Die Katze
wollüstigen Nachbarin in der Hand.
So hatte sie ihn schließlich kennengelernt, dachte sie lächelnd. Nachdem sie mehrere Wochen lang seinen prächtigen, halbnackten Körper bewundert hatte, während er im Nachbargarten einen neuen Pool ausgehoben, zementiert und gekachelt hatte, hatte sie den Kopf über den Zaun gesteckt und ihn gefragt, ob er etwas Kaltes zu trinken wollte. »Was haben Sie denn?«, hatte er erwidert und war ihr ins Haus gefolgt.
Neun Monate später kam James zur Welt, ein Abbild seines Vaters, und auch wenn Steve nie zum festen Inventar ihres Lebens gehört hatte, gab er sich doch Mühe, seinen Sohn mehrmals im Monat zu sehen. Er war zwei Jahre jünger als Charley und immer noch zufrieden damit, sich von Job zu Job, Garten zu Garten und Limonade zu Limonade treiben zu lassen.
»Mir geht es gut. Und dir?« Charley fragte sich, ob irgendwas passiert war. Es sah Steve gar nicht ähnlich, sie bei der Arbeit anzurufen.
»Alles super. Ich habe allerdings am Wochenende ein kleines Problem.«
»Was soll das heißen, du hast ein kleines Problem?«
»Ich schaffe es nicht.«
»Wie meinst du das, du schaffst es nicht?«
»Ist das ein Problem?«
»Ja, das ist allerdings ein Problem. Ich habe nämlich schon was vor.«
»Es tut mir echt leid, Charley. Du weißt, dass ich das nicht machen würde, wenn es nicht wirklich wichtig wäre.«
»Wichtiger als dein Sohn?«, fragte Charley und wünschte sich im selben Moment, es nicht gesagt zu haben. Es war sonst nicht ihre Art, ihren Ex-Männern Schuldgefühle zu machen. In Wahrheit hatte keiner von ihnen damit gerechnet, Vater zu werden, und noch wahrer war, dass sie als alleinerziehende Mutter ganz glücklich war. Sie hatte nie gewollt, dass einer der Männer zum Mittelpunkt ihres Lebens wurde, und sie nie um irgendetwas gebeten, nicht einmal um Kindesunterhalt. Trotzdem hatte Frannys Vater Ray von Anfang an darauf bestanden, seine Tochter finanziell zu unterstützen und an ihrem Leben teilzuhaben. Er überwies Charley jeden Monat pünktlich Geld, und auch Steve steuerte hin und wieder etwas bei. Beide Männer hatten sich als weit verantwortungsvoller erwiesen, als sie es hatte erwarten dürfen.
»Komm, Charley. Sei nicht so.«
»Tut mir leid. Ein neuer Job?«
»Ein neues Mädchen«, sagte er, und Charley konnte das Lächeln in seiner Stimme förmlich hören. »Sie möchte mich ihren Eltern vorstellen. Sie leben in Sarasota.«
»Klingt ernst.«
»Na ja, wer weiß?«
Charley spürte ein leichtes Stechen in der Brust. Sie wusste es, selbst wenn er es nicht wusste. Sie wusste auch, dass Frauen in der Regel alles nur verkomplizierten. Nachdem Ray Elise geheiratet hatte, war jedenfalls alles komplizierter geworden.
»Vielleicht kann James mit Franny zu ihrem Vater fahren«, schlug Steve vor. »Das hat er doch schon mal gemacht, oder?«
Steve hatte recht. Mindestens zweimal war der Junge mit Franny übers Wochenende dort gewesen, und Ray hatte überhaupt nichts dagegengehabt. Vielleicht ließ er sich ja ein weiteres Mal überreden. »Mach dir deswegen keine Sorgen. Mir fällt schon was ein.«
»Sag James, dass ich es ganz bald wiedergutmache.«
»Das mache ich.«
»Danke, Charley. Du bist die Beste.«
»Ja, das bin ich«, stimmte sie ihm zu. »Schönes Wochenende.«
»Dir auch.«
Damit konnte sie die Fahrt nach Pembroke Pines vergessen, dachte sie, die Hand noch auf dem Hörer. Sie konnte schließlich schlecht mit einem Kind auf dem Schoß eine Kindermörderin interviewen. Aber der Gedanke, das Interview zu verschieben … Sie nahm den Hörer wieder ab und wählte Rays Privatnummer.
Nach fünfmaligem Klingeln wurde abgenommen. »Hallo?«, rief jemand, begleitet vom Geplärr eines Säuglings.
Charley stellte sich vor, wie die ständig gestresste Frau mit den dunklen Locken ihr schreiendes Baby auf der Schulter wiegte. »Hi, Elise. Hier ist Charley.«
»Ray ist nicht da.«
Frannys Vater arbeitete von zu Hause aus als selbstständiger Consultant. Charley war sich nie sicher, wobei er die Leute im Detail beriet, und es war ihr ehrlich gesagt auch egal. Sie hatten sich kurz nach ihrem Umzug nach Florida kennengelernt. Er arbeitete damals in einem Computer-Laden, und sie wollte einen Laptop kaufen. Sie war nicht nur mit dem neuen Computer nach Hause gekommen, sondern auch gleich mit dem Mann, der ihn ihr verkauft hatte. »Kommt er bald zurück?«
»Das glaube ich kaum. Er ist gerade erst gegangen. Kann ich dir irgendwie behilflich sein?«
Charley
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