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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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würde schneller geschehen, als wir fliehen könnten! Böse Gerüchte wären immer mindestens gleichauf mit uns, wenn sie uns nicht sogar überholten!«
    »Wir könnten nach Stralsund gehen«, schlug Grete vor.
    »Und wieso Stralsund?«
    »Wolfgang ist dort! Er würde uns sicher weiterhelfen, bei alledem, was unser Vater für ihn getan hat!«
    Wolfgang Prebendonk – Johanna hatte an den ehemaligen Prokuristen des Hauses von Dören, der jetzt in Diensten des sogenannten Pharaos von Stralsund stand, gar nicht mehr gedacht. Grete aber anscheinend umso mehr. Obwohl sie ihn nach unserer Rückkehr aus Köln einfach so hat ziehen lassen und obwohl sie ihn vielleicht hätte aufhalten können, dachte Johanna.
    »Ich bin niemand, der einfach so davonläuft«, sagte sie schließlich. »Wenn du lieber nach Stralsund aufbrechen willst, dann tue das.« Und in Gedanken setzte sie noch hinzu: Gleichgültig, was nun auch der wahre Grund dafür sein mag. Eine bessere Wahl, als sich auf die plumpe Werbung von Auke Carstens dem Jüngeren einzulassen, wäre es allemal … Laut sagte sie dazu allerdings kein einziges Wort. Es war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um solche Dinge mit Grete zu besprechen.
    »Glaubst du, ich will dich hier im Stich lassen?«
    »Ich meinte es ernst, Grete.«
    »Das weiß ich. Aber da wir nur noch einander haben, würde ich dich unter den gegebenen Umständen niemals allein in Lübeck zurücklassen.«
    Johanna lächelte matt. »Es ist schön, dass wenigstens eine auf meiner Seite ist.«
    Es war Abend, als Hintz endlich wieder auftauchte. Er wirkte vollkommen außer Atem und wollte unbedingt sofort mit Johanna sprechen, und zwar unter vier Augen. Nicht einmal Jeremias sollte dabei sein, obwohl Johanna bisher immer den Eindruck gehabt hatte, dass Hintz sich mit dem alten Hausdiener gut verstand.
    Johanna blieb also allein mit Hintz in ihrem Schreibzimmer. »Du bist lange fort gewesen«, stellte sie fest.
    »Ja, ja, ich weiß«, murmelte Hintz, so als ob er dazu lieber nichts weiter sagen wollte. Sein Gesicht war gerötet. Die Augen glänzten. Es musste irgendetwas geschehen sein, das ihn sehr aufregte.
    »Wir haben dich gesucht.«
    »Ihr müsst aus der Stadt fliehen! Noch heute Abend, sobald es dunkel ist. Ihr kennt doch jemanden bei der Stadtwache, sodass man Euch durch das Tor lassen wird!«
    Johanna runzelte die Stirn. »Nun mal der Reihe nach! Wieso meinst du, wir müssten …«
    »Man wird Euer gesamtes Eigentum beschlagnahmen, und Ihr selbst müsst damit rechnen eingesperrt zu werden!«
    »Das würde in Lübeck niemand wagen.«
    »Es wird geschehen.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich habe es gehört. Die Männer, bei denen ich das Goldstück verdient habe, sprachen darüber, und ich habe sie belauscht. Sie haben mit Wein darauf angestoßen.« Er machte eine Pause und rang nach Atem. Dann fuhr er schließlich fort: »Ihr selbst habt doch gesagt, dass ich Ohren und Augen offen halten soll! Und das habe ich getan. Morgen vor Sonnenaufgang wird man an der Tür Eures Hauses klopfen – zu einer Zeit, da Ihr normalerweise noch schlaft.«
    Die Gedanken rasten nur so in Johannas Kopf. War es das, was Magnus Bredels gemeint hatte? Vielleicht war nun wirklich der Augenblick gekommen, dass es das Beste war, Lübeck zu verlassen. Das Handelshaus war im Moment nicht zu retten. Aber vielleicht ließ sich mit etwas Glück die Freiheit bewahren.
    »Wir müssen alles zusammenpacken, was wir brauchen, und dann nichts wie los«, verlangte Hintz.
    »Wir?«, fragte Johanna.
    »Ich werde natürlich mit Euch kommen. Hier kann ich nicht bleiben, denn man hat mir ja angedroht, dass es mir schlecht ergehen würde, wenn ich nicht schweige. Wir sollten die besten Pferde nehmen. Keinen Wagen, der ist zu langsam! Und außerdem wären wir dann auf gute Wege und Straßen angewiesen! Sagt niemandem ein Wort. Weiht nicht einmal Jorgen Ullrych ein, denn den habe ich zusammen mit Auke Carstens dem Älteren gesehen …«
    »Ja, er hat sich bereits verabschiedet und wird in die Dienste des älteren Auke treten.«
    Hintz wirkte überrascht. »Oh, das wisst Ihr schon?«
    Einen Augenblick lang überlegte Johanna. Es musste jetzt eine Entscheidung getroffen werden. Eine Entscheidung, die im Grunde auf der Hand lag. Viel Spielraum blieb nicht. Und an Hintz’ Worten zweifelte sie nicht einen Moment. Der Junge war klug und hatte gewiss nichts von dem, was er mitbekommen hatte, falsch verstanden.
    »Du hast dir dein Goldstück wirklich

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