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Die Katze namens Eisbär

Die Katze namens Eisbär

Titel: Die Katze namens Eisbär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cleveland Amory
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bitten. Mein Bruder bekam 35 Cents die Woche, und ich bekam 25. Eine Erhöhung wurde uns nicht gewährt. Daraufhin beschlossen wir, nach Boston zu fahren und unseren Onkel zu besuchen, der Börsenmakler war. Wir dachten, er könnte uns vielleicht weiterhelfen. Er schlug uns vor, Aktien zu kaufen, aber uns war sofort klar, daß wir bei 35 und 25 Cents die Woche auf keinen grünen Zweig kommen würden, zumal Aktien, wie unser Onkel uns erklärte, auch fallen konnten. Da wir den Eindruck hatten, daß unser Onkel recht gute Geschäfte machte, fragten wir ihn, was für Aktien er denn kaufe – wir hofften, wenn wir seinem Beispiel folgten, würden wir schneller zu Vermögen kommen. Als er uns verriet, daß er immer verdiente, ganz gleich, ob die Aktien stiegen oder fielen, stand für uns fest, was wir werden wollten – Börsenmakler.
    Der einzige Haken war natürlich, daß wir keine Aktien zu verkaufen hatten. Dem halfen wir ab, indem wir selbst Aktien herstellten. Wir verwendeten viel Zeit darauf, Zertifikate zu zeichnen, und machten uns sogar die Mühe, Börsenzulassungsanträge herzustellen, die wir allen unseren Kunden kostenlos überließen. Für einige der Aktien zahlten wir sogar Dividenden; Nahrungsmittelpapiere, zum Beispiel, die wir steigen oder fallen ließen, je nachdem, ob uns das Essen zu Hause schmeckte oder nicht, zahlten einen Cent die Woche, und wir bezahlten diese Dividende aus eigener Tasche. Brookie zu Ehren kreierten wir auch eine Aktie für Tiernahrung. Auch hier richtete sich der Kurs danach, ob Brookie sein Futter schmeckte oder nicht. Aber da Brookie sein Fressen eigentlich immer schmeckte, beschlossen wir nach einer Weile, den Kurs dieser Aktie ebenfalls davon abhängig zu machen, ob unser Essen uns zusagte oder nicht. Wir schufen noch ein ganzes Bündel anderer Aktien – Wetter, Haus und Heim, Automobil, Schule und Sport.
    Natürlich brauchten wir Abnehmer für unsere Aktien, aber es war nicht etwa so, daß wir die Dienstboten ausraubten, wie es im Traum dargestellt wurde, nein, wir gaben ihnen lediglich eine Chance, in ein gutes Geschäft einzusteigen. Der Köchin beispielsweise verkauften wir Nahrungsmittelaktien – sie begriff sehr schnell, was wir am liebsten aßen; dem Gärtner verkauften wir Wetteraktien, dem Chauffeur Automobilaktien, und es gelang uns sogar, das Zimmermädchen mit ein paar Haus- und Heimpapieren zu beglücken, obwohl das großer Überredungskunst bedurfte, da sie noch nie von Aktien gehört hatte. Von unseren Schulfreunden stiegen einige mit einer Schulbeteiligung, andere mit Sportaktien ins Geschäft ein. Und ruckzuck mußten wir nicht mehr mit lumpigen fünfundzwanzig beziehungsweise fünfunddreißig Cents in der Woche auskommen, sondern schwammen im Geld. Ab und zu kam es vor, daß irgendein Spielverderber seine Aktien abstoßen wollte; wir pflegten den Betreffenden dann sorgfältig darüber aufzuklären, daß dies gegen gute amerikanische Wirtschaftstradition verstieße, aber wenn er bei seinen Verkaufsabsichten blieb, ließen wir ihn gewähren, solange er selbst sich um den Verkauf kümmerte und wir eine kleine Provision bekamen. Wir hauten nun aber keinesfalls wie ein paar neureiche Parvenüs auf die Pauke – wir kauften nur das Lebensnotwendigste. Ich erinnere mich, daß wir uns beispielsweise per Nachnahme zwei neue Baseballhandschuhe zulegten. Am Abend, als wir mit Brookie draußen Baseball spielten, sah mein Vater bei seiner Heimkehr die neuen Handschuhe und wollte wissen, woher wir sie hätten. Wir sagten ihm die Wahrheit – wir sagten, wir hätten sie durch Aktienverkauf erworben.
    Das Ende der Geschichte wurde im Traum völlig entstellt. Was nämlich am Ende passierte, war in Wirklichkeit ganz einfach verdammtes Pech. Das Zimmermädchen, das in irgendeiner dringenden Familienangelegenheit nach Hause reisen wollte, bat meinen Vater um ein kleines Darlehen. Mein Vater fragte, ob sie denn für solche Fälle nichts gespart hätte. Daraufhin brach sie in Tränen aus und sagte, doch, aber es wäre alles in Aktien angelegt. Er gab ihr einen tröstenden Klaps auf die Schulter und meinte, da solle sie sich keine Sorgen machen, sie könne die Aktien jederzeit verkaufen. Worauf sie neuerlich zu weinen anfing und sagte, das hätte sie schon versucht, aber niemand wolle sie haben. Da fragte mein Vater, wer ihr denn die Aktien verkauft habe, und dabei kam natürlich heraus, daß wir es gewesen waren und uns jetzt weigerten, die Aktien zurückzunehmen.
    Nach

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