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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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Warnung zu halten hatte. Aber andererseits klangen die Worte von Magnus Bredels offen und ehrlich. Auch konnte sie keinerlei Eigeninteresse erkennen, das ihn vielleicht leiten mochte. Das, wovon er immer geträumt hatte, hatte er ja nun erreicht. Er war Ältermann der Schonenfahrer geworden, obwohl Johanna sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, dass er es auch lange blieb. Dazu hatte Magnus ein zu aufbrausendes und zu wenig auf Ausgleich bedachtes Wesen. Und genau das musste jemand haben, der über Jahre hinweg die verschiedenen Interessen innerhalb einer Kaufmannsbruderschaft unter einen Hut bringen wollte.
    »Ich danke Euch sehr für Euren selbstlosen Rat, Magnus …«
    »Dankt mir nicht! Haltet Euch besser einfach daran, Johanna!«, unterbrach Magnus sie.
    »Es ist nicht meine Art davonzulaufen. Ich habe nichts gegen unsere Stadt verbrochen, und alles, was ich tat, habe ich mit reinem Herzen getan.«
    »Danach wird niemand fragen, Johanna.«
    »Und davon abgesehen könnte ich es meinem Vater gegenüber nicht übers Herz bringen, alles, was er über so viele schwere Jahre hinweg bewahrt hat, einfach sich selbst zu überlassen!«
    »Ihr mögt mutig sein, Johanna. Aber Mut ist nicht immer eine Tugend. Glaubt es mir! Ich bin oft genug da draußen auf See gewesen und habe erlebt, was es heißt, Sturm und Wellen zu trotzen. Man sollte es niemals darauf anlegen, sich mit Mächten zu messen, die man nicht beherrschen kann!«
    Magnus wandte sich zum Gehen. Er verabschiedete sich mit einem kurzen Nicken. Dann brachte Jeremias ihn wieder zur Tür hinaus.
    In dieser Nacht schlief Johanna sehr schlecht. Sie wurde immer wieder von wirren Alpträumen heimgesucht und erwachte am Morgen schweißgebadet.
    Während des Vormittags fand sich Jorgen Ullrych ein – aber nicht, um wie gewohnt seiner Arbeit für das Haus von Dören nachzugehen, sondern um Johanna etwas zu eröffnen, womit sie nun wirklich nicht gerechnet hatte: »Es tut mir leid, aber ich werde künftig nicht weiter für Euer Haus tätig sein können.«
    »Aber warum nicht? Habt Ihr nicht immer bekommen, was Euch zustand?«
    »Man kann nicht zwei Herren dienen, so sagt man. Und mir ist ein Angebot unterbreitet worden, in die Dienste von Auke Carstens dem Älteren zu treten.«
    »Ausgerechnet«, entgegnete Johanna etwas unbeherrschter, als sie wollte. Aber es war ihr ja immer schon schwergefallen, mit ihren Gedanken hinter dem Berg zu halten. Das ist also der nächste Schlag. Sie locken unsere Leute weg – und einer nach dem anderen wird das sinkende Schiff verlassen.
    »Es tut mir leid. Ich hoffe, Ihr findet bald Ersatz für meine Dienste.«
    Jorgen Ullrych verneigte sich und verließ dann, so schnell es die Höflichkeit gerade noch zuließ, das Haus von Dören. Wir stehen am Abgrund, wurde es Johanna jetzt in aller Deutlichkeit klar.
    Den Tag über geschah nicht viel. Allerdings wunderte sich Johanna, dass der Laufbursche Hintz nirgends aufzutreiben war, obwohl sie doch einiges an Besorgungen für ihn vorgesehen hatte.
    »Möglicherweise hat er ebenfalls bereits das Weite gesucht«, vermutete Jeremias.
    »Ja, es scheinen im Moment alle unser Haus zu meiden oder die Flucht zu ergreifen.«
    »Von mir dürft Ihr das nicht erwarten.«
    »Es ist schön, das zu wissen«, gab Johanna zurück. Aber nachdem auch Jorgen Ullrych sie inzwischen im Stich gelassen hatte, wusste sie nicht, wie viel sie auf Treueschwüre aller Art noch geben sollte. Womöglich hatte Hintz die Gelegenheit bekommen, sich ein weiteres Goldstück zu verdienen. Und so konnte Johanna gut verstehen, dass der halbwüchsige Junge diese Gelegenheit auch ergriffen hatte.
    Mit Grete hatte Johanna bisher nicht über die Warnung gesprochen, die Magnus Bredels ihr hatte zukommen lassen. Dies holte sie nun nach, und Grete wirkte wie versteinert.
    »Vielleicht ist es wirklich das Beste, wenn wir die Stadt verlassen, bis sich hier alles beruhigt hat.«
    »Hier wird sich nichts beruhigen, Grete. Es wird alles zusammenbrechen, und das Haus von Dören wird einer ausgebrannten Ruine gleichen!«
    »Aber es geht doch auch so nicht weiter! Ich verstehe zwar zugegebenermaßen nichts vom Geschäft, aber auch ich sehe, dass wir zurzeit wie Aussätzige sind, mit denen niemand etwas zu tun haben will.«
    »Und wohin sollten wir uns wenden?«, fragte Johanna. »Es dürfte gleichgültig sein, wohin wir gehen: Unsere Freunde werden uns nicht mehr kennen, sobald sie erfahren, weswegen wir Lübeck verlassen haben. Und das

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