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Die Katze

Titel: Die Katze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding Kristian Lutze
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Bevor ich ins Gefängnis gekommen bin, habe ich jede Woche Ihre Kolumne gelesen. Am besten fand ich die, in der Sie darüber geschrieben haben, wie ein Ex-Freund Sie zum Bungee-Jumping überredet hat - das konnte ich gut nachvollziehen, zumal ich mich selbst auch zu ein paar dummen Aktionen habe überreden lassen. Und dann die, in der Sie verzweifelt vor dem Kleiderschrank stehen und sich nicht entscheiden können, was Sie zur Hochzeit des Vaters Ihres Kindes anziehen sollen, um die Braut nicht in den Schatten zu stellen. Die fand ich urkomisch. Aber auch rührend, wie Sie an die Gefühle aller Beteiligten gedacht haben.
    Ich habe sogar öfter an Ihre Website geschrieben, und Sie haben mir netterweise geantwortet. Wahrscheinlich erinnern Sie sich nicht daran, und warum sollten Sie auch? Ich habe die Mails vor ungefähr drei Jahren geschrieben, kurz nachdem Sie mit Ihrer Kolumne angefangen haben. Das war lange, bevor irgendetwas geschehen war, und ich habe auch nicht meinen richtigen Namen benutzt, sodass Sie keinen Grund haben, mich mit dem Monster in Verbindung zu bringen, über das Sie später geschrieben haben. Die Bestialische Babysitterin haben Sie mich genannt. Das hat mich wirklich getroffen - und trifft mich bis heute -, weil ich es nicht leiden kann, dass Sie mich so verdammen. Ich möchte, dass Sie mich mögen. Ihre Meinung ist mir sehr wichtig.
    Als ich Ihnen das erste Mal geschrieben habe, ging es um meine Schwester, die schon immer eine echte Nervensäge war. Ich hatte mir eine Bluse von ihr ausgeliehen - ich schwöre, ich
wusste nicht, dass es ihre Lieblingsbluse war - und mein Freund hat aus Versehen Rotwein darauf gekleckert. Der Freund hieß übrigens Gary. (Vielleicht erinnern Sie sich an ihn - er hat beim Prozess gegen mich ausgesagt.) Als wir versuchten, den Fleck auszuwaschen, wurde es nur schlimmer. (Ich wusste nicht, dass es eine Seidenbluse war, die man reinigen lassen muss.) Pam ist ziemlich jähzornig - wie unsere ganze Familie -, und ich hatte Angst, ihr zu erzählen, dass ich ihre Bluse versaut hatte, also habe ich sie feige, wie ich war, in den Müll geworfen. Aber als sie dann geweint und das ganze Haus auf den Kopf gestellt hat, hatte ich ein schlechtes Gewissen. Also habe ich Ihnen geschrieben und Sie um Rat gebeten. Sie haben mir geantwortet, Sie würden eigentlich keine Ratgeber-Kolumne schreiben, Ihrer Meinung nach sollte ich meiner Schwester jedoch alles gestehen und anbieten, die Bluse zu ersetzen. Ich fand, das war ein guter Rat, und ich habe mir oft gewünscht, ich hätte ihn befolgt. Aber ich konnte einfach nicht. Ich hatte zu viel Angst vor ihrem Wutausbruch. (Außerdem hatte ich kein Geld.)
    Beim zweiten Mal hatte ich Probleme mit Gary. Ich habe Ihnen geschrieben, dass es immer nach ihm gehen musste und dass er versuchte, mich zu Sachen zu überreden, bei denen ich mich echt unwohl fühlte, und dass ich Angst hätte, ihn zu verlieren, wenn ich nicht mitmachte. Sie haben noch einmal klargestellt, dass Sie keine Ratgeber-Kolumnistin sind, ich allerdings Ihrer Ansicht nach nichts tun solle, wobei ich mich nicht wohlfühle, und dass ich mir weniger Sorgen darüber machen solle, meinen Freund zu verlieren, als darüber, mich selbst aufzugeben. Diese Worte haben mich tief berührt, auch wenn ich Ihren Rat wieder nicht befolgt habe.
    Denken Sie bitte nicht, er wäre falsch gewesen, bloß weil ich nicht stark oder klug genug war, ihn anzunehmen. Sie hatten vollkommen recht. Am Ende habe ich mich aufgegeben. Und so bin ich auch in diesen schrecklichen Schlamassel geraten.
    Ich möchte, dass Sie wissen, dass ich nichts von all dem geplant
habe. Ich wollte nie jemandem wehtun. Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich bei den furchtbaren Dingen mitgemacht haben soll, die man mir vorwirft. Es scheint mir unmöglich, dass ich mich auf so etwas eingelassen haben soll. Im Grunde meines Herzens bin ich ein wirklich guter Mensch. Ich hoffe, Sie glauben mir. Ich hoffe, dass wir eines Tages vielleicht sogar Freundinnen sein können.
    Damit komme ich zum Grund dieses Briefes.
    Im vergangenen Jahr hatte ich viel Zeit nachzudenken. Über alles Mögliche. Nicht nur über die schrecklichen Dinge, die mich hierhergebracht haben, obwohl die natürlich offensichtlich wichtig sind, sondern auch darüber, wie ein Mensch mit meiner Herkunft und Erziehung zu so etwas überhaupt fähig ist - meine Eltern sind seit fast vierunddreißig Jahren verheiratet und gehen regelmäßig zur Kirche, außerdem habe

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