Die Katze
talentierter Maler. Wird er beteiligt?«
»Nun, er passt nicht direkt in die Story«, sagte Emily, »aber ich bin sicher, er wird in irgendeiner Form erwähnt werden.«
»Er muss mehr als erwähnt werden«, beharrte Charley mit überraschendem Nachdruck.
»Wir können nicht über den Inhalt des Artikels bestimmen, Charley.«
»Was ist mit unserer Mutter?«, wich Charley aus.
»Sie hat nichts damit zu tun.« Emilys wohlklingende Stimme war hart und kalt geworden.
Charley konnte ihre Schwester vor sich sehen, wie sie sich fest auf die Unterlippe biss. Das hatte sie schon als Kind immer getan, wenn sie wütend war. »Sie hat sehr viel damit zu tun«, erklärte Charley ihr. »Ohne sie gäbe es keine drei Schwestern namens Charley, Emily und Anne.«
»Worauf genau willst du hinaus?«, fragte Emily ungeduldig.
Worauf wollte sie hinaus? »Ich mache das Interview unter zwei Bedingungen.«
»Zwei Bedingungen?«, wiederholte Emily ungläubig.
»Erstens wird Bram gleichberechtigt einbezogen.«
»Glaubst du wirklich, dass er bis dahin immer noch trocken ist?«, unterbrach Emily sie.
»… und zweitens erklärt ihr beide, Anne und du, euch zu einem Treffen mit unserer Mutter bereit, während ihr hier seid.«
»Was? Kommt nicht in Frage.«
»Dann bin ich nicht interessiert.«
»Du bist verrückt. Diese Geschichte könnte dich bekannt machen. Es ist die Chance deines Lebens.«
»Es wird andere Chancen geben.« Wirklich? Was machte sie?
Es entstand eine lange Pause. »Ich rufe dich zurück«, sagte Emily schließlich und legte auf, bevor Charley sich verabschieden konnte.
Charley legte den Hörer auf und starrte wie unter Schock auf ihren Bildschirm. Was zum Teufel hatte sie gerade getan? Hatte sie mit ihren unvernünftigen Forderungen tatsächlich die größte Karrierechance ihres Lebens aufs Spiel gesetzt? Wer war sie, irgendjemandem Bedingungen zu diktieren? Ihre Schwestern hatten sich für eine Seite entschieden, genau wie sie auch. Wer war sie, ihnen zu erklären, dass sie ihrer Mutter eine zweite Chance schuldeten? Emily hatte recht. Sie war verrückt.
Abwesend scrollte Charley über die Liste der E-Mails, die während ihres Telefonats eingegangen waren, und klickte die neueste von ihnen an.
Von : Eine Person mit Geschmack
An : Charley@Charley’ sWeb.com
Betreff : Deine jüngste Kolumne
Datum : Montag, 12. Februar 2007 09:53:01 EST
Liebe Charley,
manche Menschen lernen offenbar nie etwas dazu! Nach meinem letzten Brief hatte ich gedacht, es gebe eine Chance, bloß eine Chance, dass du über das, was ich zu sagen habe, vielleicht wirklich nachdenkst und dich besserst. Deine Kolumne über maßlose Geldverschwendung war definitiv ein Schritt in die richtige Richtung und hat mir Anlass zur Hoffnung gegeben. Aber leider habe ich mich offensichtlich GEIRRT!!! Du bist so DUMM und UNFLÄTIG wie eh und je! Wie kannst du es wagen, uns das KRANKE, PERVERSE Leben deiner Mutter unter die Nase zu reiben. Dass sie gern FOTZEN LECKT ist WIDERLICH genug, aber deine Freude, davon zu berichten, ist beinahe mehr, als ein ANSTÄNDIGER Mensch ertragen kann. Damit hast du auch das letzte Fünkchen Sympathie verspielt, das ich für dich hatte. DU HAST DEN TOD VERDIENT!
P.S.: Und mach dir nicht vor, deine Kinder würden verschont. Das werden sie nicht.
»O nein«, flüsterte Charley in ihre Hand. Sie schickte unverzüglich eine Kopie der Mail an Mitchell Johnson und Michael Duff, ließ sich in ihren Stuhl zurücksinken und las den Brief so lange, bis sie ihn auswendig konnte. »Du krankes Schwein!
Wie kannst du es wagen!« Sie fischte die Visitenkarte von Officer Jennifer Ramirez aus ihrer Schublade und rief sie auf ihrem Handy an, aber die Polizistin war nicht erreichbar, sodass Charley nur eine Nachricht auf ihrer Mailbox hinterlassen konnte. »Verdammt! Verdammt!«, fluchte sie, sprang auf und rannte hilflos im Kreis um ihren Stuhl.
Als das Telefon klingelte, stürzte Charley sich förmlich auf den Hörer. »Hallo? Officer Ramirez?«
»Alex Prescott«, kam die Antwort. »Rufe ich zu einem ungünstigen Zeitpunkt an?«
Charley brauchte ein paar Sekunden, um zu Atem zu kommen und sich zu beruhigen. »Nein, es ist … ich habe gerade eine recht unangenehme Mail bekommen.«
»Was meinen Sie mit unangenehm?«
»Das Übliche: Ich bin dumm, widerlich und habe den Tod verdient.«
»Das ist allerdings unbedingt unangenehm.«
»Kriegen Sie je solche E-Mails?«
»Gelegentlich. Am liebsten sind mir die, die
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