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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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noch anders überlegt hat«, meinte Johanna und lächelte. Zu absurd erschien ihr dieser Gedanke. Schließlich war diese Hochzeit von langer Hand eingefädelt worden. Und ganz offensichtlich hatte beiden beteiligten Familien sehr viel am Zustandekommen dieser Verbindung gelegen, denn es waren keine Kosten und Mühen gescheut worden. »Dieser Pieter weiß doch genau, was er an dir hat, und wird kaum einen Rückzieher machen, Schwester! Du machst dir vollkommen umsonst Sorgen.«
    »Kommt drauf an, welchen Pieter du meinst«, gab Grete zurück. »Mein zukünftiger Schwiegervater Pieter der Ältere gilt als ziemlich unberechenbar und sprunghaft.«
    »Er hat die Geschäfte doch längst seinem Sohn übertragen und sich zurückgezogen, Grete.«
    »Mag sein. Aber ich weiß, dass sein Einfluss sehr groß ist, was die Familienangelegenheiten betrifft. Und ich weiß auch, dass er anfangs nicht vollkommen überzeugt davon war, dass die Verbindung zwischen den van Brugsmas und unserem Haus wirklich eine gute Sache sei.«
    »Du wirst sehen, deine Sorgen sind ganz unbegründet. Pieter van Brugsma wird sein Wort halten. Er könnte sich gar nicht leisten, das nicht zu tun, denn das würde sich überall herumsprechen und den Ruf seiner Familie erheblich beschädigen.«
    Grete seufzte. »Tatsache ist, dass er immer noch nicht hier ist.«
    »Es wird sicher einen Grund für die Verzögerung geben, Grete. Einen ganz harmlosen Grund. Die Landwege Richtung Köln sollen nach dem letzten Unwetter in einem beklagenswerten Zustand sein. Und dasselbe gilt für die Flussfähren und Brücken. Es heißt, dass vielerorts das Land so entvölkert ist, dass niemand für die Erhaltung der Wege sorgen könnte.«
    Vor gut siebzehn Jahren hatte die Pest überall so furchtbar gewütet, dass jeder dritte Einwohner daran zu Grunde gegangen war. Und in den folgenden Jahren hatte es immer wieder kleinere Ausbrüche der Seuche gegeben, die noch einmal Unzählige dahingerafft hatten. So war es tatsächlich in manchen Gegenden nicht möglich, die Felder zu bestellen und das Vieh zu hüten, weil es kaum noch Bauern gab. Ganze Landstriche lagen verlassen da. Dörfer verfielen, und Wege wucherten zu.
    »Und wenn ihm etwas zugestoßen ist?« Grete rieb die Hände gegeneinander. »Wir haben alles dafür getan, dass es zu dieser Hochzeit kommt, und jetzt mache ich mir einfach Sorgen, dass all die Mühen sich noch im letzten Moment als vergeblich herausstellen könnten.«
    »Du sprichst viel von Mühen«, fiel Johanna auf. »Aber wenig davon, was für ein Mann dein Pieter nun eigentlich ist. Ich habe ihn ja leider noch nicht kennengelernt, weil …«
    »… du mal wieder für unser Geschäft und unseren Vater in Lübeck unabkömmlich warst«, vollendete Grete den Satz ihrer Schwester. Der Unterton, mit dem sie das sagte, war etwas anklagend. »Aber du bist ja eh eine Heilige«, fügte sie dann mit einem etwas gezwungen wirkenden Lächeln hinzu.
    »Du weichst meiner Frage aus, Schwester.«
    »Eine unerbittliche Heilige bist du anscheinend auch noch. Du wärst ein guter Inquisitor geworden, glaube ich.«
    Darüber mussten sie dann beide lachen.
    Schließlich sagte Johanna ernst: »Du wirst mir fehlen, wenn du nicht mehr mit uns zusammen in unserem Haus in Lübeck lebst, Grete. Allerdings werde ich dort ja wohl auch in Kürze nicht mehr wohnen und nur ein Gast sein, der ab und zu mal zu Besuch kommt.«
    »Glaubst du wirklich, unser Vater wird es je zulassen, dass du deinen Entschluss wahr machst und ins Kloster gehst, Johanna? Jetzt ist es der Hansetag und all diese komplizierten Verhandlungen, die zu einer Konföderation gegen Waldemar führen sollen. Im nächsten Jahr wird es etwas anderes sein, weswegen Vater nicht auf dich verzichten kann. Glaub mir.«
    »Diesmal ist es das letzte Mal«, versicherte Johanna.
    »Auf das dann ein allerletztes und ein allerallerletztes Mal folgen wird, Johanna. Es würde mich nicht wundern, wenn du dein Gelübde erst als alte Frau ablegen kannst.«
    Diese Möglichkeit sah Johanna durchaus auch. Aber irgendwann würde sie sich für eine der beiden Verpflichtungen entscheiden müssen, die ihr Leben bestimmten.
    Am nächsten Morgen klopfte es in aller Frühe an der Tür des Gasthofs »Großer Hahn«. Ein Reiter hatte sein Pferd an einem der Pflöcke vor dem Gasthaus festgemacht. Der Reiter schlug seinen Mantel zurück und klopfte noch einmal. »Aufmachen! Ich komme mit einer dringenden Botschaft!«
    Die Sonne ging gerade auf, aber Johanna

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