Die Kaufmannstochter von Lübeck
gehört auch dazu. Und dieser Mann aus Köln mit seinen Reitern.«
»Rede weiter. Was hast du tun sollen?«
»Jeden Brief, auf den das zutrifft, was ich Euch soeben gesagt habe, sollte ich zunächst in das Gasthaus bringen. Es kam nur ein Brief. Sie haben ihn gelesen und abgeschrieben. Dann erst hat er Euch erreicht.«
»Das erklärt einiges …«
»Es tut mir leid. Euer Vater hat sich vielleicht so aufgeregt, dass ihn der Schlag traf und eine Schwäche zurückkehrte, die er schon überwunden hatte. Ich weiß, dass Ihr mir das niemals werdet verzeihen können, aber ich konnte es auch nicht länger für mich behalten. Glaubt mir, ich habe nicht geahnt, welche Folgen das alles haben wird …«
»Und das alles für eine Messerspitze süßer Medizin?«
Johannas Stimme war fast tonlos. Sie spürte einen dicken Kloß in ihrem Hals. Was Hintz gesagt hatte, war das fehlende Mosaiksteinchen in dieser Intrige. Emmerhart hatte die Stärke des unsichtbaren Bandes zwischen ihr und Frederik von Anfang an richtig eingeschätzt. Und er wusste wie kein Zweiter, wie man Menschen gegeneinander ausspielen konnte. Ehe der Betreffende merkte, dass er zu einem Werkzeug geworden war, war es schon zu spät.
»Es war nicht nur eine Messerspitze süßer Medizin«, sagte Hintz jetzt, denn er wollte anscheinend reinen Tisch machen und alles offenbaren. Er holte etwas hervor. Ein Goldstück.
»Da hat jemand einen hohen Preis bezahlt.«
»Ich will es nicht mehr haben. Nehmt Ihr es.«
Er reichte Johanna das Goldstück, aber sie schüttelte den Kopf. »Behalte es. Bewahre die Münze gut auf, denn irgendwann wirst du sie vielleicht dringend brauchen und für etwas einsetzen können, das dir wichtig ist.«
»Ich habe nicht das Gefühl, dass sie mir zusteht.«
»Es ist ein Goldtaler weniger, mit dem diese Männer Böses anrichten können. Behalte ihn!«
Hintz sah die Münze an und steckte sie wieder ein. »Ich hatte erwartet, dass Ihr zorniger wärt.«
»Wie wahrscheinlich die ganze Stadt bald weiß, bin ich auch nicht ohne Sünde. Also werde ich auf dich nicht den ersten Stein werfen.«
»Wenn Ihr meint …«
»Hör zu, Hintz: Es kommen schwere Zeiten auf das Haus von Dören zu. Und wir werden jede Hilfe brauchen, auch deine.«
»An Eurer Stelle würde ich jemandem wie mir nicht mehr über den Weg trauen«, wandte Hintz ein.
»Nach dem, was du mir gerade offenbart hast, traue ich dir mehr als so manch anderem, Hintz.«
»Wenn ich rede, wird es mir schlecht ergehen, haben sie gesagt. Aber das ist mir gleichgültig. Ich werde nicht mehr zu ihnen hingehen. Und der Herr mag mich schützen.«
»Doch, du wirst alles so weitermachen wie bisher«, widersprach Johanna. »Du berichtest den Verschwörern, was immer sie von dir wissen wollen.«
»Aber …«
»Sie dürfen keinen Verdacht schöpfen! Geh so oft zu ihnen, wie du kannst, und wenn sie dir noch mal ein Goldstück anbieten, dann sei kein Narr und nimm es. Aber halte die Ohren offen und berichte mir alles, was du erfährst!«
Hintz nickte. »Ja, das will ich tun«, versprach er.
Später sprach Johanna noch mit ihrer Schwester Grete und Jorgen Ullrych. »Es werden schwere Zeiten auf das Haus von Dören zukommen«, kündigte sie an. »Aber ich werde alles tun, damit das Erbe unseres Vaters nicht zerstört wird, denn er hat seinerseits auch alles getan, um es zu erhalten.«
»Ihr könnt Euch auf meine Unterstützung verlassen«, versuchte Jorgen Ullrych, sie zu beruhigen.
»Die laufenden Geschäfte müssen in aller Gewohnheit abgewickelt werden«, fuhr Johanna fort. »Alle, mit denen wir Handelsbeziehungen haben, müssen wissen, dass sie sich weiterhin auf uns verlassen können.«
»Im Moment sind die Geschäfte ohnehin fast zum Erliegen gekommen«, berichtete Jorgen Ullrych, der in den letzten Monaten immer mehr in die Rolle Wolfgang Prebendonks geschlüpft war.
»Man wird vieles über mich und unseren Vater hören. Manches wird der Wahrheit entsprechen, aber in einen falschen Zusammenhang gebracht werden, anderes wird einfach nur erlogen sein.« Johanna sah Jorgen an und sagte nach einer etwas längeren Pause: »Wenn Ihr Zweifel daran habt, ob Ihr dem richtigen Haus dient, dann solltet Ihr das offen und ehrlich sagen.«
»Bislang gibt es für solche Zweifel keinen Grund.«
»Wir müssen jederzeit damit rechnen, dass uns wichtige Personen den Rücken zudrehen werden. Und vielleicht wird dieser Herward noch weitere Schläge gegen uns zu führen versuchen. Schläge, auf die
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