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Die Katze riecht Lunte

Die Katze riecht Lunte

Titel: Die Katze riecht Lunte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Mae Brown
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Murphy spürte, dass der Charakter der Ereignisse sich verändert hatte, wie bei einem Lichtwechsel im Theater. Die Stimmung ändert sich mit der Beleuchtung. Auf einen Schlag kann sie tückisch werden.

 
24
     
    Henry Vane-Tempest war mit Schläuchen gespickt. Bei Bewusstsein, aber mit Schmerzen, lag H. im Krankenbett und zählte die Minuten, bis die nächste Spritze Linderung bringen würde. Am meisten schmerzte sein wieder eingerenktes Schulterblatt.
    »Schatz, trink einen Schluck Wasser. Du trocknest sonst noch aus.« Sarah hielt ihm einen Plastikbecher Wasser mit einem gebogenen Plastiktrinkhalm hin.
    Er trank. »Wo ist die verdammte Schwester?«
    »Sie wird jeden Moment hier sein.« Sarah sah auf ihre Uhr.
    Die korpulente Schwester erschien pünktlich auf die Minute. »Wie geht’s Ihnen denn?«
    »Ging mir schon besser.«
    Sie warf einen Blick auf seine Anzeigentafel und fühlte seinen Puls.
    »Es geht ihm gar nicht gut. Können Sie seine Dosis nicht erhöhen?«
    »Nein. Das kann nur der Arzt.« Sanft ließ die Schwester sein Handgelenk wieder los. »Dies wird Ihnen fürs Erste helfen. Ich weiß, es lässt schneller nach, als Ihnen lieb ist, aber Dr. Svarski setzt alles daran, die Leute so schnell wie möglich auf die Beine und hier rauszukriegen. Wenn Sie von Schmerzmitteln abhängig werden, ist das viel schwieriger.«
    H. Vane funkelte sie böse an, als sie ihm die Nadel in den linken Arm stach.
    »Wie steht’s mit seinem Schlaf? Wenn Sie ihm abends eine höhere Dosis geben, kann er wenigstens durchschlafen. Jetzt wacht er ständig auf.«
    »Mrs Tempest -«
    »Lady Vane-Tempest.« Sarah war gereizt.
    »Ma’am, das müssen Sie mit Dr. Svarski besprechen. Ich kann die Dosis Ihres Mannes nicht erhöhen.« Und damit verließ sie das Zimmer.
    »Ich hasse Krankenschwestern.« Sarah schloss die Tür und setzte sich dann zu ihm. »Soll ich dir vorlesen?«
    Er lächelte sie an. »Lieb von dir, aber ich kann mich auf nichts konzentrieren. Meine Gedanken schweifen ab. Ich konnte nicht mal Shaws Fragen beantworten.«
    »Dafür hat er Verständnis.« Sie senkte die Stimme. »Henry, wir sind unter uns. Nichts dringt nach außen. Ich verstehe ja, dass du keine Anschuldigungen vorbringen willst, die du nicht belegen kannst. Dazu bist du zu fair. Aber unter uns, wer wollte dich erschießen? Gibt es da etwas, das ich nicht weiß?«
    Er sah seiner Frau in die forschenden Augen. »Sarah, der Einzige, der mir einfällt, ist Archie.«
    »Ja, natürlich.« Sie legte ihre Hand auf seine.
    »In letzter Zeit hätte ich ihn auch erschießen mögen.« Er lachte, doch das tat so weh, dass er es bleiben ließ. Sie schüttelte den Kopf. »Er ist wohl durchgedreht. Der Sheriff kann ihn nicht festnehmen, bevor sie nicht mehr Beweise haben … Wie fühlst du dich, Schatz, du siehst fix und fertig aus.«
    »Müde.«
    »Schlaf. Du brauchst viel Schlaf.«
    »Ja, aber das ist so langweilig.« Er drückte ihre Hand und schlief prompt ein.

 
25
     
    Der Daily Progress brachte die Nachricht von der Fliegerjacke. Sie löste einen Sturm von Mutmaßungen und eine Flut von Hinweisen aus – alles Sackgassen.
    Harry war entschlossen, an diesem Samstag ihre Barbourjacke zu wachsen. Wenn sie es jetzt nicht tat, würde sie es in zwei Tagen bereuen, wenn laut Vorhersage noch mehr Regen fiel.
    Während sie das Wachs anwärmte, bürstete sie die Jacke, begutachtete die Nähte, leerte die Taschen aus. Eine alte Kinokarte fiel heraus.
    »Ich weiß gar nicht mehr, wann ich zuletzt im Kino war.«
    »Du musst öfter mal raus«, empfahl Tucker.
    Mrs Murphy putzte gerade ihren Schwanz. Sie lauschte dem Blauhäher, der vor dem Stalltor kreischte. Vögel regten ihre Sinne an. Blauhäher waren frech, furchtlos und fulminante Sturzflieger.
    »Halt den Schnabel«, rief Pewter nach draußen.
    »Halt selber den Schnabel, Fettsack!«
    »Ich hätte nicht übel Lust, rauszugehen und ihm eine Lektion zu erteilen«, grummelte Pewter.
    Murphy bewunderte ihren Schwanz. Dank dieses Fortsatzes hatte sie eine bessere Balance als Harry, doch die Pflege war aufwendig. Wenn sie vergaß, ihn hochzunehmen, sammelte er Schmutz oder Staub an. Wenn sie von strömendem Regen überrascht wurde, sah er aus wie ein ellenlanger Rattenschwanz, was ihre maßlose Eitelkeit kränkte. Wenn sie eine Lilie streifte, beschmierte sie ihn mit klebrigen rostfarbenen Pollen. Im Herbst nahm sie »Anhalter« mit. Diese aus dem Schwanz zu beißen war ein zeitraubendes Unterfangen. Trotzdem würde sie

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