Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Katze

Titel: Die Katze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding Kristian Lutze
Vom Netzwerk:
wenigen
klugen Entscheidungen, die er je getroffen hat«, murmelte sie laut.
    »Wie bitte?«, fragte Glen.
    »Kluge Entscheidung, einen Kaffee zu trinken«, schob Charley schnell nach und fragte sich, ob er sich täuschen ließ. Oder überhaupt irgendjemand.
    »Immer gerne.« Das Telefon klingelte. Glen erhob sich von dem Sofa und ging mit drei lässigen Schritten zum Schreibtisch. »McLaren«, meldete er sich. »Hallo, wie geht es dir ?«, fragte er leiser, und sein Ton wurde schlagartig sanft und verführerisch. Er hielt die Sprechmuschel zu und flüsterte Charley zu. »Nur eine Minute.«
    »Soll ich rausgehen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht nötig.« Er setzte sich an seinen Schreibtisch und drehte sich in dem schwarzen Chefsessel mit der hohen Lehne zum Fenster. »Natürlich freue ich mich, dass du anrufst. Nein, du störst überhaupt nicht.«
    Charley runzelte die Stirn. Das Gewitter war ein wenig abgeflaut, sodass sie immerhin die Kronen der riesigen, sich im Wind biegenden Palmen ausmachen konnte. »Wach auf, Bram«, flüsterte sie mit zusammengebissenen Zähnen. Sie kehrte zu dem Sofa zurück und strengte sich an, Glens Telefonat nicht zu belauschen.
    »Nein, ich habe heute nach Feierabend noch nichts vor«, hörte sie ihn sagen.
    Ein schöner lauter Donnerschlag wäre jetzt passend, dachte sie und überlegte, was sie tun konnte, um seine Stimme auszublenden. Sie griff nach ihrer Handtasche auf dem Fußboden und dachte daran, Emily in New York anzurufen, weil sie die Einzige der Geschwister war, mit der Charley heute noch nicht gesprochen hatte. Emily wäre bestimmt genauso begeistert von ihr zu hören wie Anne.
    »Natürlich würde ich mir deine neue Wohnung gern anschauen«, schnurrte Glen mittlerweile förmlich.

    »So ein Mist«, fuhr es ihr heraus, und sie setzte ein gezwungenes Lächeln auf, als Glen zur ihr herumlinste, um zu sehen, was los war. »Ich hab bloß was gesucht«, flüsterte sie und zog einen weißen Umschlag aus ihrer Handtasche. »Schon gefunden«, rief sie, obwohl sie sich in Wahrheit kaum daran erinnerte, den Brief in ihre Tasche gestopft zu haben, als sie aus ihrem Büro gestürzt war.
    Sie haben Post , hörte sie Monica sagen.
    Charley wendete den Umschlag in ihrer Hand und betrachtete den Absender. Pembroke Correctional.
    Sieht so aus, als hätten Sie einen Fan .
    Charley verdrängte Glens vielsagendes Geplauder, riss den Umschlag auf, zog mehrere Bögen weißes, liniertes und mit einer mädchenhaften Handschrift beschriebenes Papier heraus und begann zu lesen.

KAPITEL 4
    17. Januar 2007
    Hallo, Charley,
    ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass ich Ihnen schreibe. Sie haben bestimmt schrecklich viel zu tun und bekommen wahrscheinlich tonnenweise Post, aber vielleicht nicht so oft aus Gefängnissen. Ich kann echt immer noch nicht glauben, dass ich wirklich hier bin, obwohl es jetzt schon länger als ein Jahr ist. Ich hatte wirklich Angst davor - kennen Sie die ganzen unheimlichen Filme über das Leben in einem Frauengefängnis? Doch so schlimm ist es ehrlich gesagt gar nicht. Nach den Morddrohungen, die ich von den angeblich gesetzestreuen Bürgern draußen bekommen habe, war es offen gestanden sogar eine Erleichterung, und bis jetzt hat noch niemand versucht, mich mit einem Besenstiel zu vergewaltigen oder irgendwas anderes Schreckliches. Es ist ehrlich gesagt ziemlich ruhig und relativ sauber hier, worüber ich froh bin, weil ich nämlich einen kleinen Sauberkeitstick habe.
    Die anderen Gefangenen haben sich alle als ziemlich nett erwiesen - die meisten Frauen sind wegen Drogensachen hier -, obwohl erst mal lange niemand mit mir geredet hat. Aber ich habe versucht, mich von meiner besten Seite zu zeigen, war immer freundlich und hilfsbereit, und irgendwann sind doch fast alle über ihren Schatten gesprungen. Eine Frau - die hier ist, weil sie ihre beste Freundin bei einem Streit über das Fernsehprogramm mit einer Schere erstochen hat - hat mir sogar erklärt, sie findet,
dass ich ein hübsches Lächeln habe. Ich glaube, dass sie vielleicht ein bisschen verknallt in mich ist, obwohl ich sie in keiner Weise ermutigt habe. Es gibt immer noch einige Frauen, meistens Mütter von kleinen Kindern, die nichts mit mir zu tun haben wollen, aber ich spüre, wie ihr Widerstand langsam bröckelt.
    Es hört sich vielleicht seltsam an, und ich hoffe, Sie verstehen das nicht falsch, aber Sie waren immer eine Art Vorbild für mich. Ich möchte, dass Sie wissen, wie sehr ich Sie bewundere.

Weitere Kostenlose Bücher