Die Katze, die für Käse schwärmte
ohnehin allmählich Zeit wurde, ans Heimgehen zu denken. Die Dinnerjackets von Larry, Pender und Big Mac sahen eher aus wie graues Fell als schwarzer Wollstoff. Ein paar Katzenhaare wären ärgerlich gewesen, doch eine Million Katzenhaare waren – dank dem bernsteinfarbenen Punsch – ein Grund zum Lachen. Eine fröhliche Gesellschaft stieg in die Kleinbusse, die zwölf Personen faßten und die Gäste zum Parkplatz zurückbrachten. Die Studenten, die die Bescherung wegputzen mußten, grinsten einander an; etwas Aufregenderes würde im ganzen Semester nicht passieren.
Die Betreiber von Sip ‘n’ Nibble nahmen es philosophisch. Jerry sagte: »Machen Sie sich nichts daraus, Qwill. Nichts trägt mehr zum Erfolg einer Party bei als eine kleine Katastrophe. Sie werden den Rest des Jahrhunderts davon reden.«
»Das befürchte ich ja gerade.«
»Ich hoffe nur, sie erwähnen dabei den Namen unseres Geschäfts«, fügte Jack hinzu, »samt Adresse und Telefonnummer.«
Carol sagte: »Es war wirklich lustig, zu sehen, wie diese drei erwachsenen Männer hinter einer kleinen Katze mit davonfliegenden Fellbüscheln herjagten! Ich frage mich, ob Koko überhaupt noch ein Haar am Körper hat. Das war besser als eine Verfolgungsjagd mit dem Auto! Ein Glück, daß Bushy das alles auf Video aufgenommen hat! Wir werden Unmengen davon verkaufen!«
Jack Nibble zog Bilanz: »Ich würde sagen, wir haben unsere Ziele erreicht: Die Gäste haben sich gut unterhalten, und ein paar Gaumen sind verfeinert worden. Ein Käse muß nicht unbedingt Doppelrahmstufe haben, um gut zu sein; der Feta, den wir mitgebracht haben, hat einen ganz geringen Fettgehalt.«
»Yau!« ertönte die Bestätigung von irgendwo über ihren Köpfen.
Als alle gegangen waren – und für den nächsten Tag eine Putzmannschaft versprochen worden war – zog Qwilleran einen Overall an und ging in die Küche. Koko war vor ihm da und versuchte, mit seinen Krallen in den Kühlschrank vorzudringen.
»Du Halunke!« sagte Qwilleran. »Deshalb wolltest du also, daß alle nach Hause gehen! Wenn du dich beruhigst, bereiten wir heute nacht den Truthahn vor und stellen ihn gleich morgen früh in den Ofen. Geh zurück!« In Erwartung eines Flankenangriffs öffnete er vorsichtig die Kühlschranktür, doch Koko wußte, wann die Schlacht gewonnen war. Er sah ihm ruhig zu, wie er mit den Vorbereitungen begann.
Qwilleran erinnerte sich an Mildreds Anweisungen: Die Plastikverpackung entfernen; die Beine loslösen, ohne die Haut zu verletzen; die Körperhöhlen freimachen. Er faßte behutsam in die Brustöffnung und zog einen Plastikbeutel mit dem Hals heraus. Dann drehte er den Vogel herum und griff schon mit wesentlich mehr Zuversicht in die andere Körperöffnung. Sie war kalt, aber nicht gefroren. Koko sah mit angelegten Ohren und gesträubten Schnurrhaaren zu. Qwilleran suchte nach dem Plastikbeutel. Statt dessen entdeckte er etwas Hartes und sehr, sehr Kaltes. Sein erster Gedanke war: ein Eisblock. Sein zweiter war: Da hat mir jemand einen Streich gespielt! Er warf alles zurück auf das Tablett und stellte den nackten Truthahn wieder in den Kühlschrank. Dann wählte er Nick Bambas Privatnummer.
»Ich hoffe, ich rufe nicht zu spät an, Nick. Ich wollte Ihnen nur für den kalten Truthahn danken. Ich bereite ihn gerade vor, um ihn morgen zu braten… Ja, dank Mildred weiß ich, wie es geht. Aber ich habe eine Frage: Sollte an dem Truthahn, den Sie mir gebracht haben, etwas Besonderes sein?… Nein, mit dem Truthahn ist alles in Ordnung. Ich hatte nur so ein… besonderes Gefühl dabei.« Er klopfte sich auf den Schnurrbart. »Nochmals vielen Dank, Nick. Ich erzähle Ihnen morgen, wie es ausgegangen ist.«
Qwilleran legte auf und ließ die Hand auf dem Hörer liegen. Sollte er den Polizeichef wieder einmal zu Hause anrufen oder nicht? Er tippte die Nummer ein, die er auswendig wußte, und als sich die barsche Stimme meldete, sagte er: »Wie Sie wissen, hat heute abend hier die Käseverkostung stattgefunden, und Jerry und Jack haben ein ganzes Sortiment Käse hiergelassen. Möchten Sie nicht auf ein paar Häppchen – und ein Schlückchen – herüberkommen? Und außerdem… habe ich etwas Merkwürdiges zu melden – etwas sehr Merkwürdiges!«
»Ich bin sofort da«, sagte Brodie. Er kam binnen weniger Minuten, und sein erster Satz war: »Sie haben aber eine große Kiste an der Hintertür.«
»Das ist eine alte Seemannskiste. Für Päckchen, die geliefert werden.«
»Und Sie haben
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