schweren Operation, und es wäre unklug gewesen, sie zu beunruhigen. Aber er brachte Polly einen Glasöffner mit und äußerte sich lobend über die Suppe in der Spoonery.
Sie sagte: »Wir sehen uns heute abend von der Veranda im ersten Stock aus das Feuerwerk an. Möchtest du auch kommen, Qwill? Lynette hat ihren Bridgeclub eingeladen, und es gibt ein paar Kleinigkeiten zum Essen.«
»Danke für die Einladung«, sagte er, »aber wenn man Feuerwerke im Hafen von New York gesehen hat, kann man sich nur schwer für ein paar Funken über dem öffentlichen Parkplatz von Pickax begeistern.«
Als er in die Scheune zurückgekehrt war, bot sich ihm im Wohnzimmerbereich ein Bild der Verwüstung. Irgend jemand hatte die Chrysanthemen der Lanspeaks, die in ihrem Topf vor dem Kamin gestanden hatten, kaputtgemacht. Irgend jemand hatte die erlesenen burgunderroten Blüten samt den Wurzeln herausgerissen und über den ganzen weißen marokkanischen Teppich verstreut.
Koko saß auf dem würfelförmigen Kamin und wartete auf Qwillerans Reaktion.
»Sie, mein Herr, sind eine böse Katze !« schalt er ihn streng.
Koko leckte sich blitzschnell mit seiner langen, rosa Zunge über die schwarze Nase.
Qwilleran gab es auf. »Mir haben sie ja auch nicht besonders gefallen. Sie sahen aus wie getrocknetes Blut… Entschuldige, alter Junge.«
Den Rest des Tages blieb er zu Hause. Seine alte Truhe von Exbridge & Cobb wurde geliefert, und er ließ sie draußen neben der Hintertür aufstellen; sie sollte als Behälter für Päckchen dienen, die abgegeben wurden. Im Werkzeugschuppen fand er einen alten, verwitterten Holzziegel, den er in ein einfaches Schild mit der Aufschrift PÄCKCHEN HIER ABLIEFERN umfunktionierte. Zum Abendessen schnitt er vom Truthahn Nummer eins genug Fleisch für zwei Katzen und einen Mann ab. Dann las er den Katzen etwas vor. Koko wählte den Almanach des armen Richard, in dem so markige Sprüche standen wie Mit Handschuhen fängt eine Katze keine Mäuse.
Im Laufe des Abends knetete Qwilleran jedoch immer häufiger seinen Schnurrbart und sah auf die Uhr. Koko war ebenfalls nervös. Nach der Lesestunde strich er unablässig umher. Witterte er das bevorstehende Feuerwerk, wie er einen aufziehenden Sturm witterte? Die Kaufleute auf der Main Street würden bis neun Uhr ihre Plätzchen und ihren Punsch austeilen; dann würde sich die Menschenmenge zu den Stables begeben, um sich das Spektakel anzusehen.
Punkt neun Uhr begann das Feuerwerk, und Yum Yum versteckte sich unter dem Sofa, doch Koko war erregt. Er knurrte; er raste ziellos herum. In der Ferne konnte Qwilleran das Knattern, Poltern und Heulen der Raketen hören; die Katzen spürten zweifellos mehr, als sie hörten. Einmal heulte Koko auf, als wolle er protestieren.
Das Radio war auf WPKX eingestellt und berichtete live aus dem Übertragungswagen im Häuserblock der Stables. Danach würden die Leute vom lokalen Sender als Diskjockeys für den Tanz auf der Straße fungieren. Die Tanzmusik begann, und Qwilleran ließ das Radio an; er wartete auf die Zehn-Uhr-Nachrichten. Er war gerade in der Küche und holte sich eine Portion Eiscreme, als ein Sprecher die Musik mit einer Meldung unterbrach:
»Die Feierlichkeiten anläßlich des Gourmet-Festivals in Pickax wurden heute durch einen bewaffneten Raubüberfall gestört, bei dem ein Geschäftsbesitzer ermordet wurde. Der Name des Opfers wird erst nach der Verständigung der Angehörigen bekanntgegeben. Das Opfer wurde erschossen, während sich die Teilnehmer des Festivals das Feuerwerk ansahen. Wir melden uns wieder, sobald wir weitere Informationen haben.«
Die Meldung von WPKX über einen Mord im Stadtzentrum von Pickax schlug bei Qwilleran ein wie die Bombe, die das Hotel zerstört hatte. Entsetzt ging er hastig im Geiste die Liste seiner Freunde durch, die ein
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