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Die Katze

Titel: Die Katze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding Kristian Lutze
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mir leid«, entschuldigte er sich und warf die Kopfhörer auf die Rückbank. »Es ist ein kniffliger Fall.«
    »Dürfen Sie darüber sprechen?«
    »Nun, ohne zu sehr in die Einzelheiten zu gehen, handelt es sich um die total zerstrittenen Erben eines ziemlich beträchtlichen Vermögens. Es geht Bruder gegen Schwester, Schwester gegen Tante und alle gegen die Mutter.«
    »Klingt vertraut.«
    Er lächelte wissend. »Vermutlich gibt es in jeder Familie Konflikte.«
    »Wahrscheinlich geht es nicht mal um das Geld«, sagte Charley.
    »Glauben Sie mir«, widersprach Alex. »Es geht ums Geld.«

    Charley lachte, als sie in die Straße einbogen, die direkt zu dem Gefängnis führte. Sie registrierte das plötzliche Fehlen jeglicher Bäume, den trockenen Boden und das verdörrte Gras, die Stacheldrahtrollen auf der Krone der hohen Zäune, die das Gelände begrenzten. Sie schob ihre Sonnenbrille nach oben und konnte beim Näherkommen auch die Gitter vor den Fenstern, die Gewehre der Wärter in ihren Häuschen und die Pistolen in den Halftern der patrouillierenden Wachmänner ausmachen. »Die sehen ja nicht besonders freundlich aus.«
    »Was wissen Sie über unser Gefängnissystem?«, fragte Alex.
    »Nicht viel.« Charley hatte eigentlich noch ein paar Recherchen anstellen wollen, aber zwischen der Fertigstellung ihrer Kolumne für die Sonntagsausgabe, der Vorbereitung von Frannys Wochenendbesuch bei Ray und den Sorgen um James waren ihr Zeit und Kraft ausgegangen. Außerdem war immer noch nichts endgültig entschieden. Nichts war verhandelt oder vereinbart. Alles hing von dem heutigen Treffen ab.
    »Nun, laut der Strafvollzugsbehörde des Staates Florida, die seit 1930 eine Verbrechensstatistik führt«, begann Alex unaufgefordert, »ist die Zahl der Straftaten im vergangenen Jahrzehnt um achtzehn Prozent zurückgegangen, die Zahl der neuen Häftlinge in Strafvollzugsanstalten des Staates um fünfzehn Prozent.«
    »Wirklich? Wie kommt es dann, dass ich ständig von überfüllten Gefängnissen lese?«
    »Erstens«, sagte Alex, und die Statistiken sprudelten aus seinem Mund wie Wasser aus einem Brunnen, »können Häftlinge nach einem Gesetz aus dem Jahr 1995 erst nach Verbüßung von fünfundachtzig Prozent ihrer Strafe auf Bewährung entlassen werden. Und zweitens erlauben es die Gesetze des Staates Florida, die Strafvollzugsanstalten mit einer Belegungsquote von einhundertfünfzig Prozent zu führen.«
    »Was?«
    »Es ist nicht so schlimm, wie es sich anhört. Die meisten
Haftanstalten haben Ausweichmöglichkeiten, viele Insassen sind in Arbeitslagern und Weiterbildungs- und Reintegrationsmaßnahmen oder in Krankenhäusern und Drogenentzugseinrichtungen untergebracht.«
    »Wie viele Leute sitzen in Florida im Gefängnis?«, fragte sie.
    »Ich würde schätzen, so um die fünfundsiebzigtausend.«
    So viel, wie eine Handtasche bei Bottega Veneta kostete, dachte Charley.
    »Davon fünftausend Frauen«, fuhr Alex fort.
    »Und wie ist das Verhältnis im Pembroke Correctional?«
    »Die maximale Kapazität beträgt fünfhundertvierzig Insassen, zur Zeit sitzen de facto mehr als siebenhundert Frauen ein.«
    »Ich meine, das Verhältnis von Männern zu Frauen.«
    »Es sind alles Frauen.«
    »Es sind alles Frauen?«, wiederholte Charley.
    »Sie klingen überrascht.«
    »Ich bin mir sicher, dass Jill … eine Sekunde.« Charley zog Jills Brief aus der Handtasche und blätterte die Seiten durch. »Ja, hier. Das Pembroke Correctional erlaubt keine Gefängnishochzeiten. Außerdem gibt es nicht viele Gelegenheiten, einen passenden Mann kennenzulernen. (Männer und Frauen sind getrennt untergebracht, obwohl wir manchmal Gelegenheiten finden zusammenzukommen. Hinter den Bücherregalen einer Gefängnisbücherei wird beispielsweise sehr viel mehr gemacht als nur gelesen.) Auch darüber erzähle ich gerne mehr, wenn Sie zustimmen, das Buch zu machen. «
    Alex lachte. »Da können Sie mal sehen.«
    »Was genau kann ich sehen?«, fragte Charley ungeduldig.
    »Sie hat offensichtlich versucht, Sie zu locken.«
    »Ich mag es nicht, wenn man mich anlügt.«
    »Nun, formal ist es auch keine Lüge. Man könnte natürlich als Argument vorbringen, Pembroke Correctional ist ein Frauengefängnis
und deshalb streng geschlechtergetrennt. Zugleich gibt es aber auch Männer auf dem Gelände - Vollzugsbeamte, Hilfspersonal, Wachen, Arbeiter. Ich bin sicher, dass manche von ihnen gelegentlich einen Weg finden, mit den weiblichen Gefangenen

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