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Die Katze riecht Lunte

Die Katze riecht Lunte

Titel: Die Katze riecht Lunte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Mae Brown
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glaubt denn ihr, wie hier der Hase läuft?«
    »Das ist Bestechung«, sagte Miranda streng.
    »Nein. Man bittet ihn nicht, sich für einen einzusetzen, man bietet ihm einfach einen Job für später an. In Washington wird das stündlich gemacht und leider nicht sehr gekonnt. Sonst hätten wir eine bessere Regierung.«
    Vane-Tempest lächelte. »Zynikerin.«
    »Realistin.« Mim tappte mit dem Fuß auf den blank gewetzten Holzboden. »Solange sie in der Regierung sind, können die Leute nichts verdienen. Deshalb müssen sie ihre Stellung nutzen, um Kontakte für die Zeit danach zu knüpfen.«
    Eine Minute lang sprach niemand ein Wort. Mim verstand es, direkt zum Kern eines Problems vorzudringen. Archie, der eine kleine Druckerei betrieb, verdiente wirklich nicht viel. Mit der Stellung in der Bezirkskommission war kein Gehalt verbunden, und die Zeit, die er dafür aufwenden musste, fehlte ihm im Geschäft, das somit nicht so lukrativ war, wie es hätte sein können.
    »Er würde seinen Betrieb nie aufgeben.« Vane-Tempest sprach seine Gedanken laut aus, und genau das war es, was Mim durch ihre direkte Art zu erreichen gehofft hatte. Als Engländer konnte er nicht wissen, dass sie ihm einen Köder hinwarf. Da die Einheimischen genau wussten, was Mim tat, waren sie verstummt, sobald sie das Wort ergriffen hatte.
    »Aileen könnte den Betrieb führen.« Little Mim war gut auf Big Mim eingespielt, obwohl sie sich oft über ihre übermächtige Mutter ärgerte. »Praktisch tut sie das sowieso.«
    »Archie fehlt es an Einfühlungsvermögen, und ein guter Drucker muss mit Leuten umgehen können, die wenig Ahnung haben, wie lange so ein Druck dauert oder wie viel er kostet. Sie haben recht. Er sollte den Betrieb Aileen überschreiben. Und warum er Bezirksabgeordneter werden wollte, nun ja, er hat seine Lieblingsprojekte, aber in Wahrheit wollte er Macht.« Vane-Tempest ließ einen Knöchel knacken, was seine ungewöhnliche Nervosität verriet.
    »Menschenversammlungen sind Zeitverschwendung«, bemerkte Pewter gelassen. »Jeder muss eine Meinung äußern. Dann müssen alle anderen sie widerlegen oder ergänzen. Ich sage, Mund halten und ran an die Buletten.«
    »Das können sie nicht«, erklärte Mrs Murphy. »Die meisten Katzen sind sich, bei genauer Betrachtung, annähernd ähnlich. Ich meine, wir können alle ungefähr gleich hoch springen, gleich schnell rennen. Die Menschen dagegen sind sehr verschieden. Sie haben ganz unterschiedliche Begabungen. Sie können nur überleben, wenn sie miteinander reden und zu einer Übereinstimmung gelangen. Alle Herdentiere sind so. Wir sind keine Herdentiere.«
    »Ich bin auch keins«, protestierte Tucker.
    »Du bist ein Rudeltier. Wo ist da der Unterschied?«
    »Ich bin ein Individuum.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass du kein Individuum bist, Tucker. Aber Hunde neigen dazu, in Rudeln zu rennen und in Rudeln zu töten.«
    »Ich hüte Kühe, Schafe, alles. Ich bin kein Jagdhund.«
    »Aber ein streitlustiger.« Mrs Murphy schnippte mit dem Schwanz.
    »Tucker ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt.« Pewter war nicht zum Streiten aufgelegt. Archies und H. Vanes Zankerei miterleben zu müssen hatte ihr gereicht.
    Vane-Tempest warf die Schultern zurück. »Auf mich hört Arch ja ganz offensichtlich nicht, aber ich glaube, einige von Ihnen werden einen Zugang zu ihm finden. Vielleicht können Sie die Wogen glätten.«
    Miranda zitierte Hiob, Kapitel 5, Vers 7: »›Sondern der Mensch wird zu Unglück geboren, wie die Vögel fliegen, emporzuschweben.‹«
    »Was soll das denn bitte heißen?«, fragte der Engländer höflich.
    »Ich weiß es nicht. Ist mir einfach so eingefallen.« Mrs H. lachte über sich selbst.
    Just in diesem Moment stieß Reverend Herbert Jones die Tür auf. Alles verstummte und starrte ihn an.
    »Was halten Sie davon?«
    Mit gestrafften Schultern und erhobenem Haupt stand er da in seiner Uniform eines Hauptfeldwebels der Konföderierten mit den roten Aufschlägen der Artillerie.
    Dann sprachen alle auf einmal.
    »Eigenartig«, sagte Tucker.
    »Wieso?«, fragten die Katzen.
    »Als würden die Toten wieder lebendig.«

 
12
     
    Obwohl Reverend Herbert Jones an die Beichten seiner Herde gewöhnt war, kam es immer wieder vor, dass einzelne Schäfchen ihn überraschten.
    Er führte Archie Ingram in seine gemütliche Bibliothek, wo Herbs zwei prachtvolle Katzen, Lucy Fur und Eloquenz, auf einem Bärenfell vor dem Kamin dösten. Herb hatte den Bären als Junge geschossen. Er

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