Die Katze
müssen James finden. Wir müssen ihn von Bram wegbringen.«
»Wovon redest du?«
»Ich kann dir das jetzt nicht erklären. Habt ihr schon was von der Polizei gehört?«
»Von der Polizei? Gütiger Gott, nein. Warum sollten wir...«
»Sie war wahrscheinlich in eurem Hotel, als ihr noch im Magic Kingdom wart. Hoffentlich kommen sie noch mal wieder...«
»Warum? Was hat das alles zu bedeuten?«
»Alex wird alles erklären, wenn er kommt. Lass Franny bis dahin nicht aus den Augen, und wenn Bram mit James zurückkommt, sorge dafür, dass die beiden nicht wieder weggehen.«
»Du machst mir langsam Angst.«
»Hab keine Angst. Tu einfach, was ich sage.«
»Wann kommt Alex?«
Charley sah auf die Uhr, eine nutzlose Handbewegung, denn die Zahlen tanzten noch immer vor ihren Augen. »In etwa einer Stunde.« Stimmte das? Wie lang war er schon weg? Sie sah den Zettel mit seiner Telefonnummer auf dem Couchtisch. »Ich rufe ihn an, sobald wir aufgelegt haben. Pass einfach auf Franny auf. Lass sie nicht aus den Augen«, sagte Charley, wie sie es am Morgen auch ihrem Bruder erklärt hatte.
Ich werde über sie wachen wie ein Falke , hatte er erwidert.
War es möglich, dass er die ganze Zeit geplant hatte, sie umzubringen?
Nein, das konnte nicht sein. Es konnte nicht sein.
Charley drückte auf die rote Taste des Telefons und tippte sofort Alex’ Nummer ein. Es hatte kaum geklingelt, als Alex auch schon abnahm.
»Charley?«, fragte er. »Hast du deine Mutter erreicht?«
»Ich habe eben mit ihr gesprochen. Sie ist mit Franny im Motel.«
»Und wo ist James?«
»Er ist immer noch in Disney World. Mit Bram.«
»Okay«, sagte Alex nach einer kurzen Pause, »pass auf. Zumindest wissen wir jetzt, dass Franny in Sicherheit ist.«
»Wo bist du?«
»Fast da. Ich rufe noch mal bei der Polizei an und informiere sie über den neuesten Stand. Hat deine Mutter sonst noch was gesagt?«
»Franny hat gesagt, dass James zu den Pirates of the Caribbean wollte. Und dass die Warteschlange sehr lang war.«
»Manchmal muss man stundenlang anstehen«, bestätigte Alex. »Wenn wir Glück haben, warten sie noch. Dann muss die Polizei nur die Warteschlange kontrollieren.«
»Glaubst du wirklich?«
»Ich glaube, wir haben eine Chance. Wie fühlst du dich?«
»Ein bisschen besser«, log Charley.
»Gut. Ich rufe dich an, sobald ich etwas Neues weiß.«
»Ruf mich in jedem Fall an.«
»Das mache ich. Versuche, Ruhe zu bewahren.«
Nachdem Alex sich verabschiedet hatte, saß Charley mindestens zehn Minuten lang regungslos auf dem Sofa. Alles würde gut werden, sagte sie sich immer wieder. Franny war in Sicherheit. Alex auf dem Weg. Er würde James finden, bevor Bram ihm etwas tun konnte. Alles würde gut.
Nur, dass nichts je wieder gut sein würde. Nicht, wenn es stimmte, dass Bram Jills Komplize gewesen war. Nicht, wenn es stimmte, dass er sie betäubt hatte, um sie von ihren Kindern zu trennen. Nicht, wenn es stimmte, dass er genauso geistesgestört und kaltblütig war wie Jill.
Konnte das wirklich wahr sein?
Konnte es?
Dass Jill sie täuschen konnte, war eine Sache, aber dass jemand, den sie buchstäblich sein Leben lang gekannt hatte, sie so hinters Licht geführt haben sollte, eine ganz andere. Ihr eigen Fleisch und Blut. Der süße, sensible, schöne Bram. Ja, er hatte Probleme. Ja, er war verantwortungslos. Aber er war auch ein liebevoller Bruder und ein wunderbarer Onkel, jedenfalls ganz bestimmt kein psychopathischer Sadist. Nie im Leben könnte er den Kindern etwas antun, die er seit ihrer Geburt vergöttert hatte. Nie im Leben konnte sie das glauben.
Und warum sollte sie es glauben, fragte sie sich unvermittelt. Weil Jill es gesagt hatte? Warum sollte sie irgendetwas glauben, was Jill sagte?
Weil sie Dinge gewusst hatte, erinnerte Charley sich. Sie
wusste von den Blaubeerpfannkuchen und der Fertigmischung von Aunt Jemima. Sie wusste, dass Bram sich entschieden hatte, mit nach Disney World zu kommen. Und wie sollte sie das alles wissen, wenn nicht... wenn nicht irgendjemand sie angerufen und sie mit den entsprechenden Informationen versorgt hatte?
Im nächsten Moment war Charley auf den Beinen und lief im Zimmer auf und ab. »Es kann nicht sein. Es kann nicht sein.« Und doch war es die einzige logische Erklärung. Charley rannte zurück in Alex’ Schlafzimmer und begann, die Schubladen der Kommode zu durchwühlen. Was machte sie? Wonach suchte sie? »Hier ist nichts«, sagte sie laut, während sie T-Shirts und Pullis
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