Die Katze
Shakespeare zitieren. Kennen Sie den Vers: ›Das Erste, was wir tun müssen, ist, dass wir alle Rechtsgelehrten umbringen‹?«
»Wirklich?« Charley ertappte sich bei einem Lächeln und wusste nicht, warum sie die Tatsache, dass auch Alex’ Leben schon bedroht worden war, so tröstlich fand. »Sie meinen also, ich müsste mir keine Sorgen machen?«
»Ich bin sicher, es ist bloß eine leere Drohung.«
»In der Mail werden auch meine Kinder bedroht«, sagte sie und hörte ihre Stimme beben.
»Dann sollten Sie die Polizei anrufen.«
»Das habe ich schon getan. Ich warte auf den Rückruf.«
»Ich kann mich später noch mal melden«, bot er an.
»Nein, das ist schon in Ordnung. Was gibt’s denn?« Hatte Jill ihm von ihrer kleinen Kabbelei erzählt und verlangt, eine andere Autorin zu engagieren?
»Jills Schwester Pam ist einverstanden, sich mit Ihnen zu treffen.«
»Wirklich? Wann?«
»Leider muss es Samstag oder Sonntag sein. Ihr Vater und ihr Bruder sind übers Wochenende weg, und sie will nur reden, wenn die beiden nicht da sind.«
»Ich werde sehen, ob ich es einrichten kann.«
»Geben Sie mir so bald wie möglich Bescheid?«
»Auf jeden Fall.« Charley legte auf, und das Telefon klingelte gleich wieder. »Officer Ramirez?«
»Nicht direkt«, erwiderte ihre Schwester, jedes Wort ein Eiswürfel.
»Emily?«
»Ich habe mit Anne geredet«, sagte sie. »Du kriegst deinen Willen.«
KAPITEL 18
»Sie sehen müde aus«, sagte Alex, als Charley in seinen Wagen stieg. Es regnete leicht, deshalb war das Verdeck zu.
Charley winkte ihrer Mutter zu, die am Wohnzimmerfenster stand, und gab sich alle Mühe, sich ihre Verärgerung über Alex’ Bemerkung nicht anmerken zu lassen. Denn eigentlich hatte sie sich für diesen Ausflug bemerkenswert sorgfältig zurechtgemacht - aufwendiger als für ein richtiges Date - und fand, dass sie verdammt gut aussah. Sie hatte ihre Garderobe mit Bedacht gewählt, eine hellrosa Bluse als zu mädchenhaft und ein buntes Blumenmuster als zu schrill verworfen, bevor sie sich schließlich für ein malvenfarbenes Seidentop über einer klassischen schwarzen Jeans entschieden hatte. Das Outfit war elegant, ohne imponieren zu wollen, verführerisch, ohne offen sexy zu wirken. »Wen willst du beeindrucken?«, hatte ihre Mutter gefragt.
Wen wollte sie beeindrucken, fragte sich auch Charley, als Alex losfuhr. Nicht Jills Schwester Pam jedenfalls. Und ganz bestimmt nicht Alex, der Jeans und ein kariertes Hemd trug und sich offensichtlich nicht die geringste Mühe gegeben hatte, sie zu beeindrucken. »Ich habe schlecht geschlafen.«
»Noch mehr Droh-Mails?« Alex bog in Richtung Okeechobee und Interstate 95 ab.
»Nein. Gott sei Dank nur ein Hündchen mit einer kleinen Blase.«
Alex wirkte überrascht. »Ich hätte Sie nie für eine Hundeliebhaberin gehalten.«
»Bloß ein Gefallen, den ich einem Bekannten schuldete.« Charley beeilte sich, die Geschichte mit Glen McLaren zu erklären.
(»Es ist Glens Hund«, hatte sie auch schon ihrer Mutter erläutert. »Was sollte ich machen? Ich schuldete ihm einen Gefallen.«
»Und mit einem Blowjob hätte er sich nicht zufrieden gegeben?«, kam die prompte Antwort ihrer Mutter.)
»Glen McLaren«, wiederholte Alex langsam, als ob ihm der Name bekannt vorkäme.
»Kennen Sie ihn?«
»Klingt irgendwie vertraut.«
»Er besitzt einen Nachtclub in Palm Beach.«
Alex zuckte die Achseln, als hätte er das Interesse schon wieder verloren. »Ich bin sicher, es fällt mir wieder ein. War das eben am Fenster Ihre Mutter?«
»Das war meine Mutter.«
»Sehr attraktiv, soweit ich erkennen konnte.«
»Jedenfalls eine Marke für sich.«
Alex lächelte. »Sind sie das nicht alle?«
»Klingt, als würden Sie aus Erfahrung sprechen«, bemerkte Charley.
»Ich bin sicher, jeder von uns hat irgendwelche Mutter-Geschichten auf Lager.«
»Erzählen Sie mir eine von Ihren.«
Einen Moment lang glaubte Charley, sie hätte die Vertraulichkeit des Augenblicks überstrapaziert, und Alex könnte sich ganz aus dem Gespräch ausklinken und sich wieder in die sichere Welt seiner juristischen Kassetten zurückziehen, aber er lächelte und sagte: »Meine Mutter gehört zu den Menschen, die nie nur ein Wort benutzen, wenn es auch tausend tun. Sie kann einen ganzen Tag damit zubringen, einem zu beschreiben, was sie zum Frühstück gegessen hat.«
»Klingt faszinierend.«
»Ist es nicht. Aber was soll man machen?«
»Was machen Sie ?«
»Ich höre zu. Davon geht die
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