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Die Katze

Titel: Die Katze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding Kristian Lutze
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hatte Bram ihr erklärt. Waren sie das? Potentielle Modelle? Oder potenzielle Mordopfer? »Nein. Bitte nicht.«

    Ihr schöner, verlorener Bruder, der den größten Teil des zurückliegenden Jahrzehnts im Drogennebel verbracht hatte - war er wirklich fähig, jemand anderem als sich selbst wehzutun?
    Drücken. Klingeln.
    Hier ist Charley Webb. Leider ...
    Wie oft hatte sie ihn im Stich gelassen? Wie oft hatte sie ihn enttäuscht, ihn getadelt, ihm den Rücken gekehrt? Er war das jüngste, schönste und mit Abstand empfindsamste der vier Webb-Kinder. Seine Schwestern hatten es irgendwie geschafft, die Verletzungen ihrer Kindheit produktiv zu verarbeiten, aber Brams Schmerz war nur von Alkohol und Drogen gelindert worden.
    Charley erinnerte sich daran, wie ihre Mutter ihr gezeigt hatte, wie man Bram als Säugling halten musste. Sie erinnerte sich an die Anweisung, ihn sanft zu wiegen, ohne dass sie damals geahnt hatte, dass sie bald die Einzige sein würde, die ihn in ihren Armen wiegen würde. Sie sah die Folge gleichgültiger Kindermädchen vor sich, an deren Röcke er sich geklammert hatte, die Augen glasig, bis seine Tränen endgültig getrocknet waren. Sie erinnerte sich an die gemeinen Hänseleien der anderen Kinder, die ihn auf dem Weg von der Schule nach Hause verfolgten, und die noch grausamere Ermahnung seines Vaters, »es wie ein Mann zu ertragen«.
    Drücken. Klingeln.
    Hier ist Charley Webb. Leider ...
    Auch sie hatte ihn verlassen, gestand Charley sich ein, war direkt nach ihrem Examen nach Florida geflohen, entschlossen, sich einen Namen zu machen. Und dabei war sie so sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, dass sie keine Zeit gehabt hatte, sich Sorgen um ihren haltlosen jüngeren Bruder zu machen. Schließlich war Bram zu ihr gekommen, war mit seinem uralten MG nach Miami gefahren, wo er sich eine Wohnung gemietet und ein paar Kunstkurse besucht hatte, wenn er nicht
zu bekifft war. Und in einem dieser Kurse hatte er Pamela Rohmer kennengelernt. Und durch Pamela ihre Schwester Jill.
    Jack und Jill.
    War das denkbar?
    Charley drückte auf die Wahlwiederholungstaste und wappnete sich gegen den unerwünschten Klang ihrer eigenen Stimme.
    »Hallo?«, meldete sich stattdessen ihre Mutter. »Hallo? Ist da jemand?«
    Charley stockte der Atem. Sie hatte sie erreicht. Sie waren in Sicherheit.
    »Niemand sagt etwas«, sprach ihre Mutter weiter. »Ich glaube, ich mache irgendwas falsch.«
    »Mom!«, rief Charley, und das Wort hallte im Zimmer wider wie eine Detonation. »Mom? Hörst du mich?«
    »Charley?«
    »Wo seid ihr gewesen? Ich versuche seit Stunden, euch zu erreichen.«
    »Wir waren im Magic Kingdom. Da war es so voll, dass wir das Pfeifen wohl nicht gehört haben. Ich habe auch schon versucht, dich zu erreichen, aber es hat sich immer nur der Anrufbeantworter gemeldet.«
    »Ist das Mommy?«, hörte Charley eine Kinderstimme fragen.
    »Franny?«, rief Charley. »Ist das Franny?« Ihre Tochter war da. Sie war unversehrt.
    »Natürlich ist das Franny. Ich gebe sie dir. Ich muss mich für ein paar Minuten hinlegen. Mein Magen macht mir schon den ganzen Tag Probleme.«
    Charley hörte, wie das Telefon weitergereicht wurde. »Wo bist du, Mommy?«, fragte Franny. »Bist du bald da?«
    »Noch nicht, Schätzchen. Aber Alex ist bald da. Deshalb möchte ich, dass du und James nirgendwo hingeht, bis er kommt...«

    »James ist nicht hier«, unterbrach Franny sie.
    »Wo ist er denn?«
    »Zusammen mit Onkel Bram.«
    Charley musste sich auf die Unterlippe beißen, um nicht laut loszuschreien. »Und wo sind sie?«
    »Sie sind noch im Magic Kingdom. James wollte zu den Pirates of the Caribbean, aber die Schlange war so lang, und Grandma ging es nicht gut.«
    »Gib sie mir noch mal.«
    »Sie ist ziemlich krank, Mom.«
    »Franny, gib mir sofort deine Großmutter«, fauchte Charley.
    »Was ist los?«, wimmerte Franny.
    »Was ist denn, Schätzchen?«, hörte Charley ihre Mutter fragen.
    »Ich glaube, Mommy ist wütend auf mich...«
    »Charley?«, meldete sich ihre Mutter wieder. »Was...?«
    »Du hast James mit Bram alleine gelassen?«
    »Ist das ein Problem? Sie hatten so viel Spaß, und ich wollte nicht allen den Tag verderben, bloß weil ich mich ein wenig unwohl fühle. Franny wollte mir Gesellschaft leisten.«
    »Wie lange ist das her?«
    »Noch nicht lange. Nicht länger als eine halbe Stunde. Warum? Ist irgendwas nicht in Ordnung?«
    »Ja«, erklärte Charley ihr. »Etwas ist ganz und gar nicht in Ordnung. Wir

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